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Zusammen mit VW, BMW, Daimler und Siemens ist die Deutsche Bank (DB) der Stolz der Deutschen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1870 ist sie so etwas wie das Herz der Wirtschaft. Legendäre Banker wie Hermann Josef Abs, Alfred Herrhausen oder Hilmar Kopper haben sie geleitet und damit das wirtschaftliche Geschehen der grössten europäischen Volkswirtschaft massgeblich beeinflusst. Die DB war die Hausbank der deutschen Elite.
Heute ist die DB das grösste Sorgenkind von Angela Merkel & Co. geworden. Schon im Sommer hat der Internationale Währungsfonds die Bank als «grösstes Risiko für das internationale Finanzsystem» bezeichnet. Seither hat sich die vom ehemaligen UBS-Mann John Cryan geleitete Bank nochmals massiv verschlechtert.
Das US-Justizministerium (DoJ) hat die DB wegen der Täuschung von Kunden in der Subprimekrise zu einer Busse in der Höhe von 14 Milliarden Dollar verbrummt, selbst für amerikanische Verhältnisse eine Rekordsumme. Die DB hat denn auch umgehend erklärt, dass sie diese Strafe auf keinen Fall akzeptieren werde. Derzeit wird über die definitve Höhe der Busse verhandelt.
14 Milliarden Dollar könnte die DB nicht verkraften. Letztes Jahr hat sie einen Verlust von 6.8 Milliarden Euro eingefahren. CEO-Cryan hat die Aktionäre bereits vorgewarnt, dass auch dieses Jahr keine Dividende zu erwarten sei. Für Bussen aus den USA hat die Bank gerade mal 5.5 Milliarden Euro Rückstellungen getätigt.
Damit nicht genug: Insgesamt muss die DB noch rund 7000 Rechtsfälle bereinigen. So wird sie unter anderem beschuldigt, russisches Geld gewaschen zu haben. Die Eigenkapitaldecke ist bereits bedrohlich geschmolzen und beträgt – gemessen nach dem gewichteten Verfahren – noch knapp zehn Prozent. Damit gehört die DB zu den weltweit am schlechtesten kapitalisierten Grossbanken.
Die Schwierigkeiten haben auch die Aasgeier auf den Plan gerufen. Verschiedene Hedge-Funds haben angekündigt, ihr Geld bei der DB abzuziehen. Der Aktienkurs ist zum Spielball der Spekulanten geworden und befindet sich seit Tagen auf einer Achterbahn.
Ist selbst eine Pleite der DB denkbar geworden? Nein, sie ist der klassische Fall einer «too big to fail»-Bank, einer Bank, die auf jeden Fall gerettet werden muss. Sollte die DB umfallen, wären die wirtschaftlichen Folgen nicht auszudenken. Ich zumindest würde dann ernsthaft in Erwägung ziehen, mir einen Notvorrat anzulegen.
So weit wird es jedoch mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht kommen. Angela Merkel hat zwar bereits betont, dass die Regierung der DB auf keinen Fall finanzielle Unterstützung zukommen lasse, doch letztlich hätte die Kanzlerin gar keine andere Wahl. Zu fatal wären die Folgen eines Konkurses. Kommt dazu, dass die DB gemäss Angaben des «Wall Street Journal» bei der Europäischen Zentralbank noch Zugang zu zinslosen Darlehen in der Höhe von mehr als 200 Milliarden Euro hätte.
Der Reputationsschaden der DB ist jedoch gewaltig – ebenso die Schadenfreude. Vor allem in Italien reibt man sich die Hände. Im Fall der italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena waren aus Berlin nur Ermahnungen zu hören, dass der Staat der ebenfalls schwer angeschlagenen Bank keineswegs unter die Arme greifen dürfe. Auch den Griechen wurde untersagt, ihre maroden Banken mit Staatsgeldern retten.
«Gäbe es da nicht das enorme Systemrisiko, würden wir lächelnd zuschauen, wie Deutschland jetzt mit denselben Problemen ringt, welche Italien seit einiger Zeit unter dem wachsamen Auge der Deutschen zu lösen versucht», schrieb der Wirtschaftsjournalist Andrea Bonanni in der Zeitung «La Repubblica».
Premierminister Matteo Renzi, der sonst immer öfters gegen Merkel mault, hält sich zurück. Die deutschen Behörden würden das Problem bald in den Griff bekommen, liess er verlauten.
Eine rasche Genesung der DB ist jedoch unwahrscheinlich. Das Problem der Bank besteht nicht darin, dass sie zu viele schlechte Kredite in den Büchern hat. Es liegt daran, dass das Geschäftsmodell nicht mehr stimmt. Unter der Führung des Schweizer Bankers Josef Ackermann wollte die DB beides sein: eine führende Retail- und eine führende Investmentbank.
Nach der Finanzkrise wurde dieser Kurs beibehalten. 2014 fällten die damaligen Chefs, Anshu Jain und Jürgen Fitschen, einen Grundsatzentscheid. Während im Nachgang der Finanzkrise rund um den Globus das Investmentbanking abgebaut wurde, setzten die beiden damaligen Chefs auf das Gegenteil: Sie wollten die Deutsche zur grössten Investmentbank Europas ausbauen und so ein Gegenwicht zu den Titanen der Wall Street bilden.
Heute zeigt sich, dass dies ein Jahrhundert-Fehlentscheid war. Die DB ist heute keine führende Retailbank und hat im Investmentbanking den Anschluss zu Goldman Sachs und JP-Morgan verloren. Um die DB halbwegs über Wasser zu halten, muss John Cryan nun das Haussilber verhökern.
Die DB wird nicht untergehen, aber es dürfte dauern, bis sie wieder zu alter Stärke finden wird. Das hat auch eine positive Seite: Möglicherweise steigt man nun auch in Berlin ein bisschen vom hohen Ross. Eine Bankenunion wie sie führende Ökonomen schon längst fordern, könnte so in den Bereich des Möglichen rücken.