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Die Schweiz ist der Kanton Zug der Welt

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Die Schweiz ist der Kanton Zug der Welt

Das neue Sorgenbarometer der Credit Suisse zeigt auf: Wir vertrauen Politikern und Medien und wissen, dass wir von der Globalisierung profitieren.
30.11.2016, 12:0701.12.2016, 08:33
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Die grösste Sorge der Schweizer Bevölkerung ist die Arbeitslosigkeit. Das zeigte das neueste CS-Sorgenbarometer. Doch gleichzeitig haben neun von zehn Schweizerinnen und Schweizer überhaupt keine Angst, den eigenen Job zu verlieren. Besser kann man die aktuelle Situation unseres Landes nicht beschreiben. Wir sind ein selbstzufriedenes Volk geworden, das unter Phantom-Sorgen leidet.  

ZUR MELDUNG, DASS SICH DER ROHWARENHAENDLER UND BERGBAUKONZERN GLENCORE IM ERSTEN HALBJAHR NOCH IN DER VERLUSTZONE BEFAND, STELLEN WIR IHNEN AM MITTWOCH 24. AUGUST 2016 FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUE ...
Der Rohstoff-Händler Glencore ist typisch für den Kanton Zug. Bild: KEYSTONE

Kein Aufstand der Beklagenswerten bei uns

Seit dem Trump-Triumph ist von einem «Aufstand der Beklagenswerten» die Rede. Die Verlierer der Globalisierung – primär die weissen Mittelstandsmänner – hätten zum Sturmlauf gegen die «Classe politique» und eine kulturelle Elite, sprich linke Mainstream-Journalisten, angesetzt und würden jetzt Multikulti und Freihandel den Garaus machen, heisst es.  

«Alle Mediengattungen gelten mehrheitlich als vertrauenswürdig.»
CS-Sorgenbarometer

Davon ist bei uns nichts zu spüren. Hass auf die Politiker? Fehlanzeige. Die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer hat Vertrauen in den Bundesrat, die staatliche Verwaltung und auch in die Parteien. «Dieses Vertrauen hat in den letzten zehn Jahren markant zugenommen», ergänzt Lukas Golder vom Meinungsforschungsinstitut GFS, das die Befragung bei mehr als 1000 Personen durchgeführt hat.  

Schweizer wissen, dass sie zu den Gewinnern der Globalisierung gehören

Vertrauensverlust in die Medien? Nicht die Bohne. «Alle Mediengattungen gelten mehrheitlich als vertrauenswürdig», heisst es in dem Bericht. «Alle Werte sind seit dem letzten Jahr gestiegen.»  

Den Schweizerinnen und Schweizern ist sehr wohl bewusst, dass sie zu den Gewinnern der Globalisierung gehören. Deshalb sind – je nach Wissensstand – die Hälfte für den Freihandelsvertrag TTIP (diejenigen, die wissen, worum es sich handelt). Die Nichtinformierten sprechen sich sogar zu 63 Prozent für das umstrittener Freihandelsabkommen aus.  

Kleine Minderheit will Bilaterale aufkündigen

Bad News auch für Christoph Blocher und seine SVP: Gerademal 19 Prozent wollen die bilateralen Verträge aufkündigen. Knapp die Hälfte kann sich gar einen EWR-Beitritt vorstellen. Gleichzeitig steht jedoch die Ausländerfrage an zweiter Stelle des CS-Sorgenbarometers. Nicht nur die Politiker haben also Mühe, die Forderung der Masseneinwanderungs-Initiative und die wirtschaftliche Realität unter einen Hut zu bringen.  

Weltweit gesehen kann man die Schweiz mit dem Kanton Zug vergleichen. Sie hat einen hohen Wohlstand, tiefe Steuern, eine ausgezeichnete Infrastruktur, Gesundheits- und Bildungswesen befinden sich auf höchstem Niveau – und wir sind ein bisschen langweilig.  

Zuger können sich Zug nicht mehr leisten

Der Kanton Zug hat aber seit Jahren ein Problem. Weil er für Reiche so attraktiv geworden ist, sind die Immobilienpreise explodiert. Expats aus allen Teilen der Welt können sich das leisten. Der untere Mittelstand muss jedoch zunehmend in die umliegenden Kantone ausweichen. Wollen wir also wirklich eine «Zugerisierung der Schweiz»?

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104 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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saukaibli
30.11.2016 13:55registriert Februar 2014
Dass die Schweizer trotz der guten Lage Angst vor dem Jobverlust haben ist der Verdienst der Wirtschaftsverbände und deren Lobby. Jedesmal wenn die Politik droht etwas einzuführen, das den Grosskonzernen ein kleines bisschen weniger Gewinn bescheren könnte, drohen sie damit, dass sie Leute entlassen resp. die Schweiz verlassen werden. Das führt dazu, dass wir in einer modernen Form der Sklaverei leben und die Sklavenhalter sind die Wirtschaftseliten. Wir Menschen dienen heute Wirtschaft anstatt dass die Wirtschaft uns dient.
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piedone lo sbirro
30.11.2016 14:41registriert November 2016
zug wird seit jahren bürgerlich regiert.
wenns ums geld geht, kennt die svp weder recht noch anstand. reiche ausländer und (offshore) firmen kommen wegen den tiefen steuern nach zug und in die schweiz, und versuchen dann noch weniger zu bezahlen. dies sind die wahren kriminellen in unserem land, denn sie vergehen sich an dem ehrlichen steuerzahler.
glencore z.b. betreibt rohstoff abbau im kongo auf kosten der einheimischen bevölkerung. den bürgerlichen ist das egal - hauptsache wohlstand.
die weltwoche kürte zug kürzlich zur "attraktivsten" gemeinde der schweiz. welcome to svp!
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Linus Luchs
30.11.2016 15:17registriert Juli 2014
Das Vertrauen in die Politik habe also zugenommen. Zur Erinnerung: Bevor Schneider-Ammann Bundesrat wurde, hat er als Firmenchef Millionenbeträge auf Offshore-Konten versteckt, als Wirtschaftsminister bezeichnet er das als "korrekt". Finanzminister Maurer äussert öffentlich Verständnis für die, die Milliarden dem Fiskus entziehen. Und das bürgerlich dominierte Parlament beschliesst, dass die, die verstecktes Vermögen doch noch deklarieren, mit Steuerrabatt belohnt werden. Aber die Mehrheit des Volkes vertraut der Politik. Wie ist das möglich? Liegt das nicht auch an einem Versagen der Medien?
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