Am Dienstag fand in den USA das nächste Hearing zum Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 statt. Im Zentrum stand dabei das Verhältnis des damaligen Präsidenten Donald Trump zu rechtsextremen Gruppierungen. Dabei kam der Ausschuss zu neuen Schlüssen – das sind die wichtigsten Punkte.
Der Untersuchungsausschuss kam zum Schluss, dass Trump den Marsch bewusst geplant haben soll – und deshalb gewaltbereite Rechtsextreme direkt angesprochen hat. «Präsident Trump hat seinen Plan umgesetzt, indem er in seiner Rede am 6. Januar seine Anhänger aufforderte, (...) zum Kapitol zu marschieren», sagte das demokratische Ausschussmitglied Stephanie Murphy am Dienstag in einer öffentlichen Anhörung. «Die Beweise bestätigen, dass es sich nicht um einen spontanen Aufruf zum Handeln handelte, sondern um eine bewusste Strategie, die der Präsident im Voraus beschlossen hatte.»
Um diese Aussage zu bestätigen, verwies der Ausschuss auf einen Tweet, den Trump am 19. Dezember nach einem Treffen mit Mitarbeitern, das nach Schilderungen von Zeugen aus dem Ruder gelaufen war, abgesetzt hatte. In diesem rief er explizit zu Protesten am 6. Januar auf. «Big protest in D.C. on January 6th. Be there, will be wild!» (in etwa: «Starker Protest in D.C. am 6. Januar. Seid dabei, wird wild!»), so die genauen Worte.
In der Anhörung wurden Aussagen rechter Kommentatoren eingespielt, die sich darauf bezogen. Der Verschwörungstheoretiker Jim Watkins antwortete auf eine Frage, wann er sich entschlossen habe, am 6. Januar nach Washington zu gehen: «Als der Präsident der Vereinigten Staaten ankündigte, dass er eine Kundgebung geben würde.»
Im Zentrum stand derweil ein weiterer Tweet – einer, der von Trump nie veröffentlicht wurde. Allerdings liefert auch dieser deutliche Hinweise darauf, dass der damalige Präsident den Sturm aufs Kapitol im Vorfeld geplant hatte. «I will be making a Big Speech at 10AM on January 6th at the Ellipse (South of the White House). Please arrive early, massive crowds expected. March to the Capitol after. Stop the Steal!!», lautet dieser. Oder auf Deutsch:
Warum der Tweet nicht abgesetzt wurde, ist unklar. Der Ausschuss erhielt diesen aus den nationalen Archiven. Darauf soll ein Stempel mit der Aufschrift «President has seen» – «der Präsident hat ihn gesehen» – sein.
Für eine weitere belastende Zeugenaussage sorgte Stephen Ayres, ein bekennender früherer Trump-Anhänger, der am 6. Januar ebenfalls mitmarschiert war. Ayres sagte, er habe nicht geplant gehabt, zum Kapitol zu gehen. Erst Trumps Rede habe das geändert und «jeden aufgebracht». «Alle dachten, er werde mitmarschieren. Wissen Sie, er sagte in seiner Rede, dass er bei uns sein werde.»
Der Mann schilderte, dass Aufrufe in sozialen Netzwerken ihn bewogen hätten, an diesem 6. Januar in die US-Hauptstadt zu kommen. Er habe «definitiv» geglaubt, dass es Betrug bei der Präsidentenwahl 2020 gegeben habe. Heute glaube er das «nicht so sehr». Das liege auch daran, dass er sich aus den sozialen Medien zurückgezogen und selbst «recherchiert» habe.
Ähnliche Ansichten schilderte ein weiterer Zeuge, der einst zu einer solchen Gruppierung gehörte – Jason Van Tatenhove, ein ehemaliger Sprecher der «Oath Keepers». Auch dieser beschrieb, durch Trumps Rede «aufgewiegelt» worden zu sein und dass sich das Land glücklich schätzen müsse, dass nicht noch mehr Blut geflossen sei. «Es gab viele Warnsignale. Ich hätte die Gruppierung vermutlich früher verlassen sollen», bedauerte Van Tatenhove.
Viel Beachtung erhielten am Dienstag auch Aussagen von Pat Cipollone, der während Trumps Zeit als Präsident Rechtsberater des Weissen Hauses gewesen war. Cipollone war am Freitag vom Ausschuss zum Vorfall befragt worden, allerdings ohne Publikum. Am Dienstag wurden nun einige wichtige Zitate Cipollones gezeigt. In diesen wird einmal mehr klar, wie auch damalige Vertraute Trump immer wieder nahelegten, die verlorene Wahl zu akzeptieren, da es keine Hinweise auf einen Betrug gebe.
«Es gibt die Möglichkeit, Wahlen anzufechten. Aber die Idee, dass die Bundesregierung die Wahlmaschinen beschlagnahmen könnte - (...) das ist eine schreckliche Idee», so Cipollone. Er sei deshalb der Überzeugung gewesen, Trump müsse aufgeben.
Ähnlich äusserten sich auch weitere Vertraute Trumps. Der Ausschuss zeigte weitere Video-Mitschnitte verschiedener Zeugenbefragungen hinter verschlossenen Türen. Trumps ehemaliger Arbeitsminister Eugene Scalia sagte demnach: «Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich denke, dass es für ihn an der Zeit sei, anzuerkennen, dass Präsident (Joe) Biden die Wahl gewonnen hat.»
Wie nahe die Vorfälle vom 6. Januar auch damaligen Vertrauten des Ex-Präsidenten gingen, zeigen Nachrichten von Brad Parscale, der ehemalige Wahlkampf-Manager Trumps. In einem SMS schrieb dieser nach den Vorfällen, er fühle sich «schuldig, ihm zum Sieg verholfen zu haben». Zudem glaube er, dass Trumps Rhetorik einen Menschen getötet habe.
In einem weiteren SMS schrieb Parscale, Trump habe «einen Bürgerkrieg gefordert». Die Nachrichten waren für Katrina Pierson, die damals ebenfalls für Trump arbeitete. «Du hast nur getan, was du damals für richtig gehalten hast. Folglich war es das», antwortete diese. Und Parscale erwiderte: «Ja. Aber eine Frau ist tot».
Zum Abschluss der öffentlichen Anhörung sprach Ausschussmitglied Liz Cheney eine Warnung gegen Donald Trump aus. Die Republikanerin berichtete, der Ex-Präsident habe versucht, einen Zeugen zu kontaktieren, der noch nicht öffentlich ausgesagt habe.
Der Zeuge habe es abgelehnt, auf den Anruf zu reagieren und stattdessen einen Anwalt eingeschaltet. Cheney fügte hinzu: «Lassen Sie mich noch einmal sagen, dass wir jeden Versuch, Zeugenaussagen zu beeinflussen, sehr ernst nehmen werden.» (dab)
Mit Material von Keystone-SDA