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Ende der Neunzigerjahre spielten die Aktienmärkte verrückt. In der so genannten Dotcom-Blase wurde jeder Titel, der das Kürzel «.com» trug, in absurde Höhen hinaufgejubelt, selbst wenn das Unternehmen noch keinen Cent verdient hatte. Grund für den Boom war ein unbegrenzter Optimismus bezüglich des Internets und der damit verbundenen neuen Geschäftsmodelle.
Derzeit melden die US-Aktienmärkte wieder neue Rekordstände. Doch von Optimismus kann nicht die Rede sein. Im Gegenteil, es herrscht geradezu Weltuntergangsstimmung. «Paradoxerweise sind die Aktienkurse am höchsten, wenn die Menschen am pessimistischsten sind», erklärt Robert Shiller, Ökonomieprofessor und Nobelpreisträger, im «Wall Street Journal».
Tatsächlich sind die fundamentalen Daten für Investoren derzeit alles andere als erfreulich. Staats- und Unternehmensanleihen in der Höhe von gegen 13 Billionen Dollar haben einen negativen Zins. Das entspricht fast der Hälfte aller westlichen Obligationsschulden. «Historisch gesehen ist das aussergewöhnlich», stellt Gillian Tett in der «Financial Times» fest. «Vor allem, weil die Investoren sich auf diese Anleihen stürzen, obwohl sie damit am Ende der Laufzeit Geld verlieren.»
Aktienboom im Zeitalter des Pessimismus, Obligationen-Rally bei negativen Zinsen – wie lässt sich das erklären? Die Aktien profitieren davon, dass mit den Anleihen keine Rendite mehr zu erzielen ist. Die Unternehmen müssen ihre Gewinne gar nicht mehr steigern, um den Kurs in die Höhe zu drücken. Sie erhalten dabei Unterstützung von den Notenbanken. Die Investoren «gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft schwach genug ist, dass die Zentralbanken weiterhin billiges Geld ins System pumpen, aber nicht so schwach, dass die Gewinne einbrechen», wie das «Wall Street Journal» feststellt.
Die Obligationen profitieren von der Unsicherheit über die geopolitische Lage. Der Brexit, die explosive Lage im Nahen Osten, der Türkei und der Ukraine sowie der Vormarsch der Populisten verunsichern die Investoren. Deshalb sind sie bereit, auf Rendite zu verzichten, und stürzen sich auf die sicheren Anleihen.
Die Gewinner dieser Situation sind die Schwellenländer. Allein in den letzten sechs Wochen sind rund 18 Milliarden Dollar in die aufstrebenden Märkte geflossen. Der MSCI, der Aktienindex der Schwellenländer, ist seit Beginn des Jahres mehr als 30 Prozent gestiegen. Südafrikanischer Rand, mexikanischer Peso und russischer Rubel – alle haben in den letzten Wochen zugelegt.
Auch dieser Sinneswandel kam sehr schnell. Wurde noch zu Beginn dieses Jahres über einen Crash des chinesischen Bankensystems spekuliert und eine lange Rezession der brasilianischen und russischen Wirtschaft in Aussicht gestellt, so wird derzeit alles viel rosiger dargestellt. China habe seine Banken im Griff und Brasilien und Russland hätten ihren Schwächeanfall so gut wie überwunden, heisst es nun.
Dazu gesellt sich ein sehr pragmatisches Element für den neuen Schwellenländer-Boom. «Ob Obligationen, Währungen oder Aktien: Die Schwellenländer bieten immer noch eine Rendite von rund sechs Prozent und können daher von keinem ignoriert werden, der Rendite braucht», heisst es in einer Analyse der Bank JP Morgan.
Nicht alle haben Vertrauen in die Pessimismus-Blase. Ein paar der altgedienten Schlachtrösser steigen aus. Einer von ihnen ist der «Anleihen-König» Jeffrey Gundlach. In der «New York Times» zitiert er Wort-Gemälde von Christopher Wool, wo es heisst: «‹Verkauf das Haus, verkauf das Auto, verkauf die Kinder.› Genau so fühle ich mich derzeit – verkauf alles. Es gibt nichts mehr, das gut aussieht.»
Selbst der legendäre Investor George Soros hat die Schnauze voll. Er hat sich im grossen Stil mit Put-Optionen eingedeckt. Und bei Soros lautet die Devise: Nicht kleckern sondern klotzen. Er setzt mit rund einer Milliarde Dollar auf einen Börsencrash.