Warum nur Männer? Die Zusammensetzung der «Arena» sorgte im Vorfeld für einen kleineren Shitstorm auf Twitter, gegen den sich Moderator Sandro Brotz mit Mühe und Not behaupten musste. Dabei lag die Antwort auf der Hand: Geladen waren die Präsidenten der sechs grossen nationalen Parteien, und die sind derzeit (fast) ausschliesslich maskulin.
SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer hätte die «Quotenfrau» spielen können, doch sie erwartet ihr zweites Kind und ist derzeit «nicht politisch aktiv», wie Cédric Wermuth, der männliche Part an der Parteispitze, ausführte. Ein weiteres Problem sprach Mitte-Präsident Gerhard Pfister an: «Für das Parteipräsidium gibt es keine unendlich lange Warteschlange.»
Der Andrang auf das aufreibende Amt hielt sich in den letzten Jahren in Grenzen. Der Aargauer Ständerat Thierry Burkart, der sein «Arena»-Debüt als FDP-Präsident gab, war am Ende der einzige Bewerber («Ich habe keiner Kandidatin den Platz weggenommen.»). Auch Grünen-Präsident Balthasar Glättli und GLP-Chef Jürg Grossen hatten keine Konkurrenz.
Für SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi, der den verhinderten Präsidenten Marco Chiesa vertrat, handelt es sich um eine «Luxus-Diskussion». Er nutzte die Frauenfrage, um das Lieblingsthema seiner Partei zu lancieren: die Zuwanderung. Sie ist in seinen Augen für die 21 Femizide in diesem Jahr verantwortlich: «Da schauen Sie weg, Herr Wermuth!»
Das liess der Aargauer nicht auf sich sitzen: Er räumte ein, dass häufig Ausländer die Täter waren, «aber es waren auch zu 100 Prozent Männer». Wermuth warf der SVP vor, gegen eine 24-Stunden-Hotline für die Opfer solcher Gewalttaten gestimmt zu haben, gegen mehr Unterstützung für Frauenhäuser und gegen die Istanbul-Konvention zur Stärkung der Frauenrechte.
«Eine solche Hotline nützt den Frauen nichts, die Täter müssen ausgeschafft werden», erwiderte Aeschi. Sein ziemlich spezieller Ausflug in den Feminismus hätte den Startschuss zu einer lebendigen Debatte bilden können, doch die Auseinandersetzung mit Wermuth sollte der emotionale Höhepunkt dieser «Arena» bleiben.
Sie fand auf den Tag genau zwei Jahre vor den nächsten Wahlen statt, also bei Halbzeit der laufenden Legislatur. Sandro Brotz gab den sechs Teilnehmern die Chance, je während einer Minute einen Werbespot in eigener Sache zu platzieren. Danach konnte er es nicht lassen, er musste das Thema Bundesrat und die heutige «Zauberformel» ansprechen.
Im aktuellen SRG-Wahlbarometer liegen FDP, Mitte und Grüne praktisch gleichauf. Bis zu den Wahlen aber kann viel passieren, und ein Rücktritt ist nicht in Sicht («Ueli Maurer wird mit Sicherheit auch in zwei Jahren noch Bundesrat sein», meinte Thomas Aeschi). Weshalb die Bundesratsfrage etwa so sinnvoll ist wie die Suche nach Eisbären in der Sahara.
Die Präsidenten surften entsprechend an der Oberfläche herum. Balthasar Glättli lancierte einen müden Angriff auf die FDP: «Wir haben mehr Anspruch auf einen Sitz als der Freisinn auf zwei Sitze.» Dies gäbe einen Linksrutsch im Bundesrat, warnte Thierry Burkart. Er zeigte sich überzeugt, dass diese Perspektive «ganz viele Leute mobilisieren wird».
Jürg Grossen musste sich gegen die beiden Aargauer wehren, die seine GLP als rechts (Wermuth) oder links (Burkart) einstuften. Er könne mit Grautönen gut leben. Pfister, der Dienstälteste unter den Präsidenten, warnte aus leidvoller Erfahrung (Ruth Metzler) vor der Abwahl von Bundesräten: «Das wäre für die Stabilität der Schweiz nicht gut.»
Schliesslich ging es um Sachpolitik, genauer um Corona und Klima. Thomas Aeschi stand beim Covid-Zertifikat allein gegen alle, doch trotz der nahen Abstimmung blieb der SVP-Fraktionschef seltsam zahm. Er distanzierte sich klar von der Aussage eines Schwyzer Kantonsrats, man müsse die Verantwortlichen für die Pandemie «vors Kriegsgericht» stellen.
Aeschi betonte sogar, die SVP habe «die Impfung immer unterstützt», was an der Basis für Irritationen sorgen dürfte. Mitte-Präsident Pfister appellierte an den Durchhaltewillen («wir befinden uns auf den letzten Metern»), und Thierry Burkart meinte, das Zertifikat bringe ein wenig Freiheit zurück: «Ich habe lieber ein Zertifikat als einen Lockdown.»
Beim Klima drehte sich die Debatte um die Frage, ob die Schweiz ein neues AKW braucht. Für Grünen-Chef Glättli ist das kein Thema: «Es gibt niemanden, der ein neues AKW finanzieren will.» Selbst für Gerhard Pfister ist es keine Option, obwohl das Problem der Winterversorgung nicht gelöst sei: «Gaskombi-Kraftwerke sind nicht sympathisch.»
Für Thomas Aeschi und Thierry Burkart ist Energieministerin Simonetta Sommaruga gefordert. Das bestritt auch SP-Chef Cédric Wermuth nicht: «Es braucht eine Energieoffensive.» Dazu gehöre eine Aufstockung der Wasserkraft. Er unterstützte auch die Pläne «seiner» Bundesrätin, die Einsprachemöglichkeiten zu reduzieren.
GLP-Präsident Grossen forderte mehr Effizienz und eine Offensive beim Zubau des Solarstroms, und Balthasar Glättli sorgte für ein Schlusswort, das die Präsidenten-«Arena» ziemlich auf den Punkt brachte: «Alle Parteien haben beschlossen, die Förderung der erneuerbaren Energien im Umfang von drei AKWs voranzutreiben. Dafür danke ich allen.»
Dies jetzt plötzlich ändern zu wollen ist ein frommer Wunsch. Es ist zudem ein europäisches Problem; viele Länder sind nicht in der Lage aus ihren Ressourcen sich selbst zu tragen, also importiert man Arbeitskräfte und die Populisten wettern dann, ohne auch nur je dazu beigetragen zu haben diese Arbeitskräfte in den eigenen Reihen zu suchen
Das Gefühl wir seien eines der sichersten Länder schwindet durch diese Berichte immer mehr. Das aufzuarbeiten ist meines Erachtens dringlich, denn mit den Vereinfachungen der SVP kann ich nichts anfangen, auch da deren Forderung erst nach den Taten greift. Die Taten müssen aber verhindert werden können.