Wie habt Ihr den Finaleinzug gegen den HC Davos gefeiert? Feiert man so etwas überhaupt?
Timo Helbling: Ja, das schon. Wir hatten am Samstag eine lustige Heimfahrt aus Davos, tranken ein paar Bierchen. Wir waren ja schon nach dem Weiterkommen im Viertelfinal in Genf lange unterwegs in Richtung Heimat. Zusammen mit den Jungs im Bus zu feiern, gehört zu den schönen Momenten.
Für den EV Zug ist es die erste Finalteilnahme seit dem Meistertitel 1998. Spürt man in Zug die Euphorie?
Absolut. Wir wurden nach dem Sieg in Davos nachts um 2 Uhr zu Hause von einer Hundertschaft Fans mit Pyros und Applaus empfangen. Man merkt, wie glücklich die Leute sind, wie die ganze Stadt hinter uns steht. Im Stadion selber ist die Stimmung während der Playoffs ebenfalls grossartig. Hier in Zug ist das Publikum sonst eher zurückhaltend. Jetzt gehen die Leute voll mit und unterstützen uns hervorragend. Je weiter wir kamen, umso lauter wurden auch die Zuschauer auf den Sitzplätzen.
Sie wurden schon letztes Jahr mit dem SC Bern Meister. Ist die Stimmung, die jetzt innerhalb der EVZ-Mannschaft herrscht, vergleichbar mit jener in Bern?
Ich sehe durchaus gewisse Parallelen. Letztes Jahr waren wir mit Bern als Quali-Achter in den Playoffs immer der Underdog. Niemand traute uns etwas zu. Auch jetzt in Zug haben wir nie wirklich viel Kredit erhalten. Weder vor der Saison noch vor der ersten Playoff-Runde gegen Genf noch vor der Serie gegen Davos. Selbst, als der HCD zum 2:2 ausglich, wurden wir abgeschrieben.
Mit Bern war es im Vorjahr genau dieselbe Ausgangslage. Auch dort trafen wir im Halbfinal auf den HCD. Auch damals dachten alle Experten, dass wir gegen dieses Team, welches im Viertelfinal gegen Kloten mit 4:0-Siegen durchmarschiert war, keine Chance haben würden. Niemand hat an uns geglaubt, aber wir sind als Mannschaft zusammengewachsen. Hier in Zug schon während der Qualifikation. Es fühlt sich auf jeden Fall extrem gut an, wieder Teil einer solchen Erfolgsstory sein zu dürfen.
Wie sieht es punkto Spielermaterial aus? Sind auch da Parallelen erkennbar?
Absolut. Wir haben auch in Zug eine sehr ausgeglichen besetzte Mannschaft. Das war schon während der ganzen Saison unsere grosse Stärke. Wir sind nicht abhängig von einzelnen Spielern oder einer Sturmlinie. Das macht uns unberechenbar und ist auch sehr wertvoll punkto Kräftemanagement. In diesem Jahr funktioniert der SC Bern in Sachen Coaching und Forcierung einzelner Spieler etwas anders. Das könnte für uns ein Vorteil sein.
Sie sind der einzige Spieler ausserhalb des SC Bern, der seinen Titel verteidigen kann.
Ja, darauf werde ich oft angesprochen. Aber es geht hier nicht um mich. Gerade in Zug, mit dieser fast 20 Jahre dauernden Durststrecke, steckt viel mehr dahinter. Ich habe ja schon einmal beim EVZ gespielt. Auch damals hatten wir eine gute Mannschaft, aber es hat halt nie ganz gereicht.
Ihr habt euch im bisherigen Verlauf der Playoffs als extrem anpassungsfähige Truppe erwiesen. Servette versuchte es im Viertelfinal mit roher Gewalt, Davos mit Härte und horrendem Tempo – ihr habt immer eine Antwort gefunden. Wie haben es gerade etwas heissblütigere Spieler wie Sie geschafft, in den kritischen Momenten so cool zu bleiben?
Auch hier kommt uns unsere Ausgeglichenheit zugute. Es hängt in unserer Mannschaft nichts von einem Spieler alleine ab. Ich bin nicht der Einzige, der hart spielen muss. Das nimmt viel Druck weg. Austicken liegt während der Playoffs sowieso nicht drin.
Das ist einfacher gesagt als getan …
Natürlich ist das ein Balanceakt. Wenn wir gegen Servette ein Spiel verloren hätten, dann wären sofort die Stimmen laut geworden, die sich beklagt hätten, dass man uns «herumgeschubst» hat und dass wir uns nicht gewehrt haben. Ich habe das Gefühl, dass ich den letzten Jahren immer zu den richtigen Zeitpunkten die nötigen Impulse punkto Physis setzen konnte.
Es ist wichtig, dass ich diese Komponente auch ohne Strafen in unser Spiel bringen kann. Es ist eine Gratwanderung. Man versucht, die Grenze der Legalität so weit wie möglich auszureizen. Aber das macht unseren Sport ja gerade aus.
Was erwarten Sie von Ihrem Finalgegner Bern?
Es geht weniger darum, was wir vom SCB erwarten. Sondern mehr darum, was wir bringen. Wir wurden in beiden Playoff-Serien sehr stark getestet. Ich weiss nicht, ob die Berner im selben Mass geprüft wurden wie wir. Unabhängig davon müssen wir unsere Spielweise durchziehen und dort anknüpfen, wo wir gegen Davos aufgehört haben. Der SCB hat eine starke Mannschaft. Ich rechne mit einer sehr ausgeglichenen Finalserie.
Wo sehen Sie innerhalb des EVZ noch Steigerungspotenzial?
Wir sind sicher noch nicht am Limit. Offensiv hat bei uns bisher vor allem die Linie mit David McIntyre geglänzt. Die anderen Sturmreihen haben diesbezüglich sicher noch Luft nach oben.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihren letztjährigen Teamkollegen in Bern?
Während der Qualifikation schon. Aber jetzt, während der Playoffs, sicher nicht. Das liegt nicht drin (lacht).