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Warum schon jetzt klar ist, dass sich bei YB nichts ändert

27.07.2014; Bern; Fussball Super League - BSC Young Boys Bern - FC Aarau;
Zuschauer und Fans verfolgen das Spiel auf der Tribuene
(Urs Lindt/freshfocus)
Nur die YB zählen. Aber sie werden einmal mehr auf eine harte Probe gestellt.Bild: Urs Lindt/freshfocus
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Schon jetzt ist klar, dass der Neustart nicht funktioniert und bei YB alles bleibt, wie es ist

YB gibt sich wieder einmal neue Strukturen. Das Experiment ist zum Scheitern verurteilt. In Bern wird weiterhin nur der SCB funktionieren.
15.09.2016, 15:2215.09.2016, 15:35
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Strukturen und Organigramme sind gut. Aber Strukturen und Organigramme haben alle. Erfolgreich werden Strukturen und Organigramme nur durch die Umsetzung mit den richtigen Personen. Der Schlittschuhclub Bern hat es geschafft, Schlüsselpositionen richtig zu besetzen. Deshalb ist der SCB das grösste Eishockey-Unternehmen der Schweiz geworden, gewinnt regelmässig Titel und schreibt seit 16 Jahren schwarze Zahlen.

YB hat in der gleichen Stadt die gleich guten Voraussetzungen wie der SCB. Der Klub ist eher noch populärer, hat eine ruhmreiche Geschichte und eine perfekte Infrastruktur. Da der Klub und das Stadion den gleichen Besitzer haben, wäre es möglich, schwarze Zahlen zu schreiben. Aber YB hat in den letzten zehn Jahren mindestens 50 Millionen Franken verloren – und in diesem Jahrhundert nichts gewonnen. Die letzte Meisterfeier gab es in Bern 1986 und diese «Titellosigkeit» hat inzwischen Kultcharakter.

Fans haben die Schnauze voll
Im Europa-League-Heimspiel gegen Olympiakos Piräus (heute um 19 Uhr) wird es keinen organisierten Support geben. Das gab YBs Fan-Vereinigung «Ostkurve» bekannt. Es handle sich aber explizit nicht um einen Boykott der aktiven Fanszene. Ihren Entscheid begründet sie mit der «Frustration über den neuerlichen Kurswechsel und die Planlosigkeit» des Klubs.

In ihrem Schreiben heisst es: «Die Fans werden von YB seit längerer Zeit primär als Kunden angesehen, Kunden welche aktuell wieder einmal für blöd verkauft werden. Deshalb haben wir als Kunden nun kurz gesagt einfach mal die Schnauze voll.» (ram)

Ex-SCB-Mitarbeiter soll nun die Young Boys führen

Eine kleine Episode mag zeigen, warum YB nicht erfolgreich sein kann. Die in Köniz domizilierte Vermarktungsagentur IMS steht hinter dem Marketing-Erfolg des SC Bern. Der Klub erwirtschaftet im Sponsoring inzwischen gut 15 Millionen Franken. IMS-Firmenchef und -Inhaber Erwin Gross, SCB-Manager und -Mitbesitzer Marc Lüthi und dessen Stabschef Rolf Bachmann sind die drei Persönlichkeiten, die den SCB-Erfolg ausmachen. Sie sind über die Jahre mit dem SCB gewachsen und personifizieren den Klub. Sie leben die Strukturen und Organigramme.

Die Episode ist verbürgt: Diese Woche herrschte grosse Verwunderung (andere sagen: Belustigung) in den IMS-Büros. Wanja Greuel ist soeben zum neuen YB-CEO ernannt worden und hat bereits versucht, IMS-Mitarbeiter für YB abzuwerben. Wanja Greuel ist ein ehemaliger IMS-Angestellter. Er kam aus Deutschland, diente sich in den IMS-Büros in sechs Jahren vom Praktikanten zum Verkaufsleiter des Ressorts SCB hoch, galt als tüchtiger, umtriebiger, fleissiger und ehrgeiziger Verkäufer – aber ohne Führungstalent. Die Differenz zwischen ihm und Marc Lüthi ist, wenn es um Charisma und Persönlichkeit geht, enorm.

Wanja Greuel, der Mann, der den SCB verkaufen half, aber innerhalb des Universums SC Bern keinerlei Chancen auf eine Schlüsselposition hatte, ist nun oberster YB-Chef mit dem letzten Wort im kommerziellen und sportlichen Bereich. Das erklärt eigentlich alles.

Wanja Greuel YB
Der 38-jährige Greuel.bilD: bsc yb

Wieso keine Zusammenarbeit?

In Bern wird immer wieder die Idee einer alles umfassenden «Bern Sport AG» diskutiert: Der SCB und YB unter einem Dach unter der Gesamtführung von Marc Lüthi. Auf den ersten Blick eine grandiose Sache. Müssten so nicht der SCB und YB rocken? Nein.

Es wäre zwar tatsächlich möglich, verschiedene Bereiche (Gastronomie, Administration, Ticketing, Fitnesszentren) zusammenzulegen und Geld zu sparen. Aber beide Unternehmen funktionieren letztlich im Markt nur eigenständig und in Konkurrenz zueinander. Sie sind auf charismatische Führungspersönlichkeiten angewiesen. Aber YB schafft es einfach nicht, eine Antwort auf Marc Lüthi zu finden. Das «Prinzip SCB» funktioniert deshalb bei YB nicht.

Es bleibt alles so, wie es ist

Die zentrale YB-Führungsschwäche kostet den Klub Erfolg und sehr viel Geld. Weil eine starke zentrale Führung fehlt, haben sich bei YB viele subalterne Funktionäre kleine Fürstentümer geschaffen. Die YB-Administration ist um Faktor zehn aufwändiger und komplizierter als jene beim SCB und Kenner wundern sich immer wieder über die hoch entwickelte Intrigenkultur. Längst sehen Beobachter YB als «Bundesamt für Fussball».

Und nun also Wanja Greuel als YB-General und Antwort auf Marc Lüthi. Weder ein Berner noch in Bern verwurzelt. Dabei ist gerade diese Verwurzelung im stolzen, traditionsbewussten Bern ein ganz entscheidender Faktor, der von Nicht-Bernern immer wieder unterschätzt wird.

So ist kein Schelm, wer sagt: Es bleibt bei YB alles so, wie es ist. Der SCB funktioniert. YB funktioniert nicht und ist weiterhin nicht dazu in der Lage, das enorme wirtschaftliche und sportliche Potenzial umzusetzen. Es ist auch völlig unerheblich, wer neuer Sportchef wird. Aber nach dem Abgang von Fredy Bickel wird die Sportabteilung wenigstens weniger Geld verschlingen. Das ist immerhin schon etwas.

Paul Meier neuer Sportchef?
Gemäss mehreren Medienberichten soll es sich beim Nachfolger Fredy Bickels als Sportchef um Paul Meier handeln. Der 63-Jährige gilt als Vertrauter von YB-Verwaltungsrat Urs Siegenthaler, der offenbar der neue starke Mann im Klub ist, wenn es um sportliche Belange geht. Meier arbeitete bislang im Nachwuchsbereich des Schweizer Verbandes. Dort kündigte er vor wenigen Wochen. (ram)

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13 Kommentare
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Bruno Wüthrich
15.09.2016 15:40registriert August 2014
Ich wüsste eine charismatische Person in Bern, die demnächst frei wird, und die auch über das nötige Netzwerk verfügt: Alexander Tschäppat.

Uuuhhh neiiiin - nur der nicht, werden jetzt vielleicht viele schreien. Aber wenn YB derartige Schwierigkeiten hat, einen zugleich fähigen wie auch charismatischen CEO zu finden, könnte Tschäppat eine gute Wahl sein. Und wie mir scheint, ist Tschäppät in Bern in allen Kreisen durchaus wohl gelitten.

Die Gebrüder Rhys müssten lediglich dafür sorgen, dass der designierte Ex Stapi von Bern den Verwaltungsrat YB nicht in Beamtenmanier aufbläht.
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Sportsmen
15.09.2016 18:42registriert März 2014
Da hat der Klaus den Nagel auf den Kopf getroffen! Eigentlich müsste man nur einen Knowhow Transfer machen, anstatt das Rad neu erfinden!

Und der Wanja Gräuel als CEO ist wohl der grösste Witz im Schweizer Fussball! Ein deutscher akademischer Tieflieger der weder beim SCB noch bei InfrontRingier grosse Stricke zerrissen hat. Er denkt weil er ein Buch geschrieben hat, sei er intelligenter als die anderen. Alle die mit Ihm zusammen gearbeitet haben, sagen Sie würden nicht mehr mit Ihm arbeiten.

Jetzt heisst es langsam bei YB langsam Lichterlöschen! Eigentlich schade bei diesem Potential!
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Pantani
15.09.2016 18:25registriert März 2016
Die Warheit kann halt manchmal schmerzlich sein...
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