Nein, für einmal gab es keine Dramen am Ende der Etappe. Das sechste Teilstück bot viele Singletrails, das Wetter meinte es mit etwas Regen am Morgen gut mit den Fahrern und die Strecke war mit 71 Kilometern mit Abstand die kürzeste der ganzen Woche. Das letzte Duo kam elf Minuten vor dem Cut-off ins Ziel.
Ohne Gänsehaut im Publikum ging es aber trotzdem nicht. Wie jedes Mal, wenn Reuben van Niekerk auf die Zielgerade einbiegt, gehen die Emotionen hoch. Der 31-Jährige verlor sein rechtes Bein bei einem Töffunfall 2008.
So fährt Reuben mit einer Prothese: «Ich habe es nie gemessen, aber ich würde sagen in meinem rechten Bein, habe ich vielleicht noch gut 30 Prozent der Kraft meines gesunden Beins.» In den Downhills hat er daher immer sein linkes Bein unten: «Rechts ist's einfach nicht stabil genug.»
Trotzdem gehören Abfahrten auf Singletrails zu den Lieblingsabschnitten des Südafrikaners: «Ich fuhr früher Motocross, das hilft. Heute machte es grossen Spass.» Mühe bereiten ihm dagegen die Aufstiege. Dort sieht er auch seinen grössten Nachteil gegenüber nicht handicapierten Fahrern: «Das braucht Power und die habe ich nicht. Zudem kann ich wegen meiner Prothese nicht aus dem Sattel. Entweder ich schaffe die Anstiege sitzend oder ich muss schieben.»
Da wären wir dann beim zweiten deutlich sichtbaren Problem des Mannes aus Pretoria: Der Fuss der Prothese ist steif. «Mir fehlt das Gelenk im künstlichen Fuss. Bei Aufstiegen muss ich daher halbwegs seitwärts gehen.»
Trotzdem hat ihn «der Cape-Epic-Käfer gebissen». Bei drei Teilnahmen ist er jetzt angelangt. Bei der Premiere 2013 schaffte er es nicht ins Ziel, 2014 beendete er das Rennen als erster beinamputierter Fahrer und 2015 möchte – und dürfte – er diesen Triumph wiederholen. Und dann? «Ich werde wieder mitmachen!»
Gelockt hat ihn das Cape Epic schon vor dem Unfall. Danach dachte er, als Volunteer könne er wenigstens Teil des Events sein. Und weil Volunteers jeweils einen Entry für das nächste Jahr erhalten, packte er die Chance. 12 Stunden Training absolviert der baumhohe Fahrer wöchentlich. «Allerdings ist der höchste Berg in meiner Heimat nur 120 Meter hoch. Daher kann ich die Steigungen fast nicht trainieren.»
Obwohl Reuben nur noch eine 87 Kilometer lange Etappe vom Ziel in Meerendal trennen, bezeichnet er die diesjährige Ausgabe als seine bisher härteste: «Letztes Jahr war viel mehr fahrbar für mich. Dieses Jahr habe ich das Gefühl, dass ich nur am schieben bin. Und das ist das Schlimmste für mich.»
Die vielen Schiebepassagen in den Etappen 3 und 4 sorgten auch dafür, dass seine Teamkollegin Dagmar ihn jeweils abhängte, weil sie glaubte, sonst den Cut-off nicht zu schaffen. Immer kämpfte sich Reuben doch noch rechtzeitig ins Ziel. Wirklich knapp wurde es nur in der 5. Etappe, als er 14 Minuten übrig hatte. Jetzt ist das Ziel nah.