Fünf Jahre bereitete sich Swiss Athletics auf diesen Augenblick vor. Heute hat die EM in Zürich mit den ersten Vorläufen begonnen. Für das 53-köpfige Schweizer Team standen am Morgen bereits neun Athleten im Einsatz. Fünf von Ihnen können die Eröffnungsfeier mit DJ Bobo und Co. am Abend schon wieder als Touristen geniessen. Denn für sie ist die Heim-EM nach nur einem halben Tag wieder gelaufen.
Trotz einer neuen Saisonbestleitung platzierte sich der 400-m-Hürdenläufer Jonathan Puemi auf dem letzten Platz seines Heats und verpasste die Halbfinal-Qualifikation. Dennoch ist der 23-Jährige zufrieden mit seiner Leistung: «Ich habe alles gegeben. Ich bin nicht enttäuscht. Ich habe es gut gemacht, es war cool und es ist auch eine gute Zeit.»
Puemi genoss seine erste EM-Teilnahme. Vor heimischem Publikum heizte er die Fans vor dem Start noch einmal richtig ein. «Das ganze Stadion schrie ‹Hopp Schwiiz›, das hat mich gleich noch mehr motiviert. Es hat zwar schlussendlich nichts gebracht, aber es bleibt eine schöne Erinnerung.»
In einer komplett anderen Gefühlslage befindet sich Stabhochspringerin Nicole Büchler. Mit grossen Zielen angereist, musste die Bielerin bereits nach 4.25 Metern die Segel streichen. Eine riesen Enttäuschung, wie man nur schon ihren wässrigen Augen ansah.
Der Grund für diesen Tiefpunkt aus Schweizer Sicht sah die 31-Jährige in der Konzentration: «Die Form war gut, die Beine auch, es war alles nur Kopfsache. Um die Anlage standen sehr viele Leute herum. Ich habe ich mich ablenken lassen. Ein bisschen Wind wehte auch noch, aber es war im Kopf.» Beim letzten Versuch über 4.35 machte sie zu allem Übel noch einen Fehler: «Es war eigentlich ein guter Sprung, aber ich habe die Ständer näher rangenommen, was ein Fehler war. So riss ich die Stange mit dem Ellbogen mit.»
Zehn Zentimeter höher flog Büchlers Kollegin Anna Katharina Schmid. Doch die Saisonbestleistung von 4.35 Metern reichte auch der 23-Jährigen nicht. Wirklich enttäuscht ist sie aber nicht:« Ich bin definitiv zufrieden, es wäre komisch, nicht zufrieden zu sein, wenn man meine Verletzungs-Vorgeschichte berücksichtigt. Ich hätte vielleicht noch ein bis zwei Wochen gebraucht. Aber es war herrlich, vor diesen Fans zu springen.»
Ausreden suchte Schmid keine, einzig die speziell für die EM angefertigte neue Bahn machte ihr ein wenig zu schaffen: «Der neue Belag ist wie rot bemalter und mit Körnern bedeckter Beton.» Die Bilanz sieht dementsprechend gespalten aus: «Ich bin zufrieden mit der Saisonbestleistung, hingegen unzufrieden, dass es nicht gereicht hat für den Final.»
Der ganz zum Schluss ins Schweizer Team nachgerückte Dreispringer Alexander Hochuli resümiert seine Leistung ähnlich wie Schmid: «Im ersten Moment bin ich sicher enttäuscht, aber im Laufe des Tages werde ich sehen, dass ich vier oder fünf Plätze besser gelandet bin als gestartet. Es hat wenig gefehlt, ich bin volles Risiko gegangen, was leider nicht ganz belohnt wurde. Aber ich würde es wieder genau gleich machen.»
Dass Hochuli volles Risiko gegangen ist, zeigen seine zwei Fehlversuche zu Beginn des Wettkampfes. Viel hat nicht zur Qualifikation für den Final gefehlt: «Der erste Sprung war wirklich knapp, der wäre Richtung Quali-Weite gegangen. Die Luft im Dreisprung aber ist dünn. Da passieren solche Fehler.»
Fast schon ein wenig genervt von ihrer Leistung wirkt 100-m-Läuferin Marisa Lavanchy. Mit 11.65 Sekunden verpasste sie den Halbfinal-Einzug zwar nur knapp. Trotzdem: «Es ist eine Enttäuschung, im Training lief es wesentlich besser. Die Führende Schippers hat mich zwar gepusht, aber es brachte nichts.»
Wirklich erklären kann sie den Dämpfer nicht: «Vor dem Start war ich ruhig, klar ein wenig nervös, aber ich war bereit.»
Immerhin ist für Lavanchy die EM noch nicht ganz gelaufen. Voraussichtlich wird sie am Samstag zusammen mit Mujinga Kambundji, welche heute erneut einen neuen Schweizer Rekord aufstellte, Lea und Ellen Sprunger die 4x100-m-Staffel bestreiten. Für Lavanchy Zeit zur Wiedergutmachung.