Ob der Prattler Arnold Gjergjaj am Samstag in London im Boxring bestehen kann, ist ungewiss. Dass sein Kampf in der ansonsten öden Schweizer Profiboxszene einen ziemlichen Hype ausgelöst hat, ist hingegen Tatsache. Nicht nur, dass beim öffentlichen Abschlusstraining vor Gjergjajs Abreise nach London rund 400 Interessierte das Trainingslokal des Boxclubs Basel in eine krass überbevölkerte Zone verwandelt haben. Und nicht nur, dass Arnolds älterer Bruder Anton aufgrund seiner Rückmeldungen rund 1000 Schweizer und kosovarische Schlachtenbummler in der O2-Arena prognostiziert.
Anton Gjergjaj wird übrigens erst auf den letzten Drücker in der Halle erscheinen. Zuerst muss er bis 14 Uhr in seiner Spar-Filiale in Basel arbeiten. Auch das sagt einiges über die Welt aus, in der sich die Gjergjajs im krassen Kontrast zum Glamour-Planeten Profiboxen bewegen.
Praktisch zeitgleich mit Gjergjajs Verabschiedung von den Basler Fans, die er gerührt vor Freude mit dem Versprechen abschloss, als Sieger aus dem Ring zu steigen, gab das Schweizer Fernsehen bekannt, den Kampf aus London live zu übertragen. Erstmals seit dem Juli 2012 verdient sich Boxen beim SRF einen solch prominenten Auftritt. Nur war damals kein Schweizer am Werk: Wladimir Klitschko gegen Tony Thompson im Berner Stade de Suisse hiess die Affiche, als man letztmals für einen Schlaghagel live ging.
«Die Sportart Boxen zeigt SRF zwar selten, da sie nicht Kern der SRG-Sportstrategie ist. Doch Boxen fasziniert, zieht auch am TV das Publikum an», sagt Caroline Kalberer, die Mediensprecherin SRF Sport. Als Beleg nimmt sie die Zuschauerzahlen des damaligen Klitschko-Kampfes: Im Schnitt verfolgten ab 23.10 Uhr 299'000 Zuschauer den Kampf, was einem Marktanteil von 33,2 Prozent entspricht.
Auch das kosovarische Fernsehen RTK wird den Kampf von Gjergjaj, der in seiner alten Heimat Heldenstatus geniesst, direkt übertragen. Noch höher wird die Quote in England sein, wo der Free-TV-Sender «Dave» die Rechte am Kampf erworben hat. David Hayes Comeback gegen Mark de Mori nach dreieinhalbjähriger Ringabsenz verfolgten Mitte Januar im Schnitt 3,2 Millionen Zuschauer.
Arnold Gjergjaj hat nicht nur die Gelegenheit, zum TV-Star zu avancieren. Seine Geschichte soll in zwei Jahren auch über die Schweizer Kinoleinwände flimmern. Dokumentarfilmer Peter Basler, der hauptberuflich für die Sendung «Kassensturz» arbeitet, begleitet «die Kobra» seit 2013 aus Schlagdistanz. Zwar sei diese Langzeit-Dok derzeit erst so etwas wie ein Liebhaber-Projekt und deren Finanzierung nicht gesichert. Doch wie Gjergjaj im Ring hofft auch Basler hinter der Kamera auf den grossen Coup in London.
Sollte «sein» Boxer gewinnen, dann wird der Film mit dem Arbeitstitel «Arnold und Angelo – eine Beziehungsgeschichte über 200 Runden» zweifellos zum Hit. Und Arnold Gjergjaj damit zum Leinwandhelden wie einst Rocky.