Es mag schon ein paar Jahre her sein, dass Social Media als Befreiungsschlag für die Gesellschaft gefeiert wurde. Kaum einer wird heute die Abhängigkeit bestreiten, in die wir uns mit dem Abschluss eines Zweijahresvertrages beim «Mobilfunkanbieter deiner Wahl» begeben haben.
Faceboook, Instagram, Twitter, Tinder, Evernote – tell me much about it. Irgendwann hat der ganze Kram keinen Spass mehr gemacht, weil es zu viel wurde. Auf allen Kanälen wird der Nutzer mit News, Videos, Bildern vollgeballert. Jetzt, wo jeder jeden erreichen und mit dem eigenen Geschreibsel aus der Reserve locken kann, lechzen schon die Ersten nach dem Exit-Button. Social Media ist dabei, seinen guten Ruf zu verlieren.
Einer Studie von Saferinternet.at zufolge gelten soziale Netzwerke bei Jugendlichen zwischen 14 und 18 als wenig vertrauenswürdig, immer mehr verlagern die Kommunikation in Messenger-Dienste und wenden sich von zeitraubenden Plattformen wie Facebook ab.
Um realistisch zu bleiben: Komplett auf soziale Netzwerke zu verzichten ist dann möglich, wenn man als Selbstversorger in einer Hütte im norwegischen Hinterland leben möchte. Wer allerdings weiterhin als Teil der Zivilgesellschaft lebt und arbeitet, wird es sich kaum erlauben können, die Maschine komplett herunterzufahren.
Bis sich die Menschheit also wieder gefangen und die Gerichte erste Präzedenzfälle im Kampf gegen Facebooks Verantwortungslosigkeit geschaffen haben, liegt es an uns, den Social-Media-Konsum so zu regeln, dass es uns damit gut geht.
Könnt ihr euch noch daran erinnern, als Forscher vor mehr als sechs Stunden täglich im Internet warnten? Ich auch nicht. Die Zeit, die wir heute «online» und «offline» verbringen, lässt sich kaum noch trennen. Wer auf der Arbeit nicht online sein muss, kann sich selbst gewisse Internetzeiten vorschreiben. Zum Beispiel: Zwischen 20 und 21 Uhr. In dieser Zeit werden Mails und Kommentare beantwortet, Fotos hochgeladen und Ideen geholt.
Wer nicht über die nötige Selbstkontrolle verfügt (hallo!) holt sich einfach die App freedom, mit der man soziale Netzwerke und Apps auf dem iPhone, iPad, auf Mac und Windows blockieren kann.
Wer es nicht ganz so radikal möchte, kann gewisse Benachrichtigungen abschalten. Gewöhnt euch daran, den kleinen Haken zu nutzen, den es bei Posts und Benachrichtigungen gibt. Mit dem Setzen des Häkchens wirst du nicht jedes Mal benachrichtigt, wenn jemand anderes einen Post, den du selbst kommentiert hast, ebenfalls kommentiert («Benachrichtigungen zu diesem Beitrag deaktivieren»). Eine einfache Methode, das laute Rauschen auf Facebook zu verringern.
Gerade vor dem Schlafengehen tut es gut, langsam abzuschalten, den Tag nochmal durchzugehen und vielleicht gleich den morgigen mit dazu. Niemand muss bis Mitternacht auf Facebook hängen, nur um nichts zu verpassen. Es tut gut, einen Rückzugsort zu haben, der fern des Digitalen liegt. Kann bitte jemand die Gitarre aus dem Keller holen?
Statt überall präsent zu sein, sucht man sich lieber eine Plattform, auf der man sich wohl fühlt. Anne Wizorek spricht beispielsweise auf ihrem Podcast «Kleinerdrei – To Tweet Or Not To Tweet» davon, dass sie sich inzwischen sehr wohl auf Instagram fühlt und lieber dort abhängt, statt auf Twitter mit rasend schnellen Breaking-News-Zyklen konfrontiert zu sein. Da jede Plattform für ihre ganz eigenen Spezifika bekannt ist, sollte man als Nutzer jene wählen, die dem eigenen Interesse am meisten entspricht. Twitter für (Breaking) News und Sprachwitz, Instagram für Visuelles und Facebook für Freunde und Tagesaktuelles.
Keine Sorge, es tut gar nicht weh: Entfolge Leuten, die dich nerven. Es hat keinen Sinn, aus Höflichkeit dabei zu bleiben, wenn man immer wieder von denselben Dingen genervt wird. Der angeberische Arbeitskollege? Entabonniert. Die Bekannte von früher, die nur noch Babysachen postet? Nichts für ungut, Annemarie – entabonniert. Dazu muss man die Person nicht einmal entfreunden – ein Klick auf den Abo-Button (XY nicht mehr abonnieren) genügt.
Selbiges gilt für Medienseiten. Womit wir schon bei Punkt 6 wären.
Es gibt Artikel, die sind nur dafür gemacht, geteilt zu werden – schliesslich verdienen Medienunternehmen ihr Geld mit Klicks. Bei dieser Art von Artikeln oder «Social Cards» (Quadratische Fotos mit Sprüchen drauf) wird der Nutzer aufgefordert, seine Freunde darunter zu taggen. Auch hier gilt: Nerv dich nicht, entfolge oder entabonniere einfach das, was du nicht mehr sehen willst. Sobald du das getan hast, gibt's Platz für Seiten, die nicht dröhnen, sondern subtil anregen und angenehm unterhalten.
Ja, auch 2017 haben Medienseiten immer noch Landing-Pages, die besucht werden können. Einfach mal wieder alles lesen, statt einzelne Artikel. Klappt übrigens auch mit einem Heftli.
Auch wenn das Internet dieser Tage wie eine Bühne wirkt, auf der fünfhundert Menschen gleichzeitig schreien, sollte man eines berücksichtigen: Die lauten Stimmen wirken deshalb so laut, weil Plattformen davon leben, dass man möglichst viel Zeit auf ihnen verbringt. Während Likes in Form von Zustimmung wenig sichtbar bleiben, stechen hasserfüllte Kommentare einer kleinen aggressiven Minderheit hervor. Jeder Dissens wird einzeln angezeigt und hat einen Namen – anders als 456 Herzen oder Gefällt-mir's.
Solidarisch können sich alle Nutzer zeigen, indem sie – so uncool es für viele auch sein mag – diskriminierenden und beleidigenden Kommentaren Paroli bieten, sie melden, selbst aktiv werden. Bloss nicht nur zuschauen.
Es formiert sich bereits Widerstand gegen Hasskommentare und rechte Hetze im Netz. Die rasant wachsende Facebook-Gruppe «ichbinhier»» hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen bei Facebook zu helfen, die von Schmähungen und Beleidigungen überrollt werden.
Es gibt diesen einen Gegenstand, er ist schwer und besteht aus vielen dünnen Seiten, die mit einem Einband zusammengehalten werden. Richtig: ein Buch! Gerade morgens ist man noch frisch dabei und kann so endlich das nachholen, was einen damals im Deutschunterricht noch nicht interessiert hat.
Wer Facebook, Twitter und Co. als App auf dem Smartphone installiert hat, wird garantiert schneller darauf zugreifen (hallo Automatismus!), als wenn er sich jedes Mal via Browser einloggen muss.
In diesem Sinne: