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«Es gibt kein einziges Land mit Zwängen, wie sie die Goldinitiative verlangt»

Edelmetalle sind in der heutigen Währungspolitik nicht mehr von Nöten.
Edelmetalle sind in der heutigen Währungspolitik nicht mehr von Nöten.Bild: MICHAEL DALDER/REUTERS
Wirtschaftsprofessor Sergio Rossi

«Es gibt kein einziges Land mit Zwängen, wie sie die Goldinitiative verlangt»

09.11.2014, 13:5709.11.2014, 14:20
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Das Gold hat zwar kaum etwas von seiner Ausstrahlungskraft verloren. Für die Währungspolitik aber spielt es seit sechzig Jahren keine Rolle mehr. Die Herausgabe von Papiergeld hängt damit längst nicht mehr von der Goldmenge ab, die ein Staat sein eigen nennt.

Wenn heute von Silber oder Gold gesprochen wird, so löse das immer noch unüberlegte und irrationale Reaktionen aus, sagt Professor Sergio Rossi, Inhaber des Lehrstuhls für monetäre Makroökonomie der Universität Freiburg. Diese Reaktionen basierten auch auf der Bedeutung des Reichtums oder dessen Fehlen im Leben der Individuen, ob sie nun reich seien oder nicht.

Noch 1040 Tonnen Gold auf Reserve

So ist es für den Experten nicht erstaunlich, dass sich Ende Oktober bei der traditionellen SRG-Umfrage im Vorfeld der Abstimmung über die Goldinitiative vom 30. November 44 Prozent der Befragten für die Annahme der Volksinitiative «Rettet unser Schweizer Gold» ausgesprochen haben. Die Unkenntnis über die Wirtschaftsmechanismen würden das Spiel noch zusätzlich komplizieren, führte Rossi im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA aus.

Derzeit hält die Schweizerische Nationalbank (SNB) immer noch 1040 Tonnen Gold, was rund sieben Prozent der Aktiven in der Bilanz der Notenbank sind. Ende der 90er-Jahre beliefen sich die Goldreserven sogar noch auf 2590 Tonnen.

«Gold löst bei vielen noch irrationale Reaktionen aus», sagt Professor Sergio Rossi.
«Gold löst bei vielen noch irrationale Reaktionen aus», sagt Professor Sergio Rossi.Bild: KEYSTONE
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Keine Rückkehr zum Goldstandard

Wenn nun die Goldinitiative angenommen würde, so hätte dies nicht die Wiedereinführung des Goldstandards zur Folge, wie er bis zum Ersten Weltkrieg weltweit Norm war. In dieser Zeit hielt die Mehrheit der Zentralbanken noch Goldreserven, die einen Grossteil der Währungsreserven ihrer nationalen Wirtschaft abdeckten. Das Papiergeld musste zu jedem Zeitpunkt zu einem fixen Preis mit den Goldreserven gedeckt werden können.

Nach dem Zweiten Weltkrieg orientierten sich die Bretton-Woods-Abkommen zuerst auch am Gold. Der US-Dollar war damals die Leitwährung zu einem fixen Preis von 35 Dollar für eine Unze Gold. Währungsgeschäfte zwischen dem Dollar und anderen Landeswährungen waren nur in einem sehr eng begrenzten Bereich möglich.

Erst in den 70er-Jahren wurde das starre System, das den Dollar an das Gold band, aufgegeben. Zu diesem Zeitpunkt verlor das Gold seine Rolle als Währungshüter, die es praktisch während eines Jahrhunderts innegehabt hatte. US-Präsident Richard Nixon setzte dieser Bindung 1971 ein Ende. Ab 1973 machte es definitiv einem System mit schwankenden Währungen Platz.

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Seit 1954 Loslösung vom Gold

«Die Schweiz hatte die Abhängigkeit bei der Herausgabe des Papiergeldes von den Goldreserven bereits 1954 aufgegeben», sagt Rossi. Im Nationalbankgesetz, das 1978 revidiert wurde, war allerdings noch an einer minimalen Deckung von 40 Prozent des sich in Verkehr befindlichen Bargeldes festgehalten worden.

In den 90er-Jahren wurde diese Deckung dann auf 25 Prozent reduziert. Festgehalten wurde an der Golddeckung aber in erster Linie aus «psychologischen Gründen, um das Volk zu beruhigen», sagt Rossi. Für die Herausgabe des Papiergeldes habe das Gold aber überhaupt keine Bedeutung mehr gehabt.

Für die Nationalbank ist die Garantie der Preisstabilität heute vor dem Hintergrund der Wirtschaftsentwicklung von Bedeutung. Zwischen der Preisstabilität und dem Goldbestand in der Nationalbank-Bilanz gebe es aber überhaupt keinen Zusammenhang.

Der Verkauf von Gold brachte einen Erlös von 21 Milliarden Franken.
Der Verkauf von Gold brachte einen Erlös von 21 Milliarden Franken.Bild: DAVID GRAY/REUTERS

Verkäufe von Nationalbank-Gold ab 2000

Mit dem neuen Währungsgesetz, das am 1. Mai 2000 in Kraft gesetzt wurde, wurde die Bindung des Frankens an das Gold definitiv gelöst. Es schaffte auch die Voraussetzungen für eine Neubewertung der Goldreserven der Nationalbank sowie für die Goldverkäufe. Um den Goldpreis nicht unnötig zu belasten, hatte sich die Schweiz damals neben 14 anderen europäischen Zentralbanken dazu bereit erklärt, in den darauf folgenden fünf Jahren gemeinsam nicht mehr als 2000 Tonnen Gold zu verkaufen.

Seither wurden in mehreren Etappen 1550 Tonnen Gold verkauft. Daraus resultierte ein Erlös von 21 Milliarden Franken, der zu zwei Dritteln an die Kantone und zu einem Drittel an den Bund ging. Und darauf legt die Nationalbank den Finger, wenn sie sich in den Abstimmungskampf einmischt: Wenn die Goldinitiative angenommen würde, so könnten die heute an die Kantone überwiesenen Dividenden sinken, warnt sie.

Goldreserven aus dem Ausland zurückholen?

Derzeit gebe es kein einziges Land mit Zwängen, wie sie die Volksinitiative verlange, sagt Rossi. Der Text der Initiative verlangt von der Nationalbank, die Goldverkäufe zu stoppen und sämtliche Goldreserven, die noch im Ausland gelagert werden, wieder zurückzuführen. Mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven müsste die Nationalbank im Fall einer Annahme der Initiative in Gold anlegen. Das würde sie derzeit Dutzende von Milliarden Franken kosten.

Einem Teil des Initiativtextes kann auch der Volkswirtschaftler Rossi etwas Gutes abgewinnen, nämlich die Rückführung des im Ausland gelagerten Goldes. Die Schweiz lagert derzeit 30 Prozent ihrer Goldreserven im Ausland und zwar 20 Prozent bei der englischen Zentralbank und zehn Prozent bei der kanadischen Notenbank. Zur Sicherheit: Diese Länder hätten aber keine Freundschaften, sondern lediglich Interessen zu verteidigen, sagt Rossi. (lhr/sda)

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