USA

Geschworene sprechen Boston-Attentäter Zarnajew schuldig – nun droht die Todesstrafe

Bild
Bild: HANDOUT/REUTERS

Geschworene sprechen Boston-Attentäter Zarnajew schuldig – nun droht die Todesstrafe

08.04.2015, 20:1908.04.2015, 22:40
Mehr «USA»

Zwei Jahre nach dem Terroranschlag auf dem Marathon in der US-Metropole Boston droht dem Bombenleger Dschochar Zarnajew die Todesstrafe. Eine Geschworenenjury befand den 21-Jährigen am Mittwoch in allen 30 Anklagepunkten, die mit der Tat zusammenhängen, für schuldig. 

In blauem Pulli und dunkler Jacke verfolgte Zarnajew die Verlesung des Urteils weitgehend regungslos, sein Gesicht war blass. Mehrere Überlebende sowie Angehörige von Opfern sassen zur Urteilsverkündung im Gerichtssaal. 

Elf stündige Beratung 

Die Geschworenen sahen es nach einem mehrwöchigen Prozess als erwiesen an, dass Zarnajew im April 2013 mit seinem älteren Bruder Tamerlan zwei Bomben am Zieleinlauf des berühmten Sportereignisses zündete und dadurch drei Menschen ermordete und rund 260 weitere zum Teil schwer verletzte. Zudem sei er bei der Flucht an der Tötung eines Polizisten beteiligt gewesen. 

Die sieben Frauen und fünf Männer in der Jury berieten trotz der Fülle der Anklagepunkte insgesamt nur rund elfeinhalb Stunden, bis sie zu ihrer Entscheidung kamen. 17 der 30 Anklagepunkte können mit der Todesstrafe geahndet werden. 

Über das Strafmass wird in der nächsten Phase des Prozesses entschieden. Bis dahin können noch einige Wochen vergehen. 

Karen Brassard, eine der Überlebenden des Anschlages nach der Urteilsverkündung 
Karen Brassard, eine der Überlebenden des Anschlages nach der Urteilsverkündung Bild: CJ GUNTHER/EPA/KEYSTONE

Verteidigung: Hauptschuld beim Bruder 

Die Verteidiger stritten die Mitschuld ihres Mandanten nicht ab, wollten aber eine Exekution vermeiden. Sie betonten, dass die Hauptschuld bei Tamerlan gelegen habe, der die Tat geplant und die Bestandteile der Bomben gekauft habe. Er war wenige Tage nach der Tat während einer Verfolgungsjagd von der Polizei erschossen worden. 

Verteidigerin Judy Clarke versuchte in ihrem Plädoyer die Geschworenen davon zu überzeugen, dass er ein ganz normaler Schüler gewesen sei. «Ohne Tamerlan wäre das nie passiert.» 

«Wollte Amerika bestrafen» 

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten eindeutig terroristische Absichten vor. «Er wollte dieses Land terrorisieren. Er wollte Amerika bestrafen», hatte Staatsanwalt Aloke Chakravarty bei seinem Schlussplädoyer am Montag gesagt. 

Die Brüder tschetschenischer Abstammung hätten in den Strassen von Boston einen dschihadistischen Krieg gegen US-amerikanische Bürger führen wollen und bewusst kleine Kinder ins Visier genommen. Dschochar Zarnajew sei vom Dschihad genauso überzeugt gewesen wie sein Bruder. 

Vor dem Gerichtsgebäude in Boston versammelten sich während der Urteilsverkündung Hinterbliebene und Überlebende. Zu den Toten zählte auch ein acht Jahre alter Junge, der sich den Marathon mit seinen Eltern anschaute. Viele der Opfer verloren durch die Bombensplitter Beine oder Arme. 

Dschochar Zarnajew und sein Verteidigungsteam vor Gericht
Dschochar Zarnajew und sein Verteidigungsteam vor GerichtBild: JANE FLAVELL COLLINS/EPA/KEYSTONE

Mit Nägeln gefüllte Sprengsätze 

Bei der Tat handelte es sich um den schwersten Terroranschlag in den USA seit dem 11. September 2001. Auf der Zielgeraden des Marathonlaufs hatten Tausende Zuschauer die Läufer angefeuert, als zwei zu Bomben umfunktionierte Schnellkopftöpfe explodierten. Sie waren mit selbst gebasteltem Sprengstoff und Nägeln gefüllt und in Rucksäcken versteckt worden waren. 

Dschochar Zarnajew flüchtete nach dem Tod seines älteren Bruders in den Bostoner Vorort Watertown. Zuletzt versteckte er sich in einem auf dem Trockenen liegenden Boot im Garten eines Hauses. Auf die Innenwand schrieb er radikal-islamische Botschaften, bevor die Polizei ihn stellte. 

Der US-Bundesstaat Massachusetts hatte Exekutionen zwar in den frühen 1980er Jahren abgeschafft und die letzte Hinrichtung fand 1947 statt. Aber da Zarnajew sich in einem Bundesverfahren verantworten muss, gilt für ihn Bundesrecht, das die Todesstrafe erlaubt. (jas/sda/dpa/afp) 

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Themen
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2