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Wie es Hobby-Goalie Eric Semborski in die NHL schaffte

Weihnachten und Geburtstag an einem Tag: Goalie Eric Semborski.
Weihnachten und Geburtstag an einem Tag: Goalie Eric Semborski.bild: nhl

Die grossartige Story, wie es ein Hobby-Goalie in die NHL schaffte

Eric Semborski kommt aus Philadelphia, ist 23 Jahre alt und Eishockey-Goalie auf Plausch-Niveau. Am Samstag erreicht ihn ein Anruf und was ihm gesagt wird, ist kein Scherz: Semborski soll in der NHL aushelfen, der besten Liga der Welt.
05.12.2016, 14:2506.12.2016, 09:11
Ralf Meile
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Der grösste Tag in der Karriere von Eishockey-Goalie Eric Semborski beginnt mit einem medizinischen Notfall. Corey Crawford, Keeper des NHL-Teams Chicago Blackhawks, fällt wegen einer Blinddarm-Operation kurzfristig für die Partie in Philadelphia aus. Das Problem der Blackhawks: Bis zum Spielbeginn dauert es nur noch zwei Stunden und Chicagos Farmteam ist zu weit entfernt, als dass es einer dessen Goalies noch rechtzeitig schaffen könnte.

Bei ähnlichen Fällen in der Vergangenheit sprang auch schon der Goalietrainer als Ersatzkeeper ein. Doch im Falle der Blackhawks geht das nicht. Denn als ehemaliger Profi würde der 47-jährige Jimmy Waite den Salary Cap belasten.

Also greift die Regel, dass jedes NHL-Team für ihre Heimspiele einen Amateur-Goalie bereit haben muss, der im Bedarfsfall spielen kann. Eric Semborskis Name befindet sich auf der Liste der Flyers – obwohl er nicht weiss, wer ihn darauf gesetzt hat. Kaum zu glauben: Der letzte Ernsteinsatz des Hobby-Spielers liegt bereits ein Jahr zurück.

Die «nette» Begrüssung der neuen Kollegen …

Als der 23-Jährige am Samstagvormittag als «Emergency Backup Goalie» aufgeboten wird, leitet er gerade ein Kindertraining in einem Vorort Philadelphias. Semborski fährt sofort nach Hause, packt seine Siebensachen und macht sich auf den Weg zum Stadion. Unterwegs ruft er seinen Vater an, gratuliert zu dessen 58. Geburtstag und muss ihm drei Mal erzählen, was gerade geschieht, ehe er es glaubt.

12.30 Uhr, noch eine halbe Stunde bis zum Spielbeginn. Eric Semborski kommt in der Garderobe der Chicago Blackhawks an. Und wird von den Stars gefoppt: Er sei zu spät. Und einen Anzug trage er auch nicht. Das mache dann 200 Dollar für die Teamkasse, bitteschön …

Schnell zieht sich Semborski die Ausrüstung an, dazu ein Trikot mit der Nummer 50. Wobei nicht Crawfords Name aufgestickt ist, sondern bereits seiner. Dann geht es hinaus zum Aufwärmen.

Schuss von Kane gestoppt

«Ich war ein bisschen eingerostet», gibt der Hobby-Goalie danach zu Protokoll, doch dieses Warm-up seien die besten 20 Minuten seiner Eishockey-Karriere gewesen. «Es ging alles so schnell und mir verschlug es beinahe den Atem, weil ich einfach alles aufsaugen wollte. Ich wusste, dass ich kaum einen Puck würde halten können. Mit Glück würde ich Paraden machen können, wenn sie mich anschiessen.»

In der Tat fliegen Semborski die Scheiben nur so um die Ohren. Doch einen der letzten Schüsse stoppt er: Einen von Patrick Kane, in der letzten Saison der Liga-Topskorer. «Das war sehr cool, daran werde ich mich ewig erinnern», strahlte Semborski.

Während des Spiels hat er den besten Platz im Stadion und er steht als Ersatzgoalie bereit, um notfalls eingewechselt zu werden. Er glaubt nicht daran, dass es dazu kommt. Doch Chicagos Coach Joel Quenneville gibt später zu Protokoll, dass dies für ihn im Mitteldrittel durchaus eine Option gewesen sei. «Das wäre ein grosser Fehler gewesen», sagte Semborski lachend.

«Für mich wurde ein Traum wahr»

Beinahe kommt er dennoch zu einem grossen Auftritt auf NHL-Eis. Denn Quenneville ersetzt beim Stand von 1:3 rund 90 Sekunden vor dem Ende Goalie Scott Darling durch einen zusätzlichen Feldspieler. Hätte Philadelphia in dieser Phase das alles entscheidende 4:1 erzielt, hätte der Gäste-Coach danach dem Notfall-Goalie ein Geschenk gemacht, um sich so für dessen Hilfe zu bedanken. Dazu kommt es nicht.

Bezahlt wird Eric Semborski als Amateur nicht, was ihn aber nicht im Geringsten stört: «Eigentlich sollte ich ihnen etwas geben, es war grossartig.» Die Halle verlässt er mit einigen unterschriebenen Pucks, einer Blackhawks-Dächlikappe und dem Versprechen, dass Chicago ihm ein Trikot schicken wird. Und mit Erinnerungen an ein unbezahlbares und wohl einmaliges Erlebnis: «Für mich wurde heute ein Traum wahr.»

Kuriosität in der NHL: Beide Goalies verletzen sich

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Tikkanen
05.12.2016 15:33registriert November 2014
...geile Story, Meile👍🏻 Weiter so...
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El Manolo
05.12.2016 16:12registriert Dezember 2016
Schade wurde er nicht eingesetzt. Wäre sicher lustig geworden.

Bemerkung:

Ovechkin war letzte Saison bester Torschütze. Kane war topscorer.
370
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Psychonaut1934
05.12.2016 17:33registriert März 2015
Extraordinaire
312
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