Nebel
DE | FR
Leben
Gefühle

Dr. Sandra Lee a.k.a. Dr. Pimple Popper und die Faszination des Ekels

Was diese Frau treibt, ist so grossartig wie abstossend – und ich kann nicht wegsehen

Bild: screenshot youtube

Allfällige Folgeschäden, die aus der Lektüre dieses Artikels resultieren, liegen komplett in deiner eigenen Verantwortung.

Dr. Sandra Lee ist eine amerikanische Dermatologin. Und Youtube-Star mit fast 3 Millionen Followern. Die mitreissende Begeisterung für ihren Beruf und bizarren Auswüchse ihrer Patienten bewirken physischen Ekel und wohligen Schauer. Ich kann nicht wegsehen ... 
17.08.2017, 20:0118.08.2017, 13:51
Mehr «Leben»

Der Philosoph Aurel Thomas Kolnai hielt in seinem vielleicht wichtigsten Aufsatz «Der Ekel» fest, dass es sich dabei um eine Abwehrreaktion handele. Er beschrieb den Ekel aber auch als ambivalente Gefühlsregung, ...

... «da die auslösenden Objekte nicht nur abstossend wirken, sondern zugleich die Aufmerksamkeit fesseln.»

Dass der Künstler Salvador Dalí von Kolnais Thesen mehr als nur ein bisschen fasziniert war, zeigt sich unter anderem in seinem Film «Der andalusische Hund» mit der unsterblichen Augenszene, die den dadaistischen Film schon zu Schaffenszeit berühmt-berüchtigt machte.

Surprise

Die gleiche Mischung aus Abscheu, Grusel und Faszination sorgt bei expliziten Horrorfilmen zu Schlangen vor den Kinokassen, lässt Autounfälle in lange Folgestaus ausarten und macht Wettessen zu Publikumsmagneten. 

Und mich und drei Millionen andere verzückt deshalb auch jede neue Folge auf dem Youtube-Kanal der kalifornischen Spezialistin für Hautkrankheiten. 

Surprise
Bild: screenshot youtube

Bald eine Milliarde mal wurden ihre kleinen Kunstwerke bereits angeklickt. Die Zeitschrift New Yorker und die Cosmopolitan haben ihr bereits längere Portraits gewidmet. 

In ihren Videos hilft sie Menschen. Menschen, die unter Lipomen, Zysten und anderen Wucherungen leiden. Mit chirurgischer Ruhe, menschlicher Wärme, absoluter Gelassenheit und gnadenlos explizit schafft sie Abhilfe. Die Kamera hält voll drauf, wenn sie tief in den menschlichen Körper schneidet und mit ehrlicher Begeisterung ganze Berge von Eiter und faustgrosse Fettgeschwülste aufspürt, mit den Fingern aus ihrem fleischigen Versteck pult oder – im besten Fall – poppend aus dem Patienten quetscht.

Surprise
Bild: screenshot youtube

Das ist so unglaublich befriedigend wie beunruhigend. Mehr als ein, zwei Videos am Stück schaffe ich selten, bevor sich meine Magengegend drohend in mein Bewusstsein drängt. Was es jedoch genau ist, das mich immer wieder zu ihrem Kanal zurückkehren lässt, ist nur schwierig in Worte fassen.

bob ross, nuff said
Bild: mental floss

Gelassenheit & Klarheit

Ich bin zum Beispiel auch ein Fan von Bob Ross. Dem Typen mit dem Lockenkopf, der mit Pinsel und Zen-Stimme durch kitschige Gemälde und die Nacht führte. Es war wohl seine Unaufgeregtheit, mit der er auch bei mir eine grosse, innere Ruhe bewirkte. Die Klarheit, mit der jederzeit nachvollziehbar wurde, was er da tat, was er vorhat und was als nächstes passieren wird. Und das Resultat war immer so schön sauber und aufgeräumt. Nicht, dass ich mir das an die Wand hängen würde. 

Grusel

Ich möchte auch keine offenen Wunden und Berge von Eiter auf meinem Nachttisch finden. Doch ich geniesse es, mich zu gruseln. Genau herauszufinden, wo meine Grenzen des Erträglichen liegen und immer mal wieder etwas an ihnen zu zerren. Ich muss mich dazu nicht ständig in der roten Zone aufhalten, kurze Stippvisiten reichen völlig aus. Dabei helfen entweder die Filme von Rob Zombie, oder, nachhaltiger weil tatsächlich wissensvermittelnd, medizinische Lexika. 

Surprise
Bild: screenshot youtube

Das Wunder der Natur

Und nicht zuletzt habe ich mich schon immer dafür interessiert, wie die Rädchen zusammenspielen. Wie A und B zusammenhängen und welche Mechanismen dazwischen liegen. Das betrifft zwar auch industrielle Prozesse. Doch besonders die Natur hört nicht auf, mich zu überraschen und immer neu zu überwältigen: Die Universalität der Naturgesetze, die Logik und Abwegigkeit der Lösungen, die die Evolution, die das Universum gefunden hat. 

In der Kombination dieser Faktoren finde ich mich immer wieder mal vor dem Bildschirm, mit auf Dauer immer enger zusammengekniffenen Augen, und lasse mich entführen in das Mysterium der Pathologie. Dabei grusele mich abgrundtief, leise lächelnd vor Staunen und Verblüffung. Schön, gibt es Dr. Sandra Lee. 

Schultern entspannen, hinsetzen und geniessen: 

Der Vollständigkeit halber:

Es gibt zu diesem Thema eine ganze Szene, die noch viel weiter geht. Das tue ich mir persönlich dann zwar nicht mehr an, aber euch sei zumindest der Weg zu diesem weiten Feld des Ekels nicht verwehrt. Hier lang

Um beim Mechanismus Ekel zu bleiben: Der Bachelor und die Frauen

1 / 16
Der Bachelor und die Frauen
Ein Röschen für das Höschen? Nicole in der Offensive.
quelle: 3+
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Und zum Thema bizarre Bilder: So schön können schmelzende Süssigkeiten aussehen

Video: watson

Mehr zum Thema Leben gibt's hier:

Alle Storys anzeigen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet um die Zahlung abzuschliessen)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
25 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Stromer5
17.08.2017 20:05registriert Juli 2015
Youtube ist schon komisch:
Man darf zeigen wie operiert wird, aber wehe es wird ein nippel einer brust gezeigt...
915
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sinthobob
17.08.2017 21:02registriert August 2016
"Alte..eifach nöd."
4111
Melden
Zum Kommentar
avatar
Hawk21
17.08.2017 20:10registriert Januar 2017
Ich finde ihre Videos genial. Die Konversationen mit den Patienten sind ebenso interessant.
Und mich beruhigen solche Videos. Ekeln mich überhaupt nicht an. Ausser sie "poppt" nicht alles ;)
334
Melden
Zum Kommentar
25
Krankenkassen sollen gewisse im Ausland gekaufte Arzneien vergüten

Schweizer Krankenkassen sollen bestimmte von den Versicherten im Ausland gekaufte Medikamente vergüten müssen. Der Nationalrat verlangt, dass das Gesetz entsprechend angepasst wird. Vergütet werden sollen Arzneien, welche in der Schweiz zugelassen sind und durch einen in der Schweiz praktizierenden Arzt verordnet wurden.

Zur Story