Eigentlich lässt man einen König nicht warten. Eigentlich. Die schwedischen Langläufer hatten diese royale Anstandsregel bei der Nordischen Ski-WM 2013 im italienischen Val di Fiemme arg strapaziert.
König Carl Gustaf höchstpersönlich hoffte am Streckenrand bereits eine ganze Woche auf den ersten Gold-Coup seit 20 Jahren durch einen seiner Untertanen – vergeblich. Die Schweden-Bilanz vor dem abschliessenden 50-Kilometer-Rennen: 6 Mal Silber, 0 Mal Gold.
Doch dann bekommt der König ganz grossen Sport geboten. Mittendrin: Sein Landsmann Johann Olsson und Dario Cologna.
Der Schweizer will es in der Königsdisziplin noch einmal wissen. Nachdem er zu Beginn in der 30-Kilometer-Verfolgung den WM-Titel erobert hatte, gab es anschliessend nur noch Frust. Über 15 Kilometer Skating fiel er enttäuschenderweise vom 3. auf den 8. Platz zurück und auch mit der Staffel blieben die Schweizer mit dem 6. Platz ohne Podestchance.
Das Motto an diesem frühlingshaften 3. März: Alle gegen Petter Northug. Das norwegische Schwergewicht hat bereits wieder zwei Weltmeistertitel auf sicher und soll bei den herrschenden warmen Verhältnissen für einmal sofort unter Druck gesetzt werden. Der Schweizer Curdin Perl macht den Anfang mit einem Angriff gleich nach dem Start.
Nach knapp zwölf Kilometern lanciert Johann Olsson eine Attacke und holt bald einige Sekunden Vorsprung heraus. Nur Cologna reagiert und schliesst als Einziger zum Schweden auf. Gemeinsam bilden sie während der nächsten zehn Kilometer das Führungsduo und laufen rund 15 bis 20 Sekunden vor dem Feld.
Dann geschieht es: In zweiter Position verliert Cologna während einer Abfahrt das Gleichgewicht. Der Bündner stürzt und fällt ins Feld zurück. Das Tempo sinkt schlagartig. Die Verfolger scheinen Johann Olsson als Einzelkämpfer ohne Colognas Unterstützung nicht ganz ernst zu nehmen und lassen ihn gewähren. Daraufhin baut der Schwede seinen Vorsprung bis auf 55 Sekunden aus.
In dieser Konstellation verrinnen Laufzeit und Kilometer. Das Feld versucht die Geschwindigkeit phasenweise zu erhöhen, doch die mangelnde Zusammenarbeit der Verfolger lässt die Bemühungen bei warmen 11 Grad immer wieder verpuffen.
Vorne kämpft Olsson seine Dämonen nieder und läuft mit unbändigem Willen seinen Stiefel runter. «Ich habe mich immer wieder gefragt, ob sich die Strapazen am Ende überhaupt lohnen würden. Ich habe versucht möglichst wenig zu denken», erinnerte er sich später. Das funktioniert. Drei Kilometer vor dem Ziel beträgt sein Vorsprung immer noch eine halbe Minute und plötzlich ist es für alle anderen zu spät.
Am Ende läuft der 32-jährige Schwede nach zwei Stunden und zehn Minuten mit 12,9 Sekunden Vorsprung vor Dario Cologna und 17 Sekunden vor dem Kasachen Alexei Poltoranin über die Ziellinie. Damit toppt er nach Bronze bei Vancouver 2010 den grössten Erfolg seiner Karriere.
Nun hat also auch der schwedische König endlich doch noch etwas zu feiern. Olsson wird mit seinem Triumph zum ersten schwedischen Langlauf-Weltmeister seit 20 Jahren. Darauf wartet auch seine Majestät gerne mal einige Tage am Streckenrand.
Dario Cologna zeigt sich trotz des Sturzes und des verrückten Rennverlaufs ebenfalls zufrieden: «Wer so lange alleine vorne weg läuft, hat den Sieg verdient. Bei Olssons Stärke musste für mich heute der zweite Platz das Ziel sein.»