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FC-Basel-Captain Matías Delgado spricht im Interview mit der «nordwestschweiz» über den neuen FC Basel, den Cupfinal und den immensen Druck beim Serienmeister.
Matías Delgado: Ich denke, der Ansatz ist richtig. Die Jungen haben eine Chance verdient. Und es gibt so viele Talente beim FCB. Die brauchen den Rhythmus in der ersten Mannschaft. Ob es für mich da noch Platz hat? Wir werden sehen. Ich denke nicht, dass in der kommenden Saison schon alles anders sein wird.
Solche Veränderungen brauchen Zeit. Und das Konzept ist ja auch längerfristig angelegt. Ich hoffe, dass ich mich täusche und schon nächste Saison zwei, drei Junge fix zum Stamm der ersten Mannschaft gehören. Und ja, vielleicht werden sie mich aus dem Team drängen. Das gehört zum Leben als Fussballer dazu.
Das Potenzial ist definitiv vorhanden. Sonst wäre das Konzept ja sinnlos. Es gibt etliche Rohdiamanten im Nachwuchs. Die muss man schleifen und polieren. Der Ansatz ist (Delgado wechselt für ein Wort auf Schweizerdeutsch) «muetig» – aber gut.
Ich weiss nicht, was passieren wird, wer geht, wer kommt. Wer weiss, vielleicht sind nach den Ferien nur noch Davide Callà und ich in der Kabine (lacht). Und natürlich Mauro (Videoanalyst, Anm. d. Red.) und Roger (Materialwart).
Ich kenne Rapha nicht besonders gut. Zwar habe ich einige seiner Spiele und Trainings gesehen, weil mein Bruder in seinen zwei Jahren beim FCB auch unter ihm trainierte. Mir gefällt sein Fussball und die Mentalität. Und er spricht Spanisch. Das wird einige Dinge erleichtern. Aber: Es ist nicht dasselbe, Nachwuchsspieler im Griff zu haben oder eine erste Mannschaft.
Nein, er hat noch nicht mit uns geredet. Das wäre auch nicht richtig gewesen. Wir haben schliesslich auch noch Meisterschaftsspiele und einen Cupfinal zu bestreiten.
Die Mannschaft hat realisiert, dass alles, was wir jetzt machen, jedes Training und jedes Spiel, schon ein Teil der Vorbereitung dafür ist. Jeder Einzelne muss sich darauf vorbereiten, die Mannschaft als Ganzes muss sich einstellen und dann physisch das Beste aus sich herausholen.
Urs war und ist eine Referenz für die Mannschaft. Er hat immer weitergemacht. Auch nach dem Titelgewinn hat er nichts verändert. Die Spieler gingen anfänglich etwas entspannter ans Werk. Urs nicht, er arbeitet mit der gleichen Intensität, der gleichen Haltung, der gleichen Spannung weiter, als wäre nichts passiert.
Gute Frage ... Ich als Trainer würde mich schlecht fühlen. Aber so ist Fussball, so ist Basel. Entscheidungen werden getroffen. Vielleicht kennt er die Gründe. Mich hat der Entscheid getroffen. Zugleich bin ich glücklich für ihn.
Weil er nicht gehen muss, ohne etwas gewonnen zu haben. Er hatte zwei Jahre, in denen er Titel gewonnen hat, wir spielten Europa und Champions League. Das ist doch ganz anständig.
Schwer zu sagen. Wie vielen Spielern hat man schon eine glänzende Zukunft prophezeit und letztlich sind sie gescheitert? Man muss warten und schauen, was Urs macht. Alles andere ist Spekulation und hilft niemandem. Aber er liebt den Fussball und er wird mit Sicherheit etwas finden. Aber zu verstehen, dass ein Trainer gehen muss, ist immer schwierig.
Zu akzeptieren, dass die Person, die dich viel spielen hat lassen, gehen muss, ist schwer. Aber im Fussball hat man keine Zeit, um Dinge zu dramatisieren. Auch Urs hat nichts dramatisiert. Er hat uns gesagt, dass er nächste Saison nicht mehr dabei sein wird. Genauso, wie er am ersten Tag gesagt hat «Hallo, ich bin der neue Trainer.»
Ja, dann wies er uns darauf hin, dass am Samstag das nächste Spiel ansteht und wir dieses gewinnen müssen. Thema abgehakt. Wir hatten kaum Zeit, uns damit zu beschäftigen – und das ist auch besser so.
Sion hat 13 Cupfinals gespielt und alle gewonnen. Das erzeugt auch einen unglaublichen Druck. Sie sind die Cup-Mannschaft schlechthin. Wir sind zwar in der Meisterschaft Favorit, im Cup aber nicht. Sie sind das Team, das es zu schlagen gilt. Wir haben nichts zu verlieren.
Vor allem als junger Spieler, ja. Ich habe aber glücklicherweise nie angefangen, an meinem Können zu zweifeln, und habe gelernt, mit diesem Druck umzugehen. Wenn nicht, dann hätte man mich nach zwei Jahren in ein Krankenhaus einliefern müssen, und ich wäre nie hier gelandet.
Das war in meiner Zeit bei Chacaritas. Wir spielten eine fantastische erste Saison, und danach waren die Erwartungen riesig. Wir hatten es sogar in die Copa Libertadores geschafft. Die zweite Saison war dann aber richtig schlecht. Das war das erste Mal, dass ich diesen Druck verspürte.
Nein, nein. Als ich zum ersten Mal nach Basel kam, war es gleich. Vor allem in den ersten eineinhalb Jahren unter Christian Gross. Ich konnte anfangs erneut nicht gut damit umgehen, irgendwann wurde es besser. Dann wechselte ich zu Besiktas und die Erwartungen waren einmal mehr riesig. Ich war ihre neue Nummer 10 und sollte einen Spieler namens Sergen Yalçın ersetzen. Für sie war er wie Messi – und ich trat an seine Stelle.
Anfangs nicht. Es war das dritte Mal, dass ich gegen den Druck spielen musste, und das dritte Mal, dass ich nicht damit umgehen konnte.
Wenn ich mich zurücklehnen kann, spiele ich nicht so gut. Druck kann also auch Motivation sein, genauso wie Kritik. Man will dann mit aller Kraft das Gegenteil beweisen. Warum es nicht mehr so lief? Fussball ist komplex. Sekundenbruchteile entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Ein Pass, ein Schuss. Kleine Dinge machen den Unterschied aus. Aber ja, wir hatten einen grossen Vorsprung und ich wusste, dass ich noch eine Saison mehr zu spielen habe und Energie sparen muss (lacht).
Ja, sehr viel mehr. Im Kopf geht es mir gut, ich habe grosse Lust, aber körperlich spüre ich es. Heute hat es so viele junge Spieler, die viel schneller sind als du selbst. Zum einen, weil das Spiel schneller geworden ist, zum anderen aber auch, weil ich langsamer geworden bin. Und sind wir ehrlich: 20-Jährige spielen am liebsten gegen die 35-Jährigen, weil sie schneller sind. So ging es mir auch. Die einzige Ausnahme ist da Walter Samuel, gegen ihn spielte niemand gerne.