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Klatsch-Forschung: Tratschen ist gesund

Schon gehört? Tratschen ist gesund – und es unterscheidet uns vom Tier

23.09.2016, 08:5323.09.2016, 12:21
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Klatsch, Tratsch (Symbolbild)
Klatsch ist gesund! Bild: Shutterstock

Na, in den letzten Tagen ordentlich über die Scheidung von Angelina Jolie und Brad Pitt hergezogen? Gut so, den Hausarzt wird es freuen! Denn Klatsch ist gesund – sagt ein führender Wissenschaftler. Mehr noch: Tratschen ist es demnach, was den Menschen vom Tier unterscheidet.

Als Experte auf diesem Gebiet gilt seit vielen Jahren der britische Evolutionspsychologe Robin Dunbar von der Universität Oxford. Seine Theorie zusammengefasst: Der Klatsch stammt von der Fellpflege der Affen ab. Fellpflege dient dem Zusammenhalt der Gruppe, ist jedoch äusserst zeitintensiv. Daher die Entstehung der menschlichen Sprache.

Wer gut lästern kann, findet viele Zuhörer. Und wer viele Sozialkontakte hat, hat eine deutlich höhere Lebenserwartung.

Plaudern ist effektiver als Kraulen, weil man mit Worten gleich mehrere Sozialpartner auf einmal erreichen kann. Zum Beispiel, wenn man mit Kollegen in der Cafeteria zusammensteht oder abends bei einer Party mit Freunden. Nichts wird dabei so begierig aufgesogen wie der neue Tratsch über gemeinsame Bekannte.

Gemeinschaftsgefühl stärken

Pssst, schon gehört...? Wer gut lästern kann, findet viele Zuhörer. Und wer viele Sozialkontakte hat, hat eine deutlich höhere Lebenserwartung. Dunbar geht so weit zu sagen: «Der wichtigste Überlebensfaktor ist die Grösse des sozialen Netzwerks. Es hat einen stärkeren Effekt als alles andere – Rauchen mal ausgenommen.»

Robin Dunbar, Psychologe, Universität Oxford
Plaudern ist effektiver als Kraulen: Psychologe Dunbar.Bild: psy.ox.ac.uk

Tratschen stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Je kleiner und geschlossener die Gruppe, desto mehr wird getratscht – auf dem Dorf zum Beispiel mehr als in der Stadt.

Der Tratsch hat auch die Funktion eines Frühwarnsystems: Wenn man immer wieder Schlechtes über jemanden hört, nimmt man sich vor ihm in Acht. Übrigens haben gleich mehrere Studien ergeben, dass Männer genauso viel tratschen wie Frauen.

Stars als Vorbilder

Damit ist allerdings noch nicht erklärt, warum sich viele Menschen so sehr für Klatsch über Leute interessieren, die sie noch nie getroffen haben und aller Voraussicht nach auch niemals treffen werden, wie zum Beispiel Angelina Jolie und Brad Pitt.

Dafür gibt es folgende Erklärung: Stars sind für viele Menschen Rollenvorbilder. Brad und Ange – wie die Fans sie nennen – waren womöglich gar das einflussreichste Promi-Paar des Planeten. Sie waren ziemlich lang zusammen, zumindest nach Hollywood-Massstäben.

«In dem Moment, wo das zusammenbricht, ist das für Menschen, die sich dafür interessieren, eine Erschütterung ihrer bisherigen Wertvorstellungen», analysiert Angela Keppler, Professorin für Kommunikationswissenschaft an der Universität Mannheim.

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Im Extremfall können sich mit solchen Erschütterungen soziale Normen verändern, meint der auf Klatsch-Forschung spezialisierte US-Psychologe Charles Walker. Ewige Liebe? Gibt's vielleicht doch nicht.

Andere Studien deuten darauf hin, dass gerade mit Beziehungsdesastern wie gescheiterten Promi-Ehen moralische Lektionen transportiert werden. Zum Beispiel, unabhängig von Jolie und Pitt: Fremdgehen rächt sich, sollte man lassen. Das wäre dann ein ähnliches Prinzip wie beim Märchen.

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quelle: keystone / laurent gillieron
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Gesunde Distanz

Davon abgesehen hat es noch zwei praktische Vorteile, ausgerechnet über Promis herzuziehen: Erstens kennt sie jeder, man kann also am Frühstückstisch genauso über sie ablästern wie mittags in der Kantine. Zweitens werden die Betroffenen nie davon erfahren.

Wird über den Kollegen gesprochen, könnte der es mitkriegen und einen drauf ansprechen – wie peinlich! Aber Brad? Brad wird sich nicht melden. Und wenn doch, dann hätte man eine so gute Geschichte zu erzählen, dass die Lebenserwartung gleich um ein paar Jahre steigen könnte. (sda/dpa)

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