Das Finale zwischen den Madrilener Stadtrivalen begann erwartungsgemäss; auch weil die angeschlagenen Spieler – mehr oder weniger – fit wurden. So trat Atlético im gewohnten 4-4-2 an und auch Real nutzte die 4-4-2-Variante des eigentlichen 4-3-3-Systems: Di Maria agierte also eher als Flügelspieler und Cristiano Ronaldo vorwiegend im Sturmzentrum. Somit verschob sich das Zentrum stärker Richtung Doppelsechs, bei der Khedira den etwas absichernderen Part neben Modric gab.
Real lief in dieser Grundausrichtung den Ball souverän zirkulieren, während sich Atlético im Mittelfeldpressing formierte. Dabei nutzte Simeones Elf die übliche Variante, dass die Mittelfeldreihe deutlich enger steht als die Abwehrreihe. So stehen sie massiv über dem strategisch wichtigen Zentrum und können über die Aussenverteidiger dennoch schnell Zugriff nach Verlagerungen aufbauen.
Real bespielte diese geschickte Staffelung vor allem durch diagonal ausgerichtetes Andribbeln von Modric und Di Maria. Letzterer agierte etwas eingerückter in der Mittelfeldreihe, während Bale sich zwischen den gegnerischen Ketten orientierte. So hatten sie neben den Abwehrspielern meist drei Spieler hinter dem Ball, wenn sie das Leder verloren und waren gegen Atléticos Konter gut abgesichert.
Das Andribbeln hatte zwei wichtige Effekte: Durch die etwas breitere Grundposition wurden die beiden Stürmer leicht umspielt und konnten daher nicht so viel zu Atléticos Kompaktheit beitragen wie gewohnt. Zum anderen banden Reals breite Spielmacher zwei bis drei Gegenspieler des gegnerischen Mittelfeld und öffneten dadurch Räume zwischen den Linien und in der Breite. So konnten sie stabil über Verlagerungen angreifen und vereinzelt in den gefährlichen Zwischenlinienraum vor der Abwehr eindringen.
Reals Ansatz in eigenem Ballbesitz funktionierte ordentlich, doch gingen sie wegen defensiver Defizite früh in Rückstand. Benzema und Ronaldo arbeiteten unkonstant im Pressing mit. So konnte Atlético leicht vorwärts spielen und bekam über simple Aktionen entlang der Aussen Offensivpräsenz, woraus die Ecke zur Führung resultierte.
Mit dieser im Rücken stellte Diego Simeone das System um; nun wurde es taktisch richtig interessant. Mit drei zentralen Mittelfeldspielern stand Atlético nun in einer Fünferreihe vor der Abwehr. Somit wurde die Breite stärker von den Flügelspielern abgedeckt, während die Aussenverteidiger enger agierten. Die diagonalen Dribblings wurden somit durch einen zusätzlichen Spieler verteidigt und die Verlagerungen wurden ebenfalls besser verteidigt. Vorerst brachte die Umstellung absolute defensive Stabilität.
Allerdings wurde diese teuer erkauft: Es fehlte nun der zweite Offensivspieler in der ersten Linie, um sich aus dem gegnerischen Klammergriff in Konter zu lösen. Villa hatte keine Unterstützung mehr und hing in der Luft. Das galt auch gegen den Ball: Die kompakte Doppelspitze musste nun nicht mehr umspielt werden, sondern Modric konnte das Spiel aus zentraleren Räumen mit mehr Möglichkeiten kontrollieren. Daher wurde Atlético auch zunehmend ins eigene Abwehrdrittel gedrückt.
Allerdings hatten die Königlichen zu wenig Spieler im gegnerischen Block, um das auch effektiv auszunutzen. In dieser Hinsicht wurden sie dann im Laufe der zweiten Halbzeit immer konsequenter. Ramos rückte zunehmend ins defensive Mittelfeld auf und auch die Sechser agierten mutiger, sodass weniger Personal jenseits des gegnerischen Pressingblocks verschenkt wurden.
Carlo Ancelotti wechselte dann nach einer Stunde mutig und entscheidend. Für Khedira kam der wendige Edeltechniker Isco für die Sechserposition und Linksverteidiger Coentrao machte Platz für Marcelo, den wohl kreativsten Aussenverteidiger der Welt. Nicht nur sein Tor zum 3:1 untermauerte die aussergewöhnlichen offensiven Fähigkeiten des Brasilianers, er übernahm ausserdem eine sehr anspruchsvolle Diagonalrolle. Zuweilen wirkte er eher wie ein Halbspieler oder gar äusserer Zehner, da er immer wieder an der gegnerischen Mittelfeldkette Zwischenräume ansteuerte.
Mit Marcelo, Isco und Modric hatte Real nun drei Spieler, die gegen Atléticos Dreifachsechs stabil andribbeln konnten. Gleichzeitig suchten Bale und Ronaldo hinter den zentralen Spielern Räume. Atlético blieb zwar sehr kompakt und diszipliniert, doch diese geballte Spielstärke bekamen sie nicht mehr durchgängig unter Kontrolle. In letzter Minute reichte Reals beständige Offensivpräsenz dann auch noch zum Ausgleichstreffer für die Verlängerung.
Die zusätzlichen 30 Minuten waren dann stark vom Kräfteverschleiss von Simeones Pressingmannschaft geprägt. Real musste eine Stunde lang kaum Anstrengungen gegen den Ball unternehmen, sodass sie mehr Körner hatten. Atlético hatte vor allem Probleme, nach eigenen Angriffen wieder hinter den Ball zu kommen.
Besonders bitter war die Entstehung des 2:1, da Atlético in dieser Szene grossartig gepresst hatte, Casillas zum langen Ball zwang und diesen auch in offener Stellung abfangen konnte. Das hätte den entscheidenden Konter bedeuten können. Doch Tiago rutschte der Befreiungsschlag von Casillas unter dem Fuss durch und das Unheil nahm seinen Lauf. Letztendlich kam die Führung von Atlético vielleicht ein bisschen zu früh.