Es war der 25. April 2015. Der FC Aarau trat im Brügglifeld gegen den FC Zürich an. Aus Sicherheitsgründen sperrte die Polizei den gesamten Gästesektor und schickte die trotzdem angereisten FC-Zürich-Fans nach Hause. Unter ihnen waren Markus und Simona (Namen geändert).
Der Maler aus Deutschland und die Studentin hatten gehofft, trotz Polizeimassnahmen ins Stadion zu gelangen. Als sie jedoch weggeschickt wurden, entschieden sie, das Spiel in einem Imbiss auf dem Handy zu schauen. Im Anschluss machten sie sich auf den Weg Richtung Bahnhof. Als sie die Hintere Bahnhofstrasse passierten, kamen sie an einem Polizisten vorbei. Diesen Polizisten soll Markus beschimpft haben. Der Beamte jedenfalls reichte Strafanzeige ein.
Der Polizist sei gerade dabei gewesen, zusammen mit seinem Kollegen die Hintere Bahnhofstrasse zu sperren, als Markus und Simona hinter ihm vorbeigingen. Just in diesem Moment hat Markus laut Polizist deutlich «ACAB» («All Cops Are Bastards», «Alle Bullen sind Dreckskerle/Bastarde») gesagt.
Der Beamte rief die beiden «in forschem Ton», wie Markus später sagte, zurück und nahm die Personalien auf. Einige Zeit später flatterte ein Strafbefehl in die Wohngemeinschaft von Markus und Simona. Markus wurde darin wegen Beschimpfung zu einer bedingten Geldstrafe von 1200 Franken sowie einer Busse von 300 Franken verurteilt. Ausserdem sollte er die Strafbefehlsgebühr von 1100 Franken zahlen. Weil der 33-Jährige Einsprache gegen den Strafbefehl erhob, stand er am Dienstag in Aarau vor dem Bezirksgericht.
«Wir haben uns einfach über den Match unterhalten. Ich habe keine Beschimpfung gehört», schilderte Zeugin Simona das Ereignis. Auf die Frage der Gerichtspräsidentin, ob der Ausdruck «ACAB» in der Diskussion gefallen sei, antwortete Simona zögernd: «Das ist möglich. Ich kann mich nicht erinnern.»
Für den Polizisten ist klar, dass Markus «ACAB» gesagt hat. «Er hat es deutlich gesagt, den ersten und den letzten Buchstaben sogar betont, sodass ich es sicher hörte», sagte er. Es gebe keinen Zweifel, dass er das «ACAB» direkt an ihn gerichtet habe.
Im Umkreis von 20 Metern habe sich lediglich ein weiterer Polizist befunden und Markus habe weder gerufen noch geschrien. Ausserdem habe er widersprüchlich reagiert, als er zurückgerufen wurde. Zuerst habe er gesagt, der Ausdruck habe nicht dem Polizisten gegolten. Kurz später habe Markus ausgeführt, «AB» gesagt zu haben. «Er konnte aber nicht erklären, was das bedeuten sollte.»
Markus sagte aus, den Polizisten nicht beleidigt zu haben. «Ich war erstaunt, als er uns zurückrief. Ich habe ihm dann gesagt, es täte mir leid, wenn er etwas falsch verstanden habe.» Er habe nur «AB» gesagt. Die Gerichtspräsidentin wollte wissen, was «AB» denn bedeute. «Das hat keine Bedeutung. AB, halt Spielzüge, von A nach B», antwortete Markus.
Der Verteidiger forderte Freispruch. Die Aussage des Polizisten seien Mutmassungen. «Sollte das Gericht jedoch dem Polizisten glauben, muss die Strafe reduziert werden», so der Anwalt. Da es sich bei «ACAB» um eine allgemeine Beleidigung wie «Katholiken sind Ungläubige» oder «Homosexuelle sind krank» handle, sei der Polizist kaum in der Ehre verletzt worden. Der Ausspruch sei lediglich als «nicht nett» zu werten. Der Betrag, der sein Mandant inklusive Strafbefehlsgebühr zahlen müsste, sei im Verhältnis zur Tat unangemessen.
Das Gericht sprach Markus schuldig. Die Aussagen des Polizisten seien glaubhaft. Die Angaben von Markus und Simona hingegen als Schutzbehauptungen zu werten, so die Gerichtspräsidentin. Die Ausführung des Verteidigers, «ACAB» sei eine allgemeine Aussage, liess sie nicht gelten.
Der Beschuldigte habe sich direkt hinter dem Polizisten befunden, weshalb klar sei, dass er nicht die Polizei als Behörde, sondern den Polizisten als Person beschimpft habe. Markus wurde zu einer bedingten Geldstrafe von 900 Franken sowie einer Busse von 200 Franken verurteilt. Er trägt die Gerichtsgebühren von 1150 Franken.
Ereignisloser war das Fussballspiel an jenem 25. April. Nach unspektakulären 90 Minuten endete die Partie torlos.