Schweiz
Gesellschaft & Politik

SVP-Gallati kritisiert die Diktaturvorwürfe Martullo-Blochers

SVP-Gallati: «Pandemie mit Termin abzuschliessen, war nicht die beste Idee der SVP»

Schon mehrmals wurden aus dem SVP-Lager Diktatur-Vorwürfe an die Adresse des Bundes laut. Dass nicht alle mit diesen Äusserungen einverstanden sind, zeigt ausgerechnet der Aargauer SVP-Regierungsrat Jean-Pierre Gallati.
10.03.2021, 08:5810.03.2021, 12:24
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Der Bundesrat musste sich in den vergangenen Wochen so einiges anhören, allem voran den Vorwurf, es werde eine Corona-Diktatur geführt. Solche Äusserungen kamen hauptsächlich aus dem SVP-Lager, welches die Corona-Politik schon seit längerem heftig kritisiert. Doch nicht alle Parteiangehörigen sitzen im selben Boot. Einer davon ist der SVP-Regierungsrat und Aargauer Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati, der gestern im «Talk Täglich» zu Besuch war.

Jean-Pierre Gallati (SVP), neu gewaehlter Regierungsrat des Kanton Aargau nach seiner Wahl in Aarau, am Sonntag, 24. November 2019. (KEYSTONE/Walter Bieri)
Jean-Pierre Gallati sitzt seit dem 24. November 2019 im Aargauer Regierungsrat.Bild: KEYSTONE

Dort distanziert er sich sowohl von den Forderungen als auch von den Aussagen der Parteikollegin Magdalena Martullo-Blocher. In der Debatte des Nationalrats über das Covid-19-Gesetz bezeichnete sie die Regierung nicht zum ersten Mal als Corona-Diktatur und forderte eine Öffnung der Restaurants am 22. März – unabhängig der epidemiologischen Lage.

Magdalena Martullo-Blocher, SVP-GR, spricht waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 8. Maerz 2021 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Magdalena Martullo Blocher während der Frühlingssession der Eidgenössischen Räte am Montag, 8. März 2021 in Bern.Bild: keystone

Gegenüber Moderator Rolf Cavalli stellt Galatti klar:

«Wenn wir in einer Diktatur leben würden, hätte sie diese Aussage gar nicht machen dürfen.»

Würde es sich tatsächlich um eine Diktatur handeln, so könnte man seine Meinung nicht mehr frei äussern. Allerdings sei es nach wie vor möglich, den Bundesrat oder den Regierungsrat zu kritisieren, ohne dass einem etwas passiere – was so auch richtig sei. Wenn man von einer Diktatur sprechen wolle, dann eher im Hinblick auf eine andere Institution, so Gallati mit einem Seitenhieb an seine Parteikollegin:

«Wahrscheinlich ist die Firma von Frau Martullo-Blocher einer Diktatur ähnlicher als unser Bundesstaat.»

Gallati findet auch klare Worte, was das gesetzliche Vorschreiben eines fixen Öffnungstermins betrifft:

«Es wäre unseriös, das Ende einer Pandemie per Gesetz festlegen zu wollen.»

Denn die Pandemie sei ja nicht einfach mit einem geregelten Termin abgeschlossen. Entsprechend war der Antrag der SVP «nicht die beste Idee». Dies wirft bei Moderator Cavalli die Frage auf, ob Gallati denn von der Parteilinie der SVP abgewichen sei, worauf Gallati verneint. Es gebe ja keine Partei, die den Umgang mit einer Pandemie in ihrem Programm geregelt habe. Zudem habe die SVP ja vor einigen Jahren dem neuen Pandemiegesetz zugestimmt, welches dem Bundesrat in dieser Situation grosse Vollmachten übertrage.

Sieht sich bei der SVP nach wie vor gut aufgehoben, auch wenn er sich mit Parteikollegen nicht in allen Punkten einig ist: Jean-Pierre Gallati.
Sieht sich bei der SVP nach wie vor gut aufgehoben, auch wenn er sich mit Parteikollegen nicht in allen Punkten einig ist: Jean-Pierre Gallati.Bild: screenshot

Gallati betont die grosse Ungewissheit, welche die Pandemie mit sich bringt. Der Blick in die Zukunft gestaltet sich als schwierig:

«Ich kann Ihnen heute nicht sagen, was für einen Entscheid ich möglicherweise in einigen Tagen fälle.»

Die Ungewissheit äussert sich auch in der Impfstrategie, welche sich den Liefermengen der Impfdosen immer wieder anpassen müsse. Gemäss neuesten Informationen bekäme der Kanton Aargau im Mai 100'000 Dosen weniger als ursprünglich erwartet. Nichtsdestotrotz gibt sich Gallati optimistisch: Es hätte noch kein Impftermin verschoben werden müssen und bald dürften sich auch Personen ab 65 Jahren impfen lassen.

Die ganze Sendung kannst du hier anschauen

(saw)

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92 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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nib
10.03.2021 09:18registriert Mai 2016
Das sind ja doch sehr treffende Aussagen. Schon spannend, wie die meisten SVP Politiker zur Räson kommen, wenn sie in der Exekutive sind.
Umso unverständlicher für mich, dass die Parteiwähler nicht merken, dass wohl etwas am den Polemiken nicht stimmt.
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Donald
10.03.2021 09:26registriert Januar 2014
Aeschi, Martullo, Köppel, Matter usw. sind einfach Hetzer. Das fällt wohl auch langsam anderen SVPlern auf. Möglicherweise vor allem solchen, die in Zukunft wieder einmal gewählt werden wollen. Ich bin mir zwar nicht sicher, wie die Stamm-SVP-Wählen das sehen.
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Baba ♀️
10.03.2021 09:19registriert Januar 2014
Ich muss gestehen, RR Gallati überrascht mich seit vergangenem Dezember sehr. Positiv!
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