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Roger Köppel über Schweizer Sanktionen im Ukraine-Krieg: «Ein Skandal»

Köppel: «Ich habe noch nie Putin gelobt» (doch, hat er)

10.07.2022, 07:5910.07.2022, 12:07
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Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist SVP-Nationalrat Roger Köppel bei vielen Schweizerinnen und Schweizer in die Kritik geraten. Gleich zu Beginn des Krieges wurde Wladimir Putin in Köppels «Weltwoche» als «Missverstandener» porträtiert. Zudem kamen in der Zeitung immer wieder umstrittene Personen wie der russische Botschafter Sergei Garmonin zu Wort. Aus diesen Gründen wurde Köppel zuletzt oft als «Putin-Versteher» bezeichnet. Köppel betrachtet sich selbst als «Russland-Versteher».

Roger Koeppel, SVP-ZH, wartet vor dem Kommissionszimmer der Immunitaetskommission, am Mittwoch, 11. Mai 2022 im Bundeshaus in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Roger Köppel bei der Lektüre der «Weltwoche».Bild: keystone

In einem Interview mit der «SonntagsZeitung» erläuterte der Nationalrat nun seinen genauen Standpunkt zum Krieg in der Ukraine und zu Putin. Dabei distanzierte sich Köppel vom russischen Präsidenten. Weder er noch sonst ein SVP-Politiker hätten Putin je gelobt, sagte er. «Keiner empfindet Sympathie für ihn», führte der Zürcher Politiker aus, «ich habe diesen Krieg von Anfang an verurteilt und will, dass er aufhört.»

Köppels Aussagen stehen im Widerspruch zu seiner lang anhaltenden Putin-freundlichen Berichterstattung. Kurz nach Kriegsbeginn im Februar 2022 schrieb Köppel etwa: «Vielleicht, hoffentlich ist Putin der Schock, den der Westen braucht, um wieder zur Vernunft zu kommen.»

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Köppel äussert sich mal als Publizist, mal als Politiker

Mit seiner Berichterstattung in der «Weltwoche» sieht der Chefredaktor derweil keine Probleme. «Die ‹Weltwoche› bringt auch viele andere Meinungen», sagte Köppel. Es sei enorm wichtig, diese Vielfalt zu behalten. «Selbst wenn man dann jeweils verunglimpft wird, zum Beispiel als Putin-Versteher.» So erklärte er auch, warum Botschafter Garmonin in der «Weltwoche» sagen durfte, Russland führe in der Ukraine gar keinen Krieg. «Das ist die russische Sicht», so Köppel. Gleichzeitig würde man auch Gegenstimmen zu Wort kommen lassen. «Wir lassen britische Historiker schreiben, die Putin in die Nähe zu Hitler rücken.»

Im Interview äusserte sich Köppel aber nicht nur als Publizist, sondern auch als Politiker. In dieser Rolle äusserte er harsche Kritik am Bundesrat und an den Sanktionen gegen Russland. «Diese funktionieren nicht», so der SVP-Nationalrat. Putin würde immer weiter marschieren – und dabei sogar profitieren. «Er verdient dank sanktionsbedingt hochgetriebenen Energiepreisen mehr denn je und hat in Russland 84 Prozent Zustimmung. Vor dem Krieg waren es 40 bis 50 Prozent.»

Russian President Vladimir Putin speaks to members of the State Duma and the Federal Assembly of The Russian Federation in the Kremlin in Moscow, Russia, Thursday, July 7, 2022. (Alexei Nikolsky, Sput ...
Auch die Putin-Sichtweise soll in den Medien geäussert werden, findet Köppel.Bild: keystone

Köppel ärgerte sich zudem darüber, dass der Bundesrat die Schweizer Neutralität im Ukraine-Krieg «kopflos preisgegeben» habe. Die Konsequenzen davon seien gravierend, ist er überzeugt. «Die Russen, eine Weltmacht mit 6000 Atomsprengköpfen, haben uns auf die Liste feindlicher Staaten gesetzt. Unsere Sicherheit ist akut bedroht», argumentierte Köppel.

So sei es nicht mehr möglich, gute Dienste im Konflikt anzubieten. Zudem würde durch all diese Massnahmen der Schweizer Rechtsstaat ausser Kraft gesetzt werden. «Ich finde es einen absoluten Skandal, wie der Bundesrat ohne jedes rechtliche Gehör russischen Unternehmern, die in der Schweiz leben, das Vermögen faktisch wegnimmt und sie wie Verbrecher behandelt», so Köppel, «einfach, weil sie den falschen Pass haben und reich sind.»

Der Vergleich hinkt jedoch: Nur die schwersten Delikte – darunter Mord, Totschlag, aber auch schwere Fälle von Geldwäscherei oder Betrug – werden zu «Verbrechen» gezählt. Anders als wahre Verbrecher mussten russische Unternehmer wegen Unterstützung der Kreml-Politik keinen Tag in Haft verbringen. Ihnen wurde lediglich erschwert, auf Schweizer Boden ihr Geld zu verwalten.

In seinen Augen gibt es somit nur einen Weg, um den Krieg bald zu beenden: «Mann muss mit Putin verhandeln.» Selbst dann, wenn man ihn «für den übelsten Menschen auf Erden» halte. Ohne solche Verhandlungen würde die Wirtschaft in eine Katastrophe stürzen und die Dritte Welt in die grösste Hungersnot seit 60 Jahren. (dab/pit)

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250 Kommentare
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Gulli
10.07.2022 08:26registriert September 2015
Es wirkt schon fast getrieben, wie RK versucht bei allen Themen eine Gegenposition zu vertreten . So wie ein Trotzkopf, Querulant, Kurpfuscher…
Vielleicht sieht er es als Geschäftsmodell eine Grundmasse an Unzufriedenen mit Hass und Demagogie zu füttern.
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Firefly
10.07.2022 08:24registriert April 2016
"In seinen Augen gibt es somit nur einen Weg, um den Krieg bald zu beenden: «Mann muss mit Putin verhandeln.»"

Nein nicht "man" muss, sondern die Ukraine muss, zu ihren Bedingungen. Und zuellererst muss Putin die Gewalt beenden die er angezettelt hat, sonst kann man nicht Reden. Oder meint Köppel etwa über die Souverenität anderer Länder selber bestimmen zu können? Was für ein Wahn hat der Mann?

Ich habe keine Zweifel, dass die Ukraine, wenn Putin die Gewallt stoppt, bereit ist an den Verhandlungstisch zu gehen. Aber Putin hat diesen Krieg begonnen und er muss erst die Gewalt stoppen.
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Fairness
10.07.2022 08:17registriert Dezember 2018
Diese Diebe von russischem Allgemeinvermögen werden eben leider nicht wirklich als Verbrecher behandelt.
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