Der Fussball an sich ist nicht das Problem. Es ist das viele Geld. Es macht die Spieler blind und teilweise dumm. Auf jeden Fall nicht klüger, als sie es von Haus aus sind. Darum ist es höchste Zeit, dass Bescheidenheit ihr Comeback feiert in der Sportart, in der das Runde ins Eckige muss. Womit nicht das Münz und der Geldschlitz am Sparschwein gemeint sind.
Die Hoffnung ist, dass an Dimitri Payet mal ein Exempel statuiert wird. Dass endlich mal ein raffgieriger Spieler den Kürzeren zieht und nicht schon wieder die Geldgeilheit gewinnt. Der 29-Jährige probt bei West Ham aktuell den Aufstand, weil er mehr Geld will. Mehr Geld, bei einem Gehalt von 125'000 Pfund in der Woche. Unfassbar.
Payet spielt seit 2015 bei den «Hammers» und hat im letzten Jahr seinen Vertrag vorzeitig bis 2021 verlängert. Offensichtlich hat das die Planungsspannweite des französischen Technikers bei Weitem überschritten. Denn nun, nach einem unbestritten starken halben Jahr, scheint ihm plötzlich nichts mehr an einer gesicherten Zukunft beim Klub aus London zu liegen.
Er wolle weg, heisst es plötzlich. Das an sich ist wenig überraschend. Bei einem Spieler solchen Kalibers ist es ja auch durchaus üblich, dass die ganz grossen Klubs ihre Fühler nach ihnen ausstrecken. Wer ist es denn dieses Mal? Real, Barça, PSG oder gar Stadtrivale Chelsea?
Nichts dergleichen. Marseille heisst die Traumdestination von Payet. Er will zurück zum Ligue-1-Sechsten, den er vor zwei Jahren für 10 Millionen Pfund verlassen hat. Sentimentalität als Beweggrund? Es ist zu bezweifeln.
Jedenfalls will der beschlagene Linksfuss diesen Transfer jetzt «durchstieren», wie es im Schweizerdeutschen so schön heisst. Er werde nicht mehr für West Ham spielen, bis der Wechsel abgeschlossen ist, liess er verlauten. Oder bis er von den Londonern mehr Geld erhält, was er aber logischerweise nicht so laut sagen darf.
West Ham bleibt aber zum Glück hart. Der bestverdienende Spieler im Kader ist nicht mehr im Training anzutreffen und fehlte am Samstag im Derby gegen Crystal Palace auch auf dem Matchblatt. Geschadet hat das dem Team offensichtlich nicht. Die «Irons» gewannen 3:0 und Andy Carroll verzückte dabei mit diesem Traumtor:
«Das ist ein gutes Beispiel, dass es nur um das Team geht, nicht um das Individuum», sagte Trainer Slaven Bilic nach dem Spiel und Carroll doppelte nach: «Kein Spieler ist grösser als der Klub.» Die beiden bringen es auf den Punkt. Aus der ganzen Posse müssen das Team und der Verein als Sieger hervorgehen und nicht das Individuum.
Das ist dann der Fall, wenn der Spieler mehr Schaden nimmt als der Verein. Nur ist das schwierig, auch wenn die Beliebtheit des zuvor angehimmelten Payet bei den Fans drastisch eingebrochen ist. Fangesänge auf seinen Namen wurden mit Schimpfwörtern garniert und sein Trikot wurde als Fussabtreter verwendet.
West Ham-fans helemaal klaar met Payet: Shirt gebruikt als deurmat https://t.co/UopKTNo74s pic.twitter.com/ySiMwxPIGh
— Voetbalflitsen (@vtbflitsenwtf) 14. Januar 2017
TIP: How West Ham fans can change their Dimitri Payet shirts. 😂 pic.twitter.com/aIRdu6yPqm
— SPORF (@Sporf) 15. Januar 2017
Das Problem: Ähnlich schnell wie der Ruf sinkt auch der Marktwert eines Spielers und West Ham bringt Payet nichts, wenn er zwar auf der Lohnliste, nicht aber auf dem Platz steht. Die hochrangige Marseille-Delegation, die heute in London weilt, hat am Verhandlungstisch also auch ihre Argumente. Und wenn sie tatsächlich 30 Millionen Pfund auf den Tisch legt, kommt es, wie es kommen muss: zum Transfer.
Die Prognose ist nicht gewagt: Payet wird erhalten, was er will. Und nichts zeigt so sehr, wie sich die Machtverhältnisse von den Klubbesitzern hin zu den Spielern und ihren geldgierigen Agenten verschoben haben, wie dieser Fall.