Vor gut einem Monat berichteten wir über den deutschen Tim Jost, der als Trainer der Toto Africans in der höchsten Liga Tansanias gegen den Abstieg spielt. Jost trat mittlerweile von seinem Posten zurück (siehe Infobox weiter unten).
Vier Runden vor Schluss liegt Toto African sechs Punkte hinter dem rettenden Ufer. Dort grüssen aktuell Mbao und Mbeya City nervös. Und genau um eines dieser Teams geht es heute: Mbeya City.
Der Klub aus dem Süden des Landes, gut 100 Kilometer nördlich des Lake Malawi, erhielt kürzlich Besuch aus der Schweiz: Brian, Lui, Paul und Frano waren in Tansania in den Ferien, als sich die 19- und 20-Jährigen plötzlich auf dem Trainingsplatz mit den Profis wiederfanden. Wir haben mit Brian über die einmalige Erfahrung gesprochen.
watson: Brian, du und deine Kollegen wart in Tansania in den Ferien – und plötzlich konntet ihr in einem Profi-Fussballteam mittrainieren. Erzähl!
Brian Iten: Wir verbrachten einen Monat in Tansania. Im Süden des Landes wohnten wir in einem Hotel in Matema, einem ziemlich abgelegenen Ort am Lake Malawi. Manchmal hatten wir das Gefühl, dass wir die ersten Weissen waren, welche die Leute sahen. Einmal rannte uns eine ganze Schar Kinder und Jugendlicher freudig durch das Dorf nach.
Und wie kam es zum Kontakt mit dem Profiteam Mbeya City?
Das war ein Zufall. Wir hatten Lust auf Fussball und fragten bei uns im Hotel, wo es denn einen Platz gäbe.
Dann wurdet ihr auf das Team aufmerksam gemacht?
Nein, gar nicht. Wir gingen zum Platz, er sah aber viel mehr wie eine Kuhwiese aus. Hühner spazierten herum, das Terrain hatte Löcher und die Tore waren aus Holz gebaut. Ein Team trainierte auf dem Platz, wir dachten zuerst, das sei halt eine lokale Mannschaft.
Dann fragtet ihr, ob ihr mitspielen könntet?
Da waren viele Leute am zuschauen, Schulkinder und diverse Dorfbewohner. Wir fielen halt auf als Weisse. So kamen wir in Kontakt und es stellte sich heraus, dass es sich um Mbeya City handelte, das hier knapp 100 Kilometer von der Heimat entfernt ein Trainingslager abhielt.
Sah man ihnen den «Profistatus» nicht an?
Nun, sie hatten natürlich alle die gleiche Ausrüstung, auch wenn die Schuhe teilweise billig waren. Auch die Anzahl Staffmitglieder war ziemlich beachtlich.
Und die liessen euch einfach mittrainieren?
Nun, es half sicher, dass wir weiss waren. Wir erzählten, wir wären in der Schweiz in U-Auswahlen gewesen. Dann liessen sie uns mitmachen.
Und wo spielt ihr wirklich in der Schweiz?
(Lacht). Ich spiele bei den A-Junioren des FC Aegeri. Meine drei Kollegen sind nicht im Verein.
Ja, gut, aber das merkten die dann schnell.
Ja, vermutlich schon. Aber sie liessen uns weiter mitmachen. Ich glaube, sie hatten auch Spass daran, dass wir uns da versuchten.
Was waren denn die markantesten Unterschiede?
Taktisch machten sie nicht den besten Eindruck, aber sie konnten rennen ohne Ende – bei 35 Grad!
Kondition ist im Fussball in Tansania wichtig, wie uns Tim Jost kürzlich erklärte. Wie reagierten sie, als sie merkten, dass ihr läuferisch nicht mithalten konntet?
Das war noch witzig. Die Trainer riefen immer «run white man, run!». Und weil die Spieler unsere Namen nicht merken konnten, waren wir einfach die «Mzungu», was Weisser bedeutet.
Konntet ihr sie mit eurem Können beeindrucken?
Wohl nicht ganz. Ein Tor erzielte beim «mätschlen» nur Paul – ausgerechnet er, der nur Converse-Schuhe dabei hatte, die sich zum Fussball spielen denkbar schlecht eignen.
Dann endete euer Profi-Leben nach einem Training?
Nein, wir durften dreimal mittrainieren. Und sie fuhren uns in ihrem Car jeweils zurück ins Hotel, weil wir die Unterkünfte gleich nebeneinander hatten. Wir hatten es total gut mit den Jungs.
Was war das Speziellste?
Da gab es vieles. Witzig war, dass sie immer vor dem Training beteten. Einmal baten sie einen von uns, dies zu übernehmen. Paul ist Kanadier, er machte das in perfektem Englisch. Aber irgendwie schauten die anderen danach ein bisschen komisch, ich glaube, er hatte ein «nicht alltägliches Gebet» gesprochen. (lacht).
Einen Witchdoctor oder so hatten sie auch im Team?
Ja, da war einer, den sie «doctor» riefen. Der trug immer Handschuhe und hatte seine «Mitteli» dabei. Aber er vollführte nie irgendwelche Voodoo-Sachen während unserer Anwesenheit.
Und jetzt, verfolgt ihr euer Team noch?
Es ist halt schwierig von der Schweiz aus. Die tansanische Liga ist im Internet nicht immer aktuell zu verfolgen. Aber wir haben noch Kontakt zu einigen Spielern via Facebook.
Ist da die fussballerische Zukunft auch ein Thema?
Ja, einer schrieb mir kürzlich, er wolle in Europa Karriere machen. Er ist 19 Jahre alt und fragte, was er dafür machen müsse. Ich sagte ihm, er müsse dafür der beste Fussballer in Tansania sein.