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Unvergessen

Sean Simpson blickt zurück auf den Eishockey-WM-Halbfinal gegen die USA

ZUR NICHT-VERLAENGERUNG DES VERTRAGES ALS EISHOCKEY-NATIONALTRAINER DURCH SEAN SIMPSON AM MONTAG, 3. MÄRZ 2014, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Sean Simpson, top left, head c ...
So jubelten die Schweizer im Jahr 2013.Bild: KEYSTONE
Unvergessen

Die Geburtsstunde der Silberhelden: «Die USA rechneten nicht mit einem solch guten Gegner»

Heute vor sieben Jahren sichert sich die Schweiz in Stockholm mit einem 3:0-Sieg im Halbfinal gegen die USA die erste WM-Medaille seit 1953. Der damalige Nationaltrainer Sean Simpson blickt zurück.
18.05.2020, 10:1918.05.2020, 13:07
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Als das Schweizer Fernsehen am 8. Mai, am Tag, an dem die Heim-WM in Zürich und Lausanne hätte beginnen sollen, auf die Vorrundenspiele der WM 2013 zurückblickte, sass auch Simpson vor dem TV. Zwar liess er Szenen vom Turnier für eigene Zwecke herausschneiden, ansonsten hatte er sich aber keine Bilder mehr von damals angeschaut.

«Es gibt keine perfekte Partie, aber wir waren gegen die USA nah dran.»
Sean Simpson

Nun kamen die Emotionen sofort zurück. «Ich kann nicht glauben, dass es schon sieben Jahre zurückliegt. Ein paar Mal hatte ich Tränen in den Augen», sagte Simpson am Telefon. Für alle Involvierten würden diese zweieinhalb Wochen zu den besten ihres Lebens gehören. Daran ändert auch die 1:5-Niederlage im Final gegen Schweden nichts.

Die Highlights des Halbfinals.

Tatsächlich schafften die Schweizer Historisches. Nachdem sie zuvor sieben von acht Viertelfinalspielen an einer WM verloren hatten – nach dem Sieg 1992 in Prag verpassten sie als Vierte eine Medaille –, zogen sie am 18. Mai 2013 nach einer fantastischen Leistung gegen die USA in den Final ein. «Es gibt keine perfekte Partie, aber wir waren nah dran», erinnerte sich Simpson. «Und draussen schien die Sonne.»

Hatten die Schweizer im Viertelfinal gegen Tschechien (2:1) noch Druck verspürt, da sie diese Hürde nach einer nahezu makellosen Vorrunde unbedingt überspringen wollten, «spielten wir gegen die Amerikaner frei auf. Dass wir zuvor achtmal hintereinander gewonnen hatten, war für uns eine unglaubliche Sache. Das Selbstvertrauen war enorm, alle glaubten ans System und an das, was wir zuvor gemacht hatten.»

Zudem hätten die USA schon etwas mit dem Final geliebäugelt. «Sie hatten nicht mit einem solch guten und soliden Gegner gerechnet», erzählte Simpson und lachte. «Es war ein schnelles Spiel und ein hart umkämpfter Sieg.»

«Die Spielweise war das Wichtigste. Nur wenn alle das System fühlen, es mit Detail und Wille umsetzen, besteht die Chance auf Erfolg.»
Sean Simpson

Vor dem Turnier hatte es einige Skepsis gegeben. Simpson bot nicht weniger als sieben WM-Neulinge auf. Zudem fehlten wegen Verletzungen einige Leistungsträger. «Viele rechneten damit, dass wir die ersten drei Partien (gegen Schweden, Kanada und Tschechien) verlieren und dann unter Druck stehen», so Simpson.

Das Team sah das happige Startprogramm jedoch als Chance. Gegen die Skandinavier starteten die Schweizer zwar nervös, nach dem 1:0 von Matthias Bieber in der 23. Minute fanden sie aber ihr Spiel und gewannen 3:2. Nach dem Sieg gegen die Kanadier im Penaltyschiessen «waren wir im Lauf».

Ein Rückblick auf das ganze Turnier 2013.

Die Schweizer waren damals eine wirkliche Mannschaft. Simpson investierte einiges ins Teambuilding, das sei aber nicht der Grund für den Gewinn der Medaille gewesen. «Die Spielweise war das Wichtigste. Nur wenn alle das System fühlen, es mit Detail und Wille umsetzen, besteht die Chance auf Erfolg.»

Diesbezüglich hätten die Siege zu einem Schneeballeffekt geführt. «Jeder Tag war für uns ein ‹Happy Day›. Es gab keine Niederlage, die wir wegstecken mussten.» Simpson ist jedoch überzeugt, «dass wir mit dieser Mannschaft auch Erfolg gehabt hätten, wenn wir ein paar Mal verloren hätten. Der Charakter war top. Wir hatten super Persönlichkeiten, und die Mischung zwischen jungen und routinierten Spielern stimmte.»

«Ich glaube immer noch, einer Mannschaft helfen zu können.»
Sean Simpson

Nach der WM 2014 trennten sich die Wege von Simpson und dem Schweizer Verband. Zuletzt arbeitete der britisch-kanadische Doppelbürger im Trainerstab von Fribourg-Gottéron. Wegen der derzeit unsicheren Situation aufgrund des Coronavirus konnte der Vertrag jedoch nicht verlängert werden – zumindest vorerst nicht.

Cheftrainer und Sportdirektor Christian Dube und Sean Simpson, von links, beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen dem EV Zug und Fribourg-Gotteron, am Freitag, 1. November 2019 ...
Vorerst hat Simpson in Fribourg von Trainer-Sportchef Christian Dubé keinen weiteren Vertrag erhalten.Bild: KEYSTONE

So oder so ist Simpson mit sich im Reinen. «Ich habe als Coach während 28 Jahren auf einem sehr hohen Niveau gearbeitet. Dass es neben Hochs auch Tiefs gegeben hat, ist normal. Ich bin zufrieden mit meiner Karriere und kann mittlerweile auch gut ohne Eishockey leben.»

Simpson betonte aber, dass er hiermit nicht den Rücktritt erkläre. «Ich glaube immer noch, einer Mannschaft helfen zu können. Die Leidenschaft ist weiterhin vorhanden.» Zunächst einmal sei es aber wichtig, dass die Normalität einigermassen zurückkehre. «Dann können wir über Eishockey und Sport allgemein diskutieren.» (abu/sda)

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Alle Playoff-Topskorer seit der Saison 2002/03
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Saison 2020/21: Jan Kovar, EV Zug , 13 Spiele, 15 Punkte (1 Tor, 14 Assists)
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3 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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BeatBox
18.05.2020 13:04registriert Januar 2014
Was für Emotionen! Das kann (fast) nur der Sport bieten!

Die Videos: Hühnerhaut pur!
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Pesche Buri
18.05.2020 17:59registriert Januar 2020
Eishockey ist der geilste Teamsport! Hart, schnell, intensiv, instinktiv und stark.
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Pana
18.05.2020 17:08registriert Juni 2015
"Vor dem Turnier hatte es einige Skepsis gegeben."

Ich mag mich erinnern, wie in einem grösseren nationalen Hockeyforum gewisse Leute Simpson massiv kritisierten, und vor einem möglichen Abstieg an jener WM warnten :D
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7 Mal, als ein Spiel 7 der Schweizer Eishockey-Playoffs besonders dramatisch war
Nie ist Eishockey spannender als in den Playoffs. Dann, wenn es um alles oder nichts geht, wird die eine oder andere Geschichte geschrieben, von der man sich noch Jahre später erzählt. Wir werfen einen Blick zurück auf sieben denkwürdige siebte Spiele der Schweizer Eishockey-Playoffs, die bis heute nachhallen.

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