Wirtschaft
Schweiz

Ihr glaubt also immer noch an billigen Atomstrom? Dann schaut euch das Beispiel Areva an! 

Das finnische Atomkraftwerk in Olkiluoto ist ein finanzielles Desaster.
Das finnische Atomkraftwerk in Olkiluoto ist ein finanzielles Desaster.

Ihr glaubt also immer noch an billigen Atomstrom? Dann schaut euch das Beispiel Areva an! 

Einst war Areva ein französischer Vorzeigekonzern. Jetzt ist der Hersteller von Atomkraftwerken pleite und fällt auseinander.
21.05.2015, 14:3522.05.2015, 11:36
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Heute treffen sich die Aktionäre von Areva zu ihrer Generalversammlung. Es dürfte eine stürmische Angelegenheit werden: Bereits vor ein paar Wochen hat Areva den Abbau von 6000 Arbeitsplätzen bekannt gegeben. Letztes Jahr hat der Konzern einen Verlust von 4,8 Milliarden Euro eingefahren. Ohne staatliche Hilfe wäre er längst pleite.

Dabei hatte alles so gut begonnen. Areva war lange das beste Pferd im französischen Atomstall. Noch vor zehn Jahren sah die Zukunft blendend aus: Zusammen mit Siemens erhielt Arvea den Auftrag, in Olkiluoto in Finnland einen neuen Atommeiler zu bauen. Das Projekt hatte Symbolcharakter, es sollte für die Wiedergeburt der Atomindustrie nach der Katastrophe von Tschernobyl stehen. 

Areva muss fast vier Milliarden Euro Schadenersatz bezahlen

Olkiluoto ist ein einziges Desaster, der Flughafen Berlin im Vergleich ein Musterknabe. Die Bauverzögerungen betragen inzwischen zehn Jahre, die Kosten haben sich verdreifacht. Areva muss für Schadensersatz in der Höhe von 3,9 Milliarden Euro gerade stehen. Auch die Partner haben sich getrennt. Siemens hat seine Beteiligung an Areva unter grossen Verlusten abgestossen. 

Ein ähnliches Debakel zeichnet sich in Grossbritannien ab. Dort sollte Areva zusammen mit Eletricité de France (EDF) zwei neue Atommeiler bauen. Der erste davon hätte schon 2017 in Betrieb gehen sollen. Das wird sicher nicht der Fall sein. Trotz grosszügigen Preisnachlässen kommen auf der Insel Zweifel am Unterfangen auf, und es ist denkbar geworden, dass man wieder davon absieht.

Wer soll also sichere Atommeiler liefern? Die Russen?

Seit 2007 hat Areva keinen Atomreaktor mehr verkaufen können. Die Katastrophe von Fukushima hat das Vertrauen in die nukleare Technik ebenfalls nicht wirklich gestärkt. Areva wird deshalb wahrscheinlich aufgesplittet und Teile davon in die staatliche EDF integriert.

In der Schweiz nehmen FDP, SVP und die Wirtschaftsverbände den Frankenschock zum Anlass, die Energiewende wieder rückgängig zu machen. Wir könnten uns diesen Luxus angeblich nicht mehr leisten, behaupten sie, und wir seien auf eine sichere Energieversorgung angewiesen. Das Beispiel von Areva zeigt, wie absurd diese Argumentation geworden ist. Wer soll uns denn diese angeblich «sicheren» Atomkraftwerke liefern, die uns angeblich «billigen» Strom liefern? Die Russen? Oder die Chinesen?  

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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flemming
21.05.2015 16:13registriert April 2015
Ich glaube schon lange nicht mehr an den Atomstrom, billig soll er auch noch sein? Da kann ich aber nur lachen, denn das was ein Atomkraftwerk kostet, so kann man für die Miliarden, viele Alternativ-
strom aus Wind-Solar- und anderes aufbauen und nicht zu vergessen,
wohin mit dem Rest des Atommülls. Es ist immer die gleiche G
eschichte dahinter, zuerst die Kuh melken, dann den Rest sprich Rückbau eines Atomkraftwerkes den Bürgern überlassen. Oder bezahlt
etwa das Unternehmen den Rückbau mit den paar Miliarden die dafür zurückgelegt wird all die Jahre, das wird niemals reichen!
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Ruffy
21.05.2015 15:52registriert Januar 2015
Grosse Hersteller ausser China und Russland sind General Electric und Toshiba. 1 Minute Wiki Artikel durchschauen sollte noch drinliegen wenn man einen Artikel schreibt.

Nicht das es an der Problematik der AKW's ändern würde, aber Polemik nützt keinem.
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Lowend
21.05.2015 16:05registriert Februar 2014
Danke für diesen Artikel, der die Realität genau beschreibt. Die Kosten der Stromproduktion durch AKW's sind im Grunde nicht zu bezahlen und können nur durch Staatsbetriebe und deren Tricks bei der Haftpflicht für Atomanlagen finanziert werden, denn wenn Atomstrom rentabel wäre, gäbe es schon lange private Anbieter.
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