Nun ist sie also vorüber, die erste deutsche TV-Debatte mit den Kanzlerschafts-Kandidierenden im nördlichen Nachbarland. Viel hat man sich erhofft davon: klare Aussagen, klare Ausmarchungen und vielleicht eine klarere Antwort auf die Frage, wer die Nachfolge von Angela Merkel antritt.
Annalena Baerbock (Grüne), Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD) stellten sich dieser ersten Debatte, die am Sonntagabend auf RTL und n-tv ausgestrahlt wurde. Und der Auftakt dafür gelang nur so halb: Auf die erste Frage, wieso gerade sie und nicht jemand anders Kanzlerin oder Kanzler werden sollte, hiess es von allen dreien: Man spreche nicht schlecht übereinander.
Ein guter und schöner Standpunkt, der aber nur kurz inhaltlich stimmte. Der erste Themenblock drehte sich um Afghanistan, wo sich die beiden Herren und die Frau ordentlich gegenseitig kritisierten. Die einzige Gemeinsamkeit war die Kritik an der bisherigen Afghanistan-Politik der deutschen Regierung – womit zumindest Scholz (SPD) und Laschet (CDU) die eigenen Parteikollegen und -kolleginnen meinten.
Zur Sprache kam dann der Themenkomplex «Corona». Eingangs sei hier der Konsens erwähnt: Alle sprachen sich fürs Impfen aus. Danach wurden Argumente gegeben, die gut ankommen sollten: So machte der Sozialdemokrat klar, dass es mit ihm «keinen neuen Lockdown» geben werde. Dasselbe war auch von Laschet zu hören. Die Grüne Baerbock war die einzige, die klar zu machen versuchte, dass die Politik nicht die Geschwindigkeit einer Pandemie bestimmen kann.
Und dann wurde Baerbock angriffig: Sie schimpfte (und richtete sich damit an den Christdemokraten Laschet), dass man Luftfilter nicht genau so schnell für Schulen gesprochen habe, wie man es etwa bei Wirtschaftshilfen machte. Dass dies in vielen Fällen nicht passiert sei, zeige, dass Kinder für SPD und CDU/CSU keine Priorität hätten.
Scholz dementierte ruhig und konzentriert (was er auch sonst während der ganzen Sendung war), und lieferte Argumente, mit welchen Instrumenten er und seine Partei die Kinder schützt. Seine Gedanken konnte er bei der Corona-Thematik nicht immer ganz ausformulieren. «Interessieren Sie sich für meine Argumente?», fragte er ruhig und bestimmt den Moderator Peter Klöppel, bevor dieser dem CDU-Kandidaten das Wort gab.
So oberflächlich, leicht angriffig oder konsequent ruhig lief es weiter, als über die weiteren Themen diskutiert wurde. Beim Klimathema schwächelte die Grüne Baerbock rhetorisch, trotz sattelfester Argumente. Scholz präsentierte sich als sozialdemokratischer Wirtschaftsführer der alten Schule («Ich sprach mit Industriellen …») und antwortete auf die Frage, ob er für den Klimaschutz was verbieten würde, kurz und knapp mit «Nö». Und CDU-Mann Laschet musste sich von Baerbocks dramatischer Rede, wie die Klimakrise in Deutschland bereits bemerkbar sei, unterbrechen lassen. Der erwiderte hämisch: Klimapolitik gehe nicht über «Sprüche machen».
Mit solch bissigen Kommentaren sparte Laschet nicht und verlor von Minute zu Minute an staatsmännischem Image. Zu hören waren von ihm auch Aussagen wie «das war aber jetzt arg kompliziert» oder «passen Sie mal auf». Und ja, Baerbock reagierte irgendwann darauf und stauchte ihn zusammen: «Es würde mich freuen, wenn Sie auch endlich mal Vorschläge machen würden statt immer nur Fragen zu stellen.»
Dann kam die Steuerpolitik zur Sprache. Laschet lehnt Erhöhungen ab, verspricht aber eine Sozialpolitik, die über Kitas, Hartz-4-Wiederintegration und Co. funktioniere («Wirtschaft in Gang setzen, das hilft gegen Armut!»). Scholz versprach, die paar wenigen Hochverdienenden stärker zur Kasse zu bitten und dementierte, Mehrwertsteuern zu erhöhen («furchtbar!» wäre das). Baerbock wurde hingegen einmal mehr energisch, als sie Kindergrundsicherung statt Steuerentlastungen für Gutverdiener forderte (bevor sie von Laschet einmal mehr unterbrochen wurde).
Die übrigen Themen kurz zusammengefasst:
Spannend wirds nun, wie der Auftritt der drei Kandidierenden beim Volk ankommt. Die jüngste Umfrage zeigt, dass die SPD knapp vor der CDU/CSU ist – was nach Laschets Häme und Scholz' staatsmännischer Ruhe wohl auch so bleiben wird. Der dritte Platz der Grünen dürfte sicher sein.
Die nächsten beiden TV-Trielle finden am 9. September (Sat.1) bzw. am 12. September (ARD/ZDF) statt.
Am Ende hat heute mMn Scholz gewonnen, weil er schlicht und einfach nichts verloren hat.