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Strukturen und Organigramme sind gut. Aber Strukturen und Organigramme haben alle. Erfolgreich werden Strukturen und Organigramme nur durch die Umsetzung mit den richtigen Personen. Der Schlittschuhclub Bern hat es geschafft, Schlüsselpositionen richtig zu besetzen. Deshalb ist der SCB das grösste Eishockey-Unternehmen der Schweiz geworden, gewinnt regelmässig Titel und schreibt seit 16 Jahren schwarze Zahlen.
YB hat in der gleichen Stadt die gleich guten Voraussetzungen wie der SCB. Der Klub ist eher noch populärer, hat eine ruhmreiche Geschichte und eine perfekte Infrastruktur. Da der Klub und das Stadion den gleichen Besitzer haben, wäre es möglich, schwarze Zahlen zu schreiben. Aber YB hat in den letzten zehn Jahren mindestens 50 Millionen Franken verloren – und in diesem Jahrhundert nichts gewonnen. Die letzte Meisterfeier gab es in Bern 1986 und diese «Titellosigkeit» hat inzwischen Kultcharakter.
Eine kleine Episode mag zeigen, warum YB nicht erfolgreich sein kann. Die in Köniz domizilierte Vermarktungsagentur IMS steht hinter dem Marketing-Erfolg des SC Bern. Der Klub erwirtschaftet im Sponsoring inzwischen gut 15 Millionen Franken. IMS-Firmenchef und -Inhaber Erwin Gross, SCB-Manager und -Mitbesitzer Marc Lüthi und dessen Stabschef Rolf Bachmann sind die drei Persönlichkeiten, die den SCB-Erfolg ausmachen. Sie sind über die Jahre mit dem SCB gewachsen und personifizieren den Klub. Sie leben die Strukturen und Organigramme.
Die Episode ist verbürgt: Diese Woche herrschte grosse Verwunderung (andere sagen: Belustigung) in den IMS-Büros. Wanja Greuel ist soeben zum neuen YB-CEO ernannt worden und hat bereits versucht, IMS-Mitarbeiter für YB abzuwerben. Wanja Greuel ist ein ehemaliger IMS-Angestellter. Er kam aus Deutschland, diente sich in den IMS-Büros in sechs Jahren vom Praktikanten zum Verkaufsleiter des Ressorts SCB hoch, galt als tüchtiger, umtriebiger, fleissiger und ehrgeiziger Verkäufer – aber ohne Führungstalent. Die Differenz zwischen ihm und Marc Lüthi ist, wenn es um Charisma und Persönlichkeit geht, enorm.
Wanja Greuel, der Mann, der den SCB verkaufen half, aber innerhalb des Universums SC Bern keinerlei Chancen auf eine Schlüsselposition hatte, ist nun oberster YB-Chef mit dem letzten Wort im kommerziellen und sportlichen Bereich. Das erklärt eigentlich alles.
In Bern wird immer wieder die Idee einer alles umfassenden «Bern Sport AG» diskutiert: Der SCB und YB unter einem Dach unter der Gesamtführung von Marc Lüthi. Auf den ersten Blick eine grandiose Sache. Müssten so nicht der SCB und YB rocken? Nein.
Es wäre zwar tatsächlich möglich, verschiedene Bereiche (Gastronomie, Administration, Ticketing, Fitnesszentren) zusammenzulegen und Geld zu sparen. Aber beide Unternehmen funktionieren letztlich im Markt nur eigenständig und in Konkurrenz zueinander. Sie sind auf charismatische Führungspersönlichkeiten angewiesen. Aber YB schafft es einfach nicht, eine Antwort auf Marc Lüthi zu finden. Das «Prinzip SCB» funktioniert deshalb bei YB nicht.
Die zentrale YB-Führungsschwäche kostet den Klub Erfolg und sehr viel Geld. Weil eine starke zentrale Führung fehlt, haben sich bei YB viele subalterne Funktionäre kleine Fürstentümer geschaffen. Die YB-Administration ist um Faktor zehn aufwändiger und komplizierter als jene beim SCB und Kenner wundern sich immer wieder über die hoch entwickelte Intrigenkultur. Längst sehen Beobachter YB als «Bundesamt für Fussball».
Habe beim @FCBarcelona gesehen, dass weisse Haare beim Toreschiessen helfen. Vielleicht sollte #YB statt Sportchef einen Coiffeur anstellen.
— Roland Mathys (@MathysRoland) 14. September 2016
Und nun also Wanja Greuel als YB-General und Antwort auf Marc Lüthi. Weder ein Berner noch in Bern verwurzelt. Dabei ist gerade diese Verwurzelung im stolzen, traditionsbewussten Bern ein ganz entscheidender Faktor, der von Nicht-Bernern immer wieder unterschätzt wird.
So ist kein Schelm, wer sagt: Es bleibt bei YB alles so, wie es ist. Der SCB funktioniert. YB funktioniert nicht und ist weiterhin nicht dazu in der Lage, das enorme wirtschaftliche und sportliche Potenzial umzusetzen. Es ist auch völlig unerheblich, wer neuer Sportchef wird. Aber nach dem Abgang von Fredy Bickel wird die Sportabteilung wenigstens weniger Geld verschlingen. Das ist immerhin schon etwas.