«Ich wünschte, es wäre alles nur eine Übertreibung», seufzt Eugene Robinson in der «Washington Post». «Aber der Hof des verrückten Königs Donald ist keine Präsidentschaft. Es ist eine schwere Krankheit, die das Leben aus unseren demokratischen Institutionen absaugt, und die vehement bekämpft werden muss, wenn unsere Nation überleben soll.»
Das mag pathetisch klingen – ist es aber nicht. In den USA herrschen Chaostage. Die Amerikanerinnen und Amerikaner haben die verrücktesten Tage einer verrückten Regierungszeit unter Donald Trump hinter sich. Und das Schlimmste steht noch bevor.
Die jüngste Episode im Trump’schen Tollhaus ist ein Bruderkrieg zwischen dem Stabschef Reince Priebus und dem neuen Kommunikationschef Anthony Scaramucci, genannt «the Mooch». Dieser wurde erst vor Wochenfrist von Trump ins Weisse Haus berufen und ist – was ungewöhnlich ist – direkt dem Präsidenten unterstellt. Zuvor hatte Priebus zusammen mit dem Chefstrategen Steve Bannon mit allen Mitteln die Ernennung des Mooch zu verhindern versucht.
Einmal mehr hat Trump sein bewährtes Teile-und-herrsche-Prinzip angewandt. Er hetzt die eigenen Leute gegeneinander auf und schaut, wer am Schluss noch aufrecht stehen kann. Doch diesmal droht das Ganze aus dem Ruder zu laufen.
Kaum im Amt, hat Mooch seine Konkurrenten auf Übelste beschimpft. In einem Gespräch mit einem Reporter des «New Yorker» hat er Priebus einen «paranoiden Schizophreniker» genannt und Bannon beschuldigt, er würde «seinen eigenen Schwanz lutschen».
Gleichzeitig hat Trump seinen loyalsten Mitstreiter, den Justizminister Jeff Sessions, in mehreren Tweets öffentlich niedergemacht und ihn als «schwach» bezeichnet. Im Trump-Lager weiss inzwischen niemand mehr, wer mit wem gegen wen kungelt, und wer als Nächster gefeuert werden soll.
Das zehrt an den Nerven. Indiskretionen werden zuhauf an die Journalisten weitergeleitet, die wenigen Erwachsenen in der Truppe denken an Rücktritt. Bereits wird gemunkelt, dass Sicherheitsberater H. R. McMaster und Aussenminister Rex Tillerson das Handtuch werfen wollen.
Der Bruderkrieg im Weissen Haus wirkt ansteckend. Weil sie sich gegen die Abschaffung von Obamacare gewandt haben, werden die beiden republikanischen Senatorinnen Susan Collins und Lisa Murkowski von ihren männlichen Kollegen gemobbt. Das Weisse Haus will bei diesem Treiben nicht hintanstehen. Trump soll Innenminister Ryan Zinke angewiesen haben, Bundesgelder für Projekte in Alaska zu stornieren. Senatorin Murkowski vertritt diesen Staat.
Bei den Konservativen wächst das Unbehagen über das Chaos im Weissen Haus. Newt Gingrich, sonst ein bedingungsloser Trump-Fan, kritisiert das grossmaulige Vorgehen des neuen Kommunikationschefs Scaramucci. Karl Rove, einst Chefstratege unter George W. Bush, warnt derweil in seiner «Wall Street Journal»-Kolumne den Präsidenten, weiter auf Jeff Sessions einzudreschen: «Mr. Trump sollte in Erwägung ziehen, wie hässlich die nächsten sechs Monate sein werden, wenn er weiterhin Sessions angreift.»
Das Chaos schränkt zunehmend den politischen Spielraum des Präsidenten ein. So haben Abgeordnetenhaus und Senat fast einstimmig einem Gesetz zugestimmt, das härtere Sanktionen gegen Russland verlangt. Trump ist darüber sehr verärgert und überlegt sich, sein Veto dagegen einzulegen – angeblich, um ein noch härteres Gesetz auszuarbeiten, wie Scaramucci angedeutet hat. Auf diesen Bluff wird der Kongress nicht hereinfallen und ein allfälliges präsidiales Veto mit einer Zweidrittelsmehrheit aushebeln.
Der hässliche Bruderkrieg und die Obszönitäten zeigen inzwischen Wirkung. In den Umfragen ist Trumps Beliebtheit mittlerweile unter 40 Prozent gesunken – ein katastrophaler Wert. Das Desaster bei der Gesundheitsreform dürfte diese Zahl noch weiter nach unten drücken. Schlechte Umfragewerte sind das beste Heilmittel gegen grössenwahnsinnige Präsidenten.
Trump ist ganz offensichtlich grössenwahnsinnig geworden. An einer Rally in Ohio bezeichnete er sich als grössten Präsidenten seit Abraham Lincoln. Mit anderen Worten: Trump stellt sich über die beiden Roosevelts, John F. Kennedy und Ronald Reagan!
In seinem Wahn ist Trump unfähig, eigene Fehler einzugestehen. Stattdessen startet er Gegenattacken. Deshalb greift er neuerdings wieder Hillary Clinton an und verlangt, dass auch gegen sie ermittelt wird. Ebenso hat er eigenmächtig mit einem Tweet alle Transgender aus der Armee verbannt. Offenbar hat er dies getan, ohne seine Generäle zu informieren. Deshalb ist auch nicht klar, wann dieser Bann in Kraft treten soll.
Nur die Absicht des Präsidenten ist klar: Mit einem wieder entfachten Kulturkrieg soll vom Bruderkrieg im Weissen Haus abgelenkt werden. Es ist wenig wahrscheinlich, dass diese Taktik aufgehen wird. Das ist fatal: Der verrückte König Donald könnte bald versucht sein, einen richtigen Krieg zu beginnen.