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Und wieso schaust du «Bachelorette»? Ehrlich jetzt! Wieso???

Zaklina steht nicht nur zwischen vielen Männern, sondern auch zwischen zwei Pferden.
Zaklina steht nicht nur zwischen vielen Männern, sondern auch zwischen zwei Pferden.
Bild: 3+

Und wieso schaust du «Bachelorette»? Wegen der hochstehenden Dialoge, klar

Auf vielfachen Wunsch beschäftigen wir uns heute mal mit der Frage: Wieso tun wir uns Bachelorette Zaklina und ihre Primaten von Phuket so gerne an? Und freuen uns auf eure eigenen Vorschläge!
16.05.2016, 22:0117.05.2016, 07:48
Simone Meier
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Heute, liebe Freundinnen und Freunde der TV-Trash-Botanik aka «Nacht vo de Rose», lernen wir mal was dazu. Weshalb es zuerst ein Rosengedicht gibt. Von Ingeborg Bachmann, einer österreichischen Dichterin und Kettenraucherin. Die sich 1973 in ihrem Bett fast selbst in Brand steckte, weil sie derart viele Tabletten (100 Stück pro Tag!) zu sich nahm, dass ihr Körper schmerzunempfindlich geworden war. Eins ihrer schönsten Gedichte heisst «Im Gewitter der Rosen»:

Wohin wir uns wenden im Gewitter der Rosen,
ist die Nacht von Dornen erhellt,
und der Donner des Laubs, das so leise war in den Büschen,
folgt uns jetzt auf dem Fuss.
Ingeborg Bachmann

Der Böse: Michael

Ist diese Brust etwa picklig oder von Dornen zerkratzt?
Ist diese Brust etwa picklig oder von Dornen zerkratzt?
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Grossartig, oder? Und so zutreffend auf die Situation der Jungs im «Bachelorette»-Camp, die sich vor nichts mehr fürchten als vor der verdammten Rose. Die Fluch und Segen zugleich ist. Blüte und Dornen, Blitz und Donner in einem. Rosenkandidat Alain zum Beispiel sagte in Folge 5, der Erhalt der Blume hätte ihn «innerlich getroffen wie ein Schlag».

Der Süsse: Simon

Alles einwandfrei.
Alles einwandfrei.
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Vielleicht hat Alain Ingeborg Bachmann gelesen? Unwahrscheinlich, aber ich hoff das jetzt mal. Immer wieder fragen mich nämlich Leute, darunter auch ich mich selbst: Wieso schaust du dir so einen Mist an?

Auch Jennifer Lawrence und Elle DeGeneres sind bekennende «Bachelorette»-Fans.

Ich bin also in mich gegangen: Ist es wegen des berühmten Ekel-Fremdschämens? Nein, da sind alle «Goodbye Deutschland»-Folgen mit Mallorca-Jens besser. Ist es, weil Zaklina und ihre Zwerge irgendwie sind wie ich und meine Freunde? Kein bisschen. Habe ich je von einem Mann wie Oliver geträumt, der mit mir auf einem Pferd den Strand entlang reitet und sagt: «Ich bi dä, wo am Schluss bimene schöne Film hüült.» Never.

Der Gute: Oliver

Hier erfährt er, dass Brian und Martin gehen müssen.
Hier erfährt er, dass Brian und Martin gehen müssen.
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Oder betrachte ich – wie es amerikanische Medien angestrengt versuchen – die «Bachelorette» als feministischen Höhepunkt des Trash-TVs? Gar nicht. Zwar werden hier Geschlechterklischees von einer Frau instrumentalisiert, aus der Welt sind sie trotzdem noch lange nicht.

Der Sensible: auch Oliver

Hier kann er es immer noch nicht fassen.
Hier kann er es immer noch nicht fassen.
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«Die Bachelorette» schau ich mir an, weil sie mir den vorübergehenden Gehirnschlaf erlaubt. Das Runterfahren jeder Denktätigkeit bis auf ein stupides Staunen, dass es sowas überhaupt (noch) gibt. So ein «Boah, echt jetzt?». Manchmal ist das irrsinnig erholsam. Ein ähnliches Staunen erfasst mich angesichts von Bergen, Feuerwerken, aufwendigen Geschenkverpackungen, in denen nichts drin ist, und der Drachengeburt in «Game of Thrones». 

Ich schaue die «Bachelorette», weil ich ...

Nur der Böse bleibt cool

Vor lauter Fassungslosigkeit müssen sich die Bros noch ein bisschen anfassen.
Vor lauter Fassungslosigkeit müssen sich die Bros noch ein bisschen anfassen.
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Wahrscheinlich sind die Primaten von Phuket in Wirklichkeit alle gar nicht so simpel wie im Fernsehen. Schliesslich haben sie auch ein Leben. Wahrscheinlich verdienen sie alle mehr als ich. Aber das Fernsehen schreibt sie auf ein paar archaische Typen zurecht, die in jeder Fiktion funktionieren: Den Guten (Oliver), den Bösen (Michael), den Süssen (Simon) und so weiter.

Hat ein «Bachelorette»-Kandidat «Tiefe» bzw. «Tüfi», so klingt das nach einer exotischen Insel, die nur über grosse Gefahren erreichbar ist.

Ihre Träume dürfen dabei nicht komplex sein, sondern supersimpel, am besten der kleinste gemeinsame Nenner unserer Gesellschaft: Mann, Frau, Kind (zur Sicherheit ist ein solches schon da, Zaklina ist Mama). Und dafür müssen sie «kämpfen». So einfach wie möglich: Zuerst mit dem Körper, erst mit dem Kopf. Aber besser gar nicht. «Nachdenken» wird da ja immer als eine Art geistiger Störung geahndet.

Körpereinsatz I: Einer liegt am Boden

Simon hat zwar einen Boxkampf verloren, aber dennoch vorbildlich gezeigt, wie sehr er um Zaklina kämpft.
Simon hat zwar einen Boxkampf verloren, aber dennoch vorbildlich gezeigt, wie sehr er um Zaklina kämpft.
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Und: Sie dürfen sich nicht zu blöd sein, sich vor laufender Kamera von ihren Trieben überwältigen zu lassen. Weil klar ist, dass genau dies Quote gibt. Und die Fähigkeit zur Quote ist heute in vielen Berufen die Macht schlechthin. So gesehen sind sie top gerüstet für den neoliberalen Überlebenskampf.

Körpereinsatz II: Zwei liegen am Boden

Hier kämpft auch Oliver gerade sehr erfolgreich mit oder um die holde Maid.
Hier kämpft auch Oliver gerade sehr erfolgreich mit oder um die holde Maid.
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Wie hiess es so schön zu Beginn von Folge 5? «Ihr Kampf wird immer mehr zum Krieg. Und im Krieg gibt es keine Regeln.» Und was sagte einst Napoléon angesichts seiner feldherrlichen und libidinösen Eroberungszüge? «Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt.» Eines ist immer auch das andere. Egal wie raffiniert, egal wie stupid. Das ist so in «Game of Thrones». Und in der «Bachelorette». Und das macht Zaklinas Rosengewitter als TV-Spektakel so fett.

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pingu80
17.05.2016 03:09registriert März 2016
Ich könnte die Bachelorette schauen. Ich könnte mir aber auch im Kreis laufend mit einer Pfanne die Gehirnzellen glätten.
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's all good, man!
17.05.2016 06:39registriert September 2014
Mit etwas Stolz darf ich darauf hinweisen, dass ich mir noch immer keine Folge dieser Sendung angeschaut habe und mich einzig und alleine von den Artikeln von Simone unterhalten lasse.

Allerdings glaube ich wirklich, dass man solche Formate vor allem deshalb schaut, weil man sich über die Protagonisten stellen und mit dem Finger auf sie zeigen kann. Auch wenn man sich das nicht eingestehen würde, aber es ist wohl so. Aber okay, wir, die wir die Artikel lesen und uns über die Kandidaten lustig machen, sind auch nicht viel besser. 😊
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Jugendveteran
16.05.2016 23:27registriert April 2016
Ich schaue Bachelorette, weil es uns WG-Gspändli zusammenbringt (Männer-WG,es gibt einfach mehr zu reden und lachen als z.B. Fussball)
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