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Die Arroganz der «Grossen»: Kommentar zum Medienpaket

Ein Plakat mit der Aufschrift "Keine Steuermilliarden fuer Medien-Millionaere. Mediengesetz Nein", fotografiert am Montag, 31. Januar 2022 in Uster. Am 13. Februar wird die Schweizer Bevoelk ...
Mit ihrem Slogan trafen die Gegner einen wunden Punkt.Bild: keystone
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Die Arroganz der «Grossen» war Gift für das Medienpaket

Die Gegner des Medienpakets hatten sich im Abstimmungskampf auf die grossen Verlage eingeschossen. Und die haben ihnen fleissig Munition geliefert. Jetzt dürfte die SRG ins Visier kommen.
13.02.2022, 15:1614.02.2022, 11:19
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Die Menschen haben ein ambivalentes Verhältnis zu den Medien. Man lästert gerne und oft darüber. Journalistinnen und Journalisten gehören im Index der angesehensten Berufe zu den Schlusslichtern. Auf ihr Informationsangebot will man dennoch nicht verzichten, besonders in Zeiten, in denen alles drunter und drüber geht (Corona, Trump, Ukraine).

Die Finanzierung dieses Angebots steht auf einem wackeligen Fundament, seit die einst üppigen Werbeeinnahmen weggebrochen sind und die Jungen sich kaum noch über «klassische» Kanäle informieren. Weshalb Bundesrat und Parlament ein Paket zur Medienförderung schnürten, das nun beim Stimmvolk ziemlich klar durchgefallen ist.

Ein Plakat mit der Aufschrift "Wer Nachrichten aus seiner Region will, sagt: Ja zum Medienpaket", fotografiert am Montag, 31. Januar 2022 an der Bushaltestelle Turicum in Uster. Am 13. Febru ...
Die Ja-Kampagne war blutleer und zaghaft.Bild: keystone

Das Medienpaket war keine Glanzleistung. Es wirkte überladen und wichtige Punkte waren unklar formuliert. Deshalb konnten die Gegner behaupten, 70 Prozent der bis zu 151 Millionen Franken pro Jahr wären an die grossen Verlage gegangen. Ein blutleere Ja-Kampagne auch von Bundesrätin Simonetta Sommaruga trug zur Niederlage bei.

Walders peinlicher Fauxpas

Es ist dennoch ein starkes Stück, wenn der Vize-Chefredaktor des «SonntagsBlick» auf die «schlechteste Kampagne aller Zeiten» einprügelt und eigene Fehlleistungen grosszügig ausblendet. Gemeint ist das peinliche Video, in dem Ringier-CEO Marc Walder erklärte, die mediale Berichterstattung in der Coronakrise solle «die Regierungen» unterstützen.

Mit seiner Bemerkung, er wäre «froh, wenn dies in diesem Kreis bleibt», erweckte Walder den Eindruck, es gebe eine «Verschwörung» zwischen Staat und Medien. Es erstaunt nicht, dass sich die Lust in Grenzen hielt, ihnen zusätzliches Geld aus der Bundeskasse zukommen zu lassen. Das gilt auch für das Gebaren eines anderen Grossverlags.

Dividende trotz «Verbot»

Die TX Group, die Muttergesellschaft von Tamedia, will für das Geschäftsjahr 2021 eine Dividende auszahlen, obwohl sie Geld aus dem Corona-Hilfspaket des Bundes erhalten hat. Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) hat ein Verfahren eröffnet, denn Bezüger solcher Bundesgelder unterliegen einem «Dividenden-Verbot» für die Jahre 2020 und 2021.

Marc Walder von Ringier beim Swiss Media Forum vom Donnerstag, 23. September 2021 im KKL in Luzern. (KEYSTONE/Urs Flueeler).
Marc Walder hat mit seinem «Verschwörungs»-Statement dem Medienpaket geschadet.Bild: keystone

Das Unternehmen versucht sich mit dem Argument herauszureden, Tamedia mit «Tages-Anzeiger» und Co. sei ein eigenständiger Bereich innerhalb der Holding. Ob das BAKOM dies «schlucken» wird, ist fraglich. Tatsache ist, dass die TX Group dank dem Geschäft mit Online-Plattformen regelmässig ansehnliche Gewinne erzielt.

Nun ist die SRG an der Reihe

Dennoch weibelte VR-Präsident Pietro Supino eifrig für das Medienpaket, genau wie die Ringier-Konzernleitung. Angesichts dieser Arroganz der «Grossen» darf man sich über den Backlash durch das Stimmvolk nicht wundern. Es wäre besser gewesen, kleine Regionalzeitungen hervorzuheben, doch das geschah zu spät und zu zaghaft.

Watson wird es – sorry, liebe Hater – überleben. Wir hätten bestenfalls einen symbolischen Betrag aus dem Paket erhalten, wenn überhaupt. Schwierig werden aber könnte es für einen anderen «Medienriesen», der von der Vorlage gar nicht betroffen war: die SRG. Sie hat vor vier Jahren mit dem satten Nein zur «No Billag»-Initiative einen Vertrauensbeweis erzielt.

Seither aber gibt sie sich alle Mühe, den Goodwill zu verzocken. Mit ihrer Online-Offensive provoziert sie die privaten Anbieter. Gleichzeitig spart sie beim linearen Radio- und Fernsehprogramm und vergrault damit ihr treuestes Publikum. Und was soll man davon halten, dass die Chefetage statt hoher Boni einfach einen höheren Fixlohn erhält?

Die SVP dürfte kaum zögern, ihre angedrohte Volksinitiative für eine Halbierung der Serafe-Gebühren zu lancieren. Sie hat ein grösseres Erfolgspotenzial als die radikale «No Billag»-Initiative. Auch die Privaten könnten den SRG-Kuchen ins Visier nehmen. Denn die Frage, wie das Informationsangebot finanziert werden soll, wird nicht verschwinden.

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Das komplette SRG-Strategiepapier für den Kampf gegen «No Billag»
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Das komplette SRG-Strategiepapier für den Kampf gegen «No Billag»
Die Präsentation, die den Plan der SRG-Führungsetage für den Kampf gegen politische Gegner in der aktuellen RTVG- und Service-Public-Debatte umreisst, liegt watson vor.
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220213 Philipp Gut zum Mediengesetz
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51 Kommentare
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Joe Hill
13.02.2022 15:29registriert Dezember 2015
Der Denkfehler ist schon wider da, das "Nein" zu diesem Mumpitz ist kein "Ja" zu den reaktionären Gegnern, die uns am liebsten mit Pay-TV und 15 Minuten Werbung alle 10 Minuten zukleistern würden. Die Medien wollen Firmen sein, dann sollen sie sich selbst finanzieren und nicht beim Bund betteln; ihre Gewinne geben sie ja schliesslich auch nicht wieder zurück. 2. ist die Medienlandschaft der Schweiz doch sehr bescheiden: Die alte Tante für die Trustfund-Kids, der Aushilfsstürmer für die Reaktion, der Busen-Blick für alle, die wissen wollen was Göle zum z'Morge isst und die Copy/Paste-Portale.
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Andy
13.02.2022 16:09registriert Januar 2014
Was ich nie verstehen werde: Die Leute wären extrem bereit für möglichst objektive neutrale Information zu bezahlen, welche dem entspricht was man als Qualitätsjournalismus bezeichnen könnte. Es wäre nicht so schwer, die Mehrheit der zahlbereiten Kunden hinter sich versammeln zu können.

Liebe Journis: Warum lasst ihr euch für Publireportagen, "Hartz4"-Content, unkritische Berichterstattung ohne Tiefgang und Klickb@it-News benutzen, statt anzuwenden, was ihr mal gelernt habt? In die Ausbildung von euch, müsste man dringend mehr investieren, da bin ich voll bei euch.
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Matlokk
13.02.2022 15:35registriert März 2014
Ich denke auch dass ein grosser Teil der Leute genau dieses Verhalten heute abgestraft hat. Wenn der Ringier CEO seine Angestellten auf Regierungslinie einschwört hat das einfach nichts mehr mit neutralem oder gar kritischem Journalismus zu tun. Obs jetzt so war oder nicht ist egal. Es entsteht einfach der Eindruck dass Ringier die Hand nicht beissen wollte, die sie füttert. Geld schafft Abhängigkeit, ist einfach so. Deswegen bin ich auch klar der Meinung, dass das heute die Quittung für die oft undifferenzierte und unkritische Berichterstattung vieler Medien der letzten Jahre war.
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