Was wird Spaniens König Juan Carlos I. auf der Ehrentribüne im Santiago Bernabeu nur zugemutet? Das Endspiel der Copa Del Rey – dem Königspokal, seinem Cup also – zwischen Barcelona und Bilbao artet nach dem Schlusspfiff in eine wilde Prügelei aus. Mittendrin: Diego Armando Maradona. Es wird sein letzter Auftritt für Barça sein.
Die Vorgeschichte ist lang und beginnt eigentlich schon 1981, als Bilbaos Andoni Goikoetxea Barcelonas blonden Engel Bernd Schuster übel verletzt. Die Duelle zwischen Bilbao und Barcelona elektrisieren damals. Beides sind Spitzenteams – doch völlig verschieden ihre Ansichten. Hier die Basken, da die Katalanen. Hier die Handwerker, da die Künstler. Hier die Rumpelkicker, da die Zauberer. Hier der regionale Verein, da die Weltauswahl. Man mag sich nicht; nein, man hasst sich gar.
Die Partien sind immer giftig. Auch im September 1983. Andoni Goikoetxea säbelt dabei Diego Maradona brutal um. Der Argentinier fällt monatelang aus. «Goikos» zweiter Spitzname – «Der Schlächter von Bilbao» – ist spätestens jetzt allen bekannt.
Maradona wagt im Januar 1984 ein Comeback. Bald kommt es zum Wiedersehen mit Bilbao. Barcelona gewinnt mit einem wie besessenen Maradona 2:1. Der Argentinier schiesst beide Tore. Trotzdem reicht es am Ende nicht für den Meisterschaftstitel. Ausgerechnet Bilbao steht den Katalanen wieder vor der Sonne. Die letzte Hoffnung auf einen Pokal: Das Cup-Final zwei Tage nach dem Meisterschafts-Ende. Gegen Bilbao.
Fraglos kochen die Emotionen schon vorher hoch. Maradona sah im zweitletzten Meisterschaftsspiel gegen Espanyol noch die Rote Karte, wurde aber nur eine Partie gesperrt und darf im Cup ran. Bilbaos Trainer Javier Clemente stichelt via Medien, Maradona reagiert und sagt: «Clemente hat nicht die Eier, mir in die Augen zu schauen und zu sagen, ich sei dumm.» Der Trainer reagiert natürlich: «Es ist schade, dass ein Spieler, der so viel Geld verdient, keine menschlichen Qualitäten besitzt.»
Der 80. Cupfinal selbst hält vor 100'000 Zuschauern in Madrid zumindest sportlich nicht, was man sich erhofft. Bilbao siegt 1:0 dank einem Treffer in der 13. Minute von Endika. Aber zu reden gibt die Partie ohne Ende.
Maradona sei während der ganzen Partie von Gegnern und Zuschauern provoziert worden. Bei einem Foul von Goikoetxea habe er sich zudem eine blutige Wunde zugezogen. Als auch noch Bilbaos Sola den «Gaucho» aufzieht und Barcelona den Titel verpasst, dreht Maradona kurz nach dem Schlusspfiff durch.
Er verpasst Sola eine Kopfnuss, rammt ihm den Ellbogen ins Gesicht, kickt einen Betreuer nieder, De Andres (Nummer 6) kassiert einen Tritt, Goikoetxea (Nummer 5) mischt sich ein, genauso wie Sarabia, und auf Seiten Barcelonas kommen Clos und Migueli in Kung-Fu-Manier dahergeflogen. Auch auf den Zuschauerrängen kommt es zu Ausschreitungen. Zäune werden niedergerissen, einige stürmen das Feld und am Ende werden 60 Verletzte gezählt.
Auf der Tribüne sitzt natürlich auch Barcelonas Präsident Josep Lluis Nunez, mit dem sich Maradona nicht gut versteht. Ein Barça-Mitglied erklärt später: «Als wir diese Szenen sahen, wussten wir, dass wir Maradona nicht mehr halten können.» Tatsächlich wird es das letzte Spiel für den Spielmacher im Dress der Katalanen sein. Wenig später wird er für die damalige Rekordsumme an Napoli verkauft – wo er sich unsterblich macht.
Goikoetxea habe Maradona irgendwann verziehen, wie er einmal erklärte. «Aber Clemente werde ich nie vergeben. Er meinte damals nach dem Foul, dass er erst eine Woche abwarten wolle, um zu sehen, wie schwer die Verletzung wirklich ist.» Ein schlechtes Gewissen hatte nach dem Chaos im Cupfinal aber auch Maradona selbst. So erbat er eine Audienz bei König Juan Carlos I. und entschuldigte sich für sein Verhalten. Barcelona und Bilbao trafen seither noch zweimal im Endspiel der Copa Del Rey aufeinander. 2009 siegte Barça 4:1, 2012 3:0. Von Hassduellen war nichts mehr zu spüren.
Goikoetxea, der 39-mal für Spanien auflief, wurde übrigens von der «Times», wie auch von «11Freunde» jeweils auf Rang 1 der härtesten Spieler der Fussballgeschichte gesetzt. Seine Schuhe hängte der eisenharte Verteidiger 1990 an den Nagel. Seither arbeitete er mehr oder weniger erfolgreich als Trainer. Zuletzt übernahm er im März 2013 die Nationalmannschaft Äquatorialguineas, wurde aber wenige Tage vor dem Afrika-Cup 2015 entlassen.