Seit vergangener Woche stehen die einstigen Boomländer an den Finanzmärkten massiv unter Druck. Türkische Lira, brasilianischer Real, südafrikanischer Rand oder indische Rupie - sie alle werden in grossem Stil auf den Markt geworfen.
Besonders heftig unter die Räder geraten sind die sogenannten «fragilen Fünf»: Indien, Indonesien, die Türkei, Brasilien und Südafrika. Ihre Landeswährungen sind ohnehin angeschlagen, haben seit Jahresbeginn massiv an Wert eingebüsst. Am Freitag brachten Sorgen um Argentinien, die zweitgrösste Volkswirtschaft Südamerikas, das Fass zum Überlaufen. Regierung und Notenbank haben vor den Finanzmärkten kapituliert, meinen Analysten, sie lockerten die Devisenkontrollen, der Peso wurde abgewertet. Anleger erinnern sich an die letzte Staatspleite Argentiniens vor kaum mehr als zehn Jahren, die ebenfalls mit einer deutlichen Peso-Abwertung eingeleitet worden war.
«Marktteilnehmer befürchten, dass die Schwäche einiger Währungen sich zu einer breiteren Schwellenländerkrise auswachsen könnte», sagt Commerzbank-Analyst Rainer Guntermann. Die Nervosität an den Märkten bleibt hoch. Die Angst von Ansteckungseffekten grassiert.
1997 beispielsweise wurde ausgehend von Thailand davon ganz Asien erfasst. Diesmal fürchtet Schmieding aber keinen Flächenbrand. China sieht er solide dastehen. Auch Südkorea oder Malaysia seien robuster als vor 17 Jahren. Er sagt aber auch: «Länder mit grossen Leistungsbilanzdefiziten, politischen Turbulenzen und hoher Abhängigkeit von Rohstoffpreisen sind verwundbar.» Viele der Staaten, die nun unter Druck stehen, haben zwar hausgemachte Probleme. In Istanbul, Buenos Aires oder Bangkok kriseln die Regierungen aus den unterschiedlichsten Gründen heftig. Fest steht aber: Die politischen Risiken schrecken Investoren ab.
Es gibt zudem einen gemeinsamen Nenner bei den bedrängten Schwellenländern: Weil sie weniger exportieren als sie an Waren einführen, brauchen sie Kapital aus dem Ausland. Milliarden über Milliarden flossen in vergangenen Jahren in diese Schwellenländer. Denn im Kampf gegen die globale Finanz- und Wirtschaftskrise antworteten die grossen Zentralbanken, allen voran die US-Fed, mit einer Geldflut. Ein grosser Teil dieser Liquiditätsschwemme schwappte um den Globus und blieb in den Schwellenländern hängen. Solange der Kreditfluss sprudelte, hatten viele Regierungen es mit den notwendigen Strukturreformen oftmals nicht eilig.
Das rächt sich nun. Denn die USA finden wirtschaftlich zu alter Stärke zurück und die Fed baut ihre Konjunkturstützen ab. Die Finanzmärkte müssen jetzt mit weniger Billiggeld-Doping auskommen. Kapital fliesst aus den Schwellenländern ab.