Beide Teams wollten zunächst ihr Personal im Vergleich zu den vorangegangenen Halbfinal-Partien nicht verändern. Jedoch fiel Sami Khedira kurz vor Beginn der Partie aus. Christoph Kramer startete für ihn im Mittelfeld. Joachim Löw setzt wie bei der gesamten WM auf eine bestimmte Form des 4-3-3, die zunächst vor allem auf der rechten Seite etwas breiter angelegt war und wo auch Kramer seine Aktionen hatte.
Löws Pendant Alejandro Sabella konnte nicht auf Angel di María zurückgreifen, wodurch Enzo Pérez in der Mannschaft blieb. Allerdings agierte der Profi von Benfica Lissabon zunächst auf der linken Seite und Ezequiel Lavezzi startete rechts. Sabella beliess es beim 4-4-1-1 und der Freirolle von Lionel Messi hinter dem horizontal agilen Gonzalo Higuain.
Zu Beginn startete Argentinien mit durchaus überraschenden Pressing-Stichen, bei denen Higuain aggressiv jagte und die Innenverteidiger abtrennen wollte, während die Aussenspieler situativ herausschoben, das restliche Kollektiv einzelne Mannorientierungen einstreute und Messi sich eher – oft sogar bewusst – ballfern positionierte.
Dagegen konnte sich die deutsche Mannschaft wegen der unkollektiven Ausrichtung der Argentinier relativ einfach über die Mittelfeldakteure wie den beweglichen Schweinsteiger lösen, doch entstand daraus ein unangenehmer Rhythmus, der sich auch zeigte, wenn diese Spieler dann im weiteren Angriffsverlauf relativ unvermittelt auf die argentinische Mittelfeldkette trafen.
Dass die Deutschen vor der Pause nur zu drei Abschlussversuchen kamen, lag dann aber auch an der erzwungenen Auswechslung Kramers, die zwar mehr Offensivpotential durch Schürrle erzeugte, aber auch die Strukturen veränderte. Im nun praktizierten und gestreckteren 4-2-3-1 mit Özil als Zehner und dem neuen Mann auf links fehlten diese diagonalen Synergien im rechten offensiven Halbraum um Kramer herum, da die Strukturen nun klarer angelegt waren.
Die Argentinier formierten sich grundsätzlich in einem 4-4-1-1/4-4-2; sie spielten tief, über längere Ballstafetten der Deutschen passiv und hatten gewisse Probleme in der Ordnung. So gab es häufiger eine relativ geringe horizontale Kompaktheit zu sehen, wo die Halbräume unbesetzt oder unsauber strukturiert besetzt waren. Dazu kamen die üblich sehr grossen Abstände von Mittelfeld auf Angriff, während die Vertikalabstände von Abwehr auf Mittelfeld natürlich sehr gering waren und über die meisten Spielphasen den Zwischenlinienraum für Deutschland versperrten.
In dieser mangelnden Kompaktheit hatte Argentinien aber durchaus etwas Interessantes, Aggressives, Drohendes und paradoxerweise Kompaktes. Javier Mascherano und Lucas Biglia rückten häufig nach vorne und attackierten die deutschen Mittelfeldspieler; durch die weiten Wege erhielten sie kaum Zugriff, aber drückten Deutschland auf die Seiten und liessen sich dann wieder zurückfallen. Die Flügelstürmer und Aussenverteidiger der Argentinier reagierten darauf und rückten dann aggressiv nach vorne, vereinzelt lief Lavezzi beispielsweise sogar den deutschen Innenverteidiger in Rückpassmomenten an. Ansonsten aber standen sie tief und breit, warteten auf diese leitenden Aktionen der zentralen Spieler.
In erster Linie war man darauf bedacht, Messi ins Spiel einzubinden. Entweder man schickte den Captain oder auch Lavezzi in Tempodribblings auf der rechten Seite, oder aber der 27-Jährige wurde kürzer im Zentrum angespielt. Messi zog dadurch situativ einen deutschen Sechser mit und konnte sich in der Enge wiederum befreien, beziehungsweise auf einen Kollegen direkt weiterleiten und dadurch den Raum öffnen. Richtig gefährlich wurde es aber nur bei individuellen Fehlern der Deutschen.
Sabella stellte seine Mannschaft direkt nach der Halbzeit um. Agüero als neuer Mann agierte anfangs als Manndecker von Schweinsteiger, während Higuain das Aufbauspiel nach rechts und damit von Toni Kroos wegleitete. So musste die DFB-Elf viel über die Seite aufbauen und konnte ihre beiden spielstarken Sechser zunächst kaum wirkungsvoll einbinden. Wenn Deutschland das Aufrücken gelang und es im letzten Drittel etwas weitflächiger agieren konnte, verliess sich Argentinien auf die effektive 4-3-Stellung vor der eigenen Defensive.
Das grosse Offensivproblem der Deutschen lag im zweiten Spielabschnitt darin, dass sie sich gegen die Formation der Argentinier und deren gelegentliches Leiten des Aufbaus zu leicht auf die Seiten ziehen und dort festnageln liessen. Dies gelang Argentinien, indem ihre 4-3-1-2-Staffelung sehr oft zu einem 4-3-3-0 wurde, in welchem sich die Mittelstürmer zurückzogen und das zentrale Mittelfeld für Deutschland mit ihren Deckungsschatten zusätzlich versperrten.
Die Einwechslungen von Gago und Rodrigo Palacio brachten nochmals andere Bewegungsmuster in die Partie, grundsätzlich blieb die argentinische Spielweise aber gleich. Zentrumsfokussierte Durchbrüche, Messi-Fokus mit Ausweichen auf rechts oder nach hinten und eine durchgehend hohe Absicherung.
Entsprechend schien die deutsche Mannschaft nach der Pause aus dem Rhythmus. Im Angriff wurde vertikaler und schneller in die Spitze gespielt. Toni Kroos verliess zugleich die Doppelsechs und rückte halblinks auf, Özil blieb verstärkt halbrechts. Folglich entstand ein 4-1-4-1. Löw reagierte vorerst nicht auf die Rautenumstellung der Argentinier, wodurch die Albiceleste die wichtigen Aufbauräume Deutschlands abschirmte und insgesamt die Zirkulation der DFB-Elf schwächer wurde. Erst nach einiger Zeit passten die Deutschen sich an und versuchten die Angriffe vermehrt über die Flügel zu strukturieren.
Im Aufbau schienen die Argentinier mit drei zentralen Mittelfeldakteuren etwas besser ins Spiel zu kommen. Zwar konnte sich Deutschland mit einem aus dem 4-2-3-1 oftmals 4-1-4-1-haft angelegten Pressing durch herausrückende Bewegungen von Özil und Kroos relativ einfach an diese Strukturen anpassen, doch war Argentinien damit nicht durchgehend zu kontrollieren. Einige Male fiel Pérez geschickt zurück und kurbelte das Spiel mit weitläufigen Dribblings an, ansonsten setzten die Argentinier gerne auch auf lange Bälle, für die das Offensivtrio sehr hoch stand.
Insgesamt gelang es den Südamerikanern in dieser Phase zumindest, die Partie bei eigenen Offensivaktionen mit nur leicht erhöhtem Risiko offener zu machen und die deutsche Formation ein wenig aufzureissen, was defensive Schwierigkeiten zutage förderte. Bis zur Verlängerung wehte immer etwas Unsicherheit – mal mehr, mal weniger – durch das DFB-Defensivdrittel.
Taktisch und strategisch gab es nur kleinere Veränderungen in der Verlängerung, allerdings äusserten sich diese im Spielgeschehen und im Spielrhythmus sehr deutlich. Deutschland spielte sehr hoch, griff aggressiv an und versuchte die Entscheidung in der Verlängerung zu erzwingen, während die Argentinier das Gegenteil taten. Sie zogen sich zurück, agierten tiefer denn je und konzentrierten sich auf den Lucky Punch im Konterspiel.
Hier gab es durchaus einige gefährliche Situationen und potenziell durchschlagende Möglichkeiten, aber alles in allem verteidigte Deutschland das hervorragend. Das Gegenpressing funktionierte gut, war stabil und die offensive Ballzirkulation drückte die Argentinier noch weiter nach hinten. Besonders beeindruckend war das Nachstossen Jerome Boatengs, der sich häufig aggressiv in den Zwischenlinienraum vorbewegte und Konter stark abfing, doch auch die Ausgeglichenheit der Bewegungen der Aussenverteidiger und im Mittelfeld überzeugten.
Zusätzlich fanden die Deutschen mit den erweiterten zentralen Räumen und erhöhten Verlagerungsmöglichkeiten wieder in den alten Rhythmus, während bei Argentinien die horizontale Kompaktheit, die Sauberkeit der Staffelungen, das Versperren der offenen Räume und damit die Defensivpräsenz zusehends nachliessen. Dies waren die entscheidenden Faktoren beim 1:0 und dominierten generell das Spielgeschehen in der Verlängerung.