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Protofaschist und Populist sind noch die netteren Bezeichnungen, die derzeit für Donald Trump verwendet werden. Seit seinem umstrittenen Einreise-Verbot für Muslime herrscht weltweit helle Aufregung über das Verhalten des Milliardärs mit der eigenwilligen Frisur. Einer hingegen wird sich darüber freuen: Ted Cruz. Je wilder sich Trump gebärdet, desto grösser werden die Chancen von Cruz, Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden.
Trumps Saubannerzug ist für den Senator aus Texas ein Segen. Noch in diesem Sommer hatte Ted Cruz den Ruf eines unsympathischen Aufsteigers: Blitzgescheit zwar, aber viele mochten ihn nicht wirklich, auch innerhalb der eigenen Partei. «Mr. Cruz ist einer der am meisten geliebten und gehassten republikanischen Führer in Amerika», schrieb die «New York Times». «Selbst in Texas, ja selbst bei den Republikanern in Texas, wird er gleichzeitig verehrt und verachtet.»
Die Elite der Grand Old Party (GOP) setzte auf Jeb Bush. Cruz hingegen hassten sie wie die Pest. «Sie fanden ihn ideologisch zu extrem, persönlich abstossend und strategisch unbesonnen», schreibt das Onlineportal «Vox». «Sie machten ihn dafür verantwortlich, dass 2013 die Regierung zeitweise lahmgelegt wurde (Cruz war der Anführer derjenigen, die Obamas Budget blockieren wollten, Anm d. Red.) und beklagten sich über seinen untrüglichen Instinkt, sich stets in die Schlagzeilen zu bringen.»
Cruz wurde deshalb die Rolle des nützlichen Idioten zugeschrieben. Er sollte die Hitzköpfe der Tea Party bei der Stange halten und dann irgendwann im Laufe der Vorwahlen möglichst ohne Wellen zu werfen ausscheiden. Jetzt führt er in den Umfragen zur ersten Ausmarchung in Iowa und liegt national fast auf gleicher Höhe wie Donald Trump. Aus der letzten Debatte der GOP-Kandidaten in Las Vegas ging er als der grosse Sieger hervor. «Cruz war herausragend», jubelte beispielsweise der konservative Radiomann und einflussreiche Meinungsbildner Rush Limbaugh.
Weshalb dieser überraschende Aufstieg? Anders als seine Konkurrenten bei den Republikanern spielt Cruz die Trump-Karte sehr geschickt. Im Wissen darum, dass der Milliardär letztlich irgendwann verglühen wird, greift er ihn nie an und vergrault so auch dessen Fans nicht. Auch gegen den nur für die Evangelikalen wählbaren – und inzwischen bereits wieder in der Versenkung verschwundenen Ben Carson – hält er sich zurück. «Sehr zur Frustration der Medien habe ich mich dafür entschieden, die beiden zu umarmen und zu streicheln», erklärt Cruz. «Ich gehe davon aus, dass das Gesetz der Schwerkraft die beiden zur Strecke bringen wird und ich dann den Löwenanteil ihrer Stimmen erben werde.»
Diese Strategie macht Sinn. Der ursprünglich als Favorit und Schützling des Parteiestablishments ins Rennen gegangene Jeb Bush gilt mittlerweile als klinisch tot. Seine Umfragewerte sind unterirdisch. Die anderen gemässigten Kandidaten sind nicht mehr als Staffage. Deshalb ist der junge Marco Rubio, Senator aus Florida, zum Hoffnungsträger der Gemässigten geworden, wenn man diese Bezeichnung im Zusammenhang mit den Republikanern überhaupt noch verwenden kann.
Cruz ist bereits dabei, Rubio nach allen Regeln der Kunst zu zerlegen. Er greift ihn dort an, wo es weh tut, bei der Immigrationsfrage. Beide, Cruz und Rubio, sind Abkömmlinge von kubanischen Einwanderern. Während Cruz wie Trump die amerikanische Grenze zu Mexiko mit einer Mauer abschotten will, hat Rubio sich zaghaft für die Einbürgerung der schon seit Jahrzehnten in den USA lebenden illegalen Einwanderer ausgesprochen. Damit wird er bei der zunehmend radikalisierten Basis der GOP grosse Mühe bekommen.
«Die Republikaner werden bald realisieren, dass sie nicht zwischen Bushismus und Cruzismus wählen müssen, sondern zwischen Cruzismus und Trumpismus», stellt «Vox» fest. Tatsächlich haben sich durch den unerwarteten Triumph von Trump die Gewichte verschoben. Ted Cruz ist salonfähig geworden. Anders als Trump ist er berechenbar, und anders als Trump hat er in der Vergangenheit nie Positionen vertreten, die für die Parteibasis nicht tragbar sind. Im Gegenteil. Mit seiner Lahmlegung der Regierung hat er zwar der Parteiführung geschadet, bei der Basis hingegen an Glaubwürdigkeit gewonnen und seinen Ruf als «Kämpfer» gefestigt.
Allmählich dämmert es auch in der GOP-Zentrale in Washington, dass man den Texaner gewaltig unterschätzt hat. Vorsichtig nimmt man nun Tuchfühlung auf und stellt sich darauf ein, die Kröte zu schlucken. «Ted Cruz wird niemals die erste Wahl des GOP Establishments sein», stellt «Vox» fest. «Aber Trump hat allen klar gemacht, dass Ted Cruz bei weiten nicht die schlimmste Option für die Republikaner ist.» Möge Hillary Clinton verhindern, dass Cruz es auch ins Weisse Haus schafft.