Der junge Mann, den die Medien unter dem Pseudonym «Carlos» zum bekanntesten Jugendstraftäter der Schweiz machten, soll sich zum Islam bekehrt haben. Zuvor war Carlos bekennender Christ, als Muslim dient er nun Allah.
Der Glaube an einen himmlischen Herrn, der uns und die Welt erschaffen hat, muss offenbar etwas Befriedigendes an sich haben. Ein Problem aber bleibt: Sowohl Allah – hier der Einfachheit halber als der Gott des Korans definiert – als auch der Gott der christlichen Bibel sind laut ihrer jeweiligen Gefolgschaft die einzige existierende Gottheit. Da man aber nun mal nicht zwei Herren gleichzeitig dienen kann, gilt es sich zu entscheiden.
Wie unterscheiden sich Gott und Allah? Welcher Herr bietet dem Gläubigen mehr? Hier finden Sie eine nicht ganz ernst gemeinte Entscheidungshilfe:
Diener Allahs wird man schnell und unkompliziert: Es genügt, die Schahada – das islamische Glaubensbekenntnis – mit Überzeugung auszusprechen: «Ich bezeuge, es gibt keinen Gott ausser Allah, Mohammed ist Sein Diener und Prophet.»
Um Christ zu werden, bedarf es dagegen einer Taufe. Die wurde in der Vergangenheit oft und gern auch zwangsweise vorgenommen, zum Beispiel an Juden oder Indios.
Resultat: 1 Punkt für Allah
Einmal Muslim, immer Muslim: Ein Austritt ist nicht vorgesehen. Auf Apostasie, also den Abfall vom Glauben, steht nach klassischem islamischen Recht der Tod.
Als Christ ist der Austritt – zumindest heutzutage – einfach; es genügt eine simple Erklärung. Die Taufe wird dadurch aber nicht ungültig: Wer sich der Schar der rechtgläubigen Schäfchen erneut anschliessen will, muss sich nicht noch einmal taufen lassen.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Allein glauben macht keinen Spass. So vieles, was als Irrsinn erschiene, wenn nur ein einziger Mensch es glaubte, wirkt viel überzeugender, wenn ein Kollektiv dahinter steht. Die Umma, die Gesamtheit der Diener Allahs, ist ein wahrhaft beeindruckendes Kollektiv: Schätzungsweise 1,57 Milliarden Anhänger bringt sie derzeit auf die Waage. Und sie wächst: Nach Schätzungen des renommierten Pew Research Centers wird die Zahl der Muslime 2030 etwa bei 2,2 Milliarden liegen.
So gross die Umma ist, sie bleibt doch zurück hinter den Anhängern des christlichen Gottes. Rund 2,26 Milliarden sind es heute, und auch sie werden mehr: 2,6 Milliarden sollen es im Jahr 2025 sein.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Gläubige brauchen Führung. Da weder Allah noch Gott sich gern höchstpersönlich mit ihren Schäfchen abgeben, übernehmen spezielle Vermittler diese Rolle, meistens Männer. Bei den Anhängern Allahs gibt es jedoch keine professionelle Priesterschaft wie bei den Christen, und sie ist auch weniger hierarchisch organisiert.
Deshalb kennen Muslime auch kein eigentliches Oberhaupt – bei den Christen gibt es dafür gleich mehrere, je nach Konfession. Mit der Prachtentfaltung des katholischen Oberhirten in Rom zum Beispiel kann weder Mufti noch Mullah mithalten.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Gläubigen, die ein gottgefälliges Leben geführt haben, winkt nach dem Tod – spätestens aber nach dem Jüngsten Tag – das ewige Leben in paradiesischen Gefilden. Anhänger Allahs werden in einen Garten geleitet, in dem es erlesene Speisen gibt und Milch und Honig fliessen. Jungfrauen, sogenannte Huris, stehen den Seligen zur Verfügung; als Märtyrer Verstorbene erhalten nach verbreiteter Auffassung 72 Huris.
Freude herrscht auch im christlichen Himmelreich: Es gibt keine Nacht und kein Leiden mehr, Gott erleuchtet alles. Die Seligen, die sich an der Anschauung der Dreifaltigkeit erfreuen, sind alle gleich und nicht mehr Mann oder Frau. Diese vergeistigten Freuden verblassen vor der sinnenfrohen Körperlichkeit von Allahs Paradies, das indes – wie es scheint – eher für Männer gemacht ist.
Resultat: 1 Punkt für Allah
Heulen und Zähneknirschen: Für jene, die das Falsche glauben oder sich sonst wie gravierend falsch verhalten haben, haben Gott und Allah eine Art Folterkammer eingerichtet: die Hölle, beziehungsweise die Dschahannam. An diesem Ort der Finsternis werden die Sünder, die am Tag des Gerichts verdammt wurden, in alle Ewigkeit aufs Schrecklichste gepeinigt.
Zwar ist bei den Christen umstritten, ob die Hölle überhaupt existiert. Wenn dies aber der Fall ist, so ist klar: In puncto Grausamkeit schenken sich christliche Hölle und Allahs Dschahannam, deren Bewohner übrigens laut dem Propheten Mohammed zum grossen Teil Frauen sind, nichts.
Resultat: je 0,5 Punkte für Allah und Gott
Diener Allahs sind gehalten, bestimmte Speisen zu meiden: Schweinefleisch zum Beispiel ist haram, also verboten. Fleisch von erlaubten Tieren muss auf rituelle Weise geschlachtet worden sein. Während des Fastenmonats Ramadan sind von Sonnenaufgang bis -untergang alle Speisen verboten, daneben auch Sex und Rauchen.
Christen kennen kaum Speiseverbote, aber eine 40-tägige Fastenzeit vor Ostern. Manche Katholiken essen zudem freitags kein Fleisch. Das christliche Fasten ist aber bei weitem nicht so streng wie das muslimische; Gott ist hier milder als Allah.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Alkohol ist den Muslimen untersagt. Im Paradies dürfen sie zwar Wein trinken, aber es ist solcher, der nicht berauscht.
Bei den Christen ist Alkohol erlaubt. Er hat als Blut Christi sogar einen festen Platz im Gottesdienst.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Sowohl Gott wie Allah müssen Humor besitzen, sonst hätten sie zum Beispiel nicht ein Tier wie die Giraffe erschaffen. Ihre Anhänger dagegen zeichnen sich oft durch eine gewisse Humorlosigkeit aus – so verdammte schon der Kirchenlehrer Johannes Chrysostomos (347-407) das Lachen und pries das Seufzen.
Allahs Gefolgschaft neigt – besonders in letzter Zeit – ebenfalls zur cholerischen Humorlosigkeit. Einige dänische Karikaturisten haben jedenfalls nichts mehr zu lachen, seit ihre Mohammed-Karikaturen veröffentlicht wurden. Und als Quittung für die Mohammed-Karikaturen der französischen Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» gab es einen Brandanschlag.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Gott braucht eigentlich kein Haus, und ebensowenig Allah. Trotzdem haben ihnen die Gläubigen gewaltige Gebäude errichtet. Allahs wichtigste Moschee, die al-Haram-Moschee, steht in Mekka und fasst auf einer Grundfläche von 356'800 m² bis zu 820'000 Menschen.
Der Petersdom in Rom ist zwar nur das Zentrum der katholischen Welt, doch sicher eines der grössten Kirchengebäude der Christenheit. Er bietet 20'000 Menschen auf einer überbauten Fläche von 15'160 m² Platz.
Resultat: 1 Punkt für Allah
Beide heiligen Schriften kennen Textstellen voller Poesie – und solche von ausgesuchter Grausamkeit. Die Bibel ist eine Sammlung verschiedener Schriften, die in einem Zeitraum von rund tausend Jahren entstanden sind. Sie besteht aus dem Alten und dem Neuen Testament. Sie ist kein göttliches Diktat, sondern Menschenwerk, verkündet aber – von Gott inspiriert – die göttliche Offenbarung.
Der Koran ist dagegen die wörtliche Offenbarung Allahs. Er besteht aus 114 Suren, die dem Propheten Mohammed über 22 Jahre hinweg durch den Engel Gabriel offenbart wurden. Da es sich um Allahs höchstpersönliche Worte handelt, darf der Text nicht im Geringsten verändert werden; auch legitime Übersetzungen sind daher unmöglich. Denn wer würde es wagen, Allah zu interpretieren?
Resultat: 1 Punkt für Allah
Allah – das arabische Wort bedeutet eigentlich schlicht «Gott» – hat der Überlieferung zufolge 100 Namen. Da aber der hundertste unaussprechbar und den Menschen nicht bekannt ist, spricht man gemeinhin von den «99 Namen Allahs». Im Koran kommen allerdings weit mehr als hundert Bezeichnungen für Allah vor; darum existieren verschiedene Varianten der 99 Namen, die sich nur zum Teil decken.
Der Gott der Bibel muss da mit deutlich weniger auskommen. Meistens wird er einfach «Gott» genannt, manchmal auch «Herr» oder «Allherrscher». Jesus nannte ihn «Vater» und ermunterte seine Jünger, ihm dies gleichzutun. «Jehova» und «Jahwe» sind Gottesnamen, die vom sogenannten Tetragramm (JHWH) im jüdischen Tanach abgeleitet sind (der hebräische Text notiert nur die Konsonanten).
Resultat: 1 Punkt für Allah
«Seid fruchtbar und vermehret euch», steht im ersten Buch Mose. Gegen die Vermehrung ihrer Schäfchen haben weder Gott noch Allah etwas. Allerdings soll dies nur in geregelten Verhältnissen geschehen: Beide verbieten ausserehelichen Sex. Die Anhänger Gottes foutieren sich heute zwar zunehmend darum, doch in Gegenden, in denen Allah herrscht, kann ein Ehebruch üble Folgen haben.
Dafür erlaubt Allah seinen Anhängern die Vielweiberei: Bis zu vier Frauen darf ein Muslim ehelichen. Und es gibt, zumindest bei den Schiiten, die Ehe auf Zeit. Sie erlaubt es einem muslimischen Mann, eine Frau nur für eine bestimmte Dauer zu heiraten, von einer halben Stunde bis zu 99 Jahren.
Resultat: 1 Punkt für Gott
Alle drei abrahamitischen Religionen sind monotheistisch. Allah und der biblische Gott erheben beide Anspruch darauf, der eine wahre Gott zu sein. Dabei ist Allah deutlich konsequenter: Er ist radikal allein und einzig – «al-Ahad», der Einzige, ist nicht umsonst einer seiner 99 Namen.
Der christliche Gott dagegen ist per Dogma dreifaltig: Er besteht aus drei Personen, die aber Ausformungen desselben Gottes sind und nicht etwa drei verschiedene Götter: Gott Vater, Gott Sohn (Jesus Christus) und der Heilige Geist. Bei manchen Katholiken spielt die Muttergottes Maria eine so wichtige Rolle, dass man beinahe versucht ist, von einer Vierfaltigkeit zu sprechen. Die Trinität ist ein Mysterium des christlichen Glaubens.
Resultat: 1 Punkt für Allah
Das Ergebnis, das sei zugegeben, ist so knapp wie subjektiv. Die beiden Gottheiten sind ja auch nah miteinander verwandt, wenn sie auch nicht – wie oft behauptet wird – einfach derselbe Gott sind. Cousins sind sie aber sicher; sie sind beide Abkömmlinge des jüdischen Gottes, der als erster den monotheistischen Anspruch erhob: «Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.»