Donald Trump und Jeff Sessions waren ziemlich beste Freunde – bis der Justizminister wegen seiner Kontakte zu den Russen während des Wahlkampfes in den Ausstand treten musste und dem Präsidenten keinen Flankenschutz mehr bieten kann. Sessions hat kein Mittel, Robert Mueller, den Sonderermittler in der Russland-Frage, zu stoppen. Das verursacht beim Präsidenten heftiges politisches Bauchgrimmen.
Trump will deshalb Sessions loswerden, doch dieser mag seinen Job und denkt nicht daran, freiwillig zurückzutreten. Deshalb hat man im Team des Präsidenten einen perfiden Plan ausgeheckt: Der Finanzminister wird während der Sommerpause gefeuert. Weil der Kongress nicht tagt, muss bis im September ein allfälliger Nachfolger auch nicht von den Senatoren bestätigt werden.
Dieses Zeitfenster kann somit genutzt werden, sich elegant von dem in Ungnade geratenen Justizminister zu trennen. Der neue Justizminister seinerseits wird dann den Sonderermittler in die Wüste schicken.
Soweit der Plan. Er mag genial sein, hat aber einen kleinen Haken: Sessions ist bei der Trump-Basis sehr beliebt. Seine öffentliche Abwatschung durch den Präsidenten im legendären «New-York-Times»-Interview ist selbst bei den Hardcore-Fans schlecht angekommen. So hat etwa der sonst streng Trump-gläubige «Fox-News»-Moderator Tucker Carlson die präsidiale Schelte heftig kritisiert.
Auch Rudolph W. Giuliani – ebenfalls ein Trump-Jünger der ersten Stunde – geht in der Sessions-Frage auf Distanz. Der ehemalige Bürgermeister von New York will auf keinen Fall Sessions-Nachfolger werden und erklärte gegenüber «CNN», dieser habe «unter den gegeben Umständen zurecht beschlossen, in den Ausstand zu treten».
Ebenfalls kein Interesse am Job des Justizministers hat Ted Cruz, der erzkonservative Senator aus Texas. Er liess in einer Medienmitteilung ausrichten, er sei «äusserst zufrieden, dass ein so prinzipientreuer Konservativer wie Jeff Sessions als Justizminister amtet.»
Selbst Newt Gingrich, der Trump täglich auf Fox News verteidigt und ebenfalls dafür plädiert, den Sonderermittler zu feuern, stellt sich quer, wenn es um Sessions geht. Er «wehre sich heftig» gegen eine mögliche Entlassung des Justizministers, erklärte der ehemalige Chefideologe der Grand Old Party (GOP).
Trump muss daher hoffen, dass Sessions freiwillig zurücktritt. Das würde jedoch seine ohnehin schon prekäre Lage weiter verschlimmern. Seine Umfragewerte sind bereits jetzt im Keller. Sessions Abgang würde die negative Tendenz noch verstärken.
Schlechte Umfragewerte sind Gift für Trump. Die viel zitierte Nibelungentreue der Republikaner ist kein Schutz dagegen. Innerhalb der GOP ist Trump nicht mehr unbestritten. «Macht euch nichts vor: Die republikanische Unterstützung für den Präsidenten ist brüchig geworden», schreibt David Leonhardt in der «New York Times».
Die Distanz zwischen dem Präsidenten und der GOP zeigt sich etwa bei einem neuen Gesetz, das härtere Sanktionen gegen Russland verlangt. Es ist im Senat fast einstimmig verabschiedet worden, obwohl das Weisse Haus kein Hehl daraus macht, dass es nicht erwünscht ist. Trump hat soeben mit Putin einen Waffenstillstand in Syrien ausgehandelt und hat kein Interesse an einem möglichen Konflikt mit Moskau.
Trumps Schwiegersohn Jared Kushner wird ebenfalls zu einem Handicap. Sein Auftritt vor dem Senatsausschuss und die Teilnahme an einem Meeting, in dem eine russische Anwältin belastendes Material über Hillary Clinton in Aussicht stellte, sind schlecht angekommen. Kushners Verteidigung, er sei noch jung und politisch naiv, wird auf allen Kanälen verspottet.
Mit Anthony Scaramucci – genannt «the Mooch» – hat Trump einen neuen Kommunikationschef eingesetzt. Er ist überzeugt, dass seine Probleme vor allem daher stammen, dass es dessen Vorgänger Sean Spicer nicht gelungen ist, den Bürgerinnen und Bürgern klar zu machen, was er alles Grossartiges geleistet hat.
«The Mooch» könnte sich jedoch als grösster Irrtum des Präsidenten herausstellen. Im Weissen Haus herrscht Chaos, und mit Scaramucci könnte dieses Chaos noch schlimmer werden. Insider schliessen bereits Wetten ab, wann es zwischen dem Chefstrategen Steve Bannon und dem «Mooch» zu einem Machtkampf kommen wird. Kurz: Trump hat kein Kommunikationsproblem, er hat ein Realitätsproblem.