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Willkommen in der Familie, Homo Naledi! Forscher finden neuen Ur-Menschen in Südafrika

Homo Naledi

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Homo Naledi
In einer Höhle in Südafrika haben Forscher Überreste einer bisher unbekannten Menschenart entdeckt. Den ausgestorbenen Verwandten des modernen Menschen nannten sie Homo naledi. Geborgen wurden bislang mehr als 1550 Teile von mindestens 15 Individuen.
quelle: ap/national geographic, lee berger/university of the witwatersrand / robert clark
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Willkommen in der Familie, Homo Naledi! Forscher finden neuen Ur-Menschen in Südafrika

10.09.2015, 11:0510.09.2015, 16:14
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Ein Artikel von
Spiegel Online

Den ausgestorbenen Verwandten des modernen Menschen nennen sie Homo naledi: In einer Höhle in Südafrika haben Forscher Knochen einer bislang unbekannten Menschenart entdeckt. Wie alt die Relikte von mindestens 15 Individuen sind, ist noch nicht geklärt, schreibt ein internationales Forscherteam in zwei Studien im Fachblatt «eLife».

Die Überreste der Art gehören zu einem umfangreichen Fund von Fossilien, den Forscher der südafrikanischen University of the Witwatersrand 2013 machten. Geborgen sind davon bislang mehr als 1550 Teile – wie viele noch in der Höhle liegen, sei unklar, sagte eine Sprecherin des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, das auch an der Erforschung beteiligt ist.

Sensationelle Auslegeordnung
Sensationelle Auslegeordnung
Bild: AP/National Geographic, Lee Berger/University of the Witwatersrand

Den Forschern zufolge handelt es sich um den bisher grössten zusammengehörigen Fund fossiler menschlicher Überreste auf dem afrikanischen Kontinent. Für die Bergung waren besonders schlanke Helfer nötig: Die Fossilien lagen in einer abgelegenen Kammer der Höhle, die nur über eine sehr schmale Rinne zugänglich war.

In der Kammer fanden sich fast alle Knochen von Homo naledi mehrfach, berichtet Teamleiter Lee Berger von der University of the Witwatersrand. Daher sei er der Wissenschaft schon jetzt besser bekannt als alle anderen fossilen Vertreter der menschlichen Abstammungslinie.

Orangengrosses Gehirn

Homo naledi war demnach etwa 1,50 Meter gross und wog 45 Kilogramm. Einen «sehr grazilen Körperbau» bescheinigen ihm die Forscher – und ein nur etwa orangengrosses Gehirn.

Homo naledis Schädel, Zähne und Becken ähnelten zwar den frühesten Vertretern unserer Gattung wie etwa dem Homo habilis, die Schultern ähneln jenen von Menschenaffen.

Und so sieht er aus:

Bild
Bild: AP/National Geographic

In anderen Punkten aber sahen die Forscher moderne Eigenschaften: Die Füsse etwa seien kaum von denen eines modernen Menschen zu unterscheiden.

Mit den Händen war er wohl geschickt genug, um Werkzeuge zu benutzen. Die vergleichsweise stark gebogenen Finger deuteten zudem darauf hin, dass Homo naledi klettern konnte, erklärt die Paläo-Anthropologin Tracy Kivell vom Max-Planck-Institut.

Wegen des Fundorts nehmen die Forscher an, dass die Toten bewusst abgelegt wurden. Dass Verstorbene bestattet werden, galt bislang als Ritual des modernen Menschen, Homo sapiens.

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Im Fossilbericht des Menschen einmalig

Die Knochen weisen keinerlei Spuren von Aasfressern und Raubtieren auf. Nichts deutet den Wissenschaftlern zufolge darauf hin, dass Tiere oder natürliche Prozesse, wie zum Beispiel fliessendes Wasser, die Toten in die Kammer transportiert haben könnten. Die wenigen nichtmenschlichen Fossilienteile dort stammen demnach von zufällig in die Kammer geratenen Mäusen und Vögeln.

«Solch eine Situation ist im Fossilbericht des Menschen einmalig», sagt der an den Forschungen beteiligte Forscher John Hawks von der University Wisconsin in den USA.

Teamleiter Lee Berger erklärte, die Forscher seien zahlreiche Szenarien durchgegangen – beispielsweise ein Massensterben, ein unbekanntes Raubtier oder den Unfalltod in einer Todesfalle.

Nachdem alle Möglichkeiten ausgeschlossen worden seien, sei als plausibelste Variante nur die bewusste Beseitigung der Toten geblieben.

Es gibt auch Zweifel

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Der Name der neuen Art ist eine Hommage an den Fundort: Die Höhle heisst «Rising Star», aufgehender Stern. Und «Naledi» bedeutet in der in Südafrika regional gesprochenen Sprache Sesotho «Stern».

Doch es gibt auch Zweifel an der Interpretation der Entdecker: Die Knochen könnten durchaus von mehreren Arten stammen, sagte Jeffrey Schwartz, Evolutionsbiologe an der University of Pittsburgh in Pennsylvania dem Magazin «Nature». Wie allerdings die Knochen gleich zweier Menschenarten in dieselbe Höhle gelangt sein könnten, liess er offen.

Teamleiter Berger aber erklärte, die Kombination der anatomischen Eigenschaften von Homo naledi unterscheide ihn von allen bisher bekannten Menschenarten. In den südafrikanischen Höhlen befänden sich noch Hunderte, wenn nicht sogar Tausende Überreste von Homo naledi. (boj/dpa/AFP)

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