Unternehmen, die wegen Corona-Anordnungen behördlich schliessen mussten, sollen nur noch 30 Prozent der Miete bezahlen: Dieser höchstumstrittene Vorstoss kommt heute Dienstag in den Nationalrat. Unterschrieben ist die Forderung nicht etwa von linker Seite, sondern von der Wirtschaftskommission des Nationalrats.
Hat der Vorstoss überhaupt eine Chance? Die Front dagegen ist – zumindest augenscheinlich – riesig: Ablehnung kommt aus SVP-Kreisen, die den Vorstoss aus «Sorge für Vermieter» bekämpfen. Sechs Nationalräte, darunter Fraktionschef Thomas Aeschi und Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher, beantragen namentlich ein «Nein».
Kritik gibts auch vom mächtigen Hauseigentümerverband (HEV), der ihn als «krass einseitig und willkürlich» bezeichnet. Zudem gilt die Immobilien-Branche im Parlament als gut vernetzt: ein Drittel aller Ratsmitglieder hat ein Immo-Mandat.
Auch wenn der Vorstoss nur wegen einer knappen Mehrheit von 13:10 Stimmen bei zwei Enthaltungen eingegeben wurde: Ein klares «Nein» ist heute im Nationalrat nicht vorprogrammiert.
In den vergangenen Stunden bildete sich eine Gegen-Lobby namens «Wirtschafts-Allianz für eine faire Mietzins-Regelung», die in einem Brief an Bundesrat, Nationalrat und Ständerat unter anderem den 70-Prozent-Mietzinserlass fordert, der heute auf der Nationalrats-Traktandenliste steht.
Hinter diesem Appell stehen mächtige Branchenverbände. Darunter GastroSuisse, die jeweiligen Verbände der Filialunternehmen, Fitness- und Sportcenter und jener der Geschäftsmieter.
Unterschrieben wurde der Brief auch von zahlreichen Firmenvertretern, darunter Coop-Konzernchef Joos Sutter, Marcel Dobler von Franz Carl Weber und Lipo-Chef Heinz Kunz. Sie alle sprechen sich nun für die Forderung aus, die vor wenigen Tagen noch als chancenlos galt.
Die nun plötzliche hochkarätige Unterstützer-Seite überrascht nicht. Zwar haben sich mit dem Mieterverband oder der SP-Nationalrätin und Immobilien-Politikerin Jacqueline Badran eher Linksstehende für den Vorschlag bekannt. Der Vorstoss trägt jedoch bürgerliche Handschrift.
Eingereicht hatte ihn der Tessiner CVP-Nationalrat Fabio Regazzi, nachdem ein gleichlautender Vorschlag von FDP-Ständerat Ruedi Noser in der Wirtschaftskommission des Stöcklis zu scheitern drohte. «Es war das Ergebnis eines Kompromiss, nachdem eine andere Idee, für die ich Sympathien hatte, scheiterte», sagt Regazzi zu watson. Die «andere Idee» sah eine Drittel-Lösung vor: Die Mietkosten während der behördlichen Corona-Schliessung hätten je zu einem Drittel von Mietern, Vermieterinnen und dem Bund übernommen werden sollen.
Dass die Idee von linker Seite gut aufgenommen wird, scheint Regazzi unangenehm zu sein. Das sei nun mal so, sagt er und wiederholt stattdessen: «Das Problem mit den Gewerbemieten ist ernst. Der Bundesrat wurde nicht von selbst aktiv. Deshalb haben wir gehandelt.»
Fraglich ist, wie der Nationalrat heute entscheidet. Regazzi könnte darauf hoffen, dass das improvisierte Abstimmungssystem in der BernExpo einige «Abweichler» dazu bewegt, «Ja» zu stimmen. Die Volksvertreter stimmen zwar digital ab, das Abstimmungsverhalten der einzelnen Ratsmitglieder wird aber nicht wie im Bundeshaus auf einem grossen Bildschirm angezeigt.
Noch fraglicher ist, wie der Ständerat entscheidet, sollte der 30-70-Prozent-Vorschlag im Nationalrat angenommen werden. Die ständerätliche Wirtschaftskommission hat einen eigenen Vorschlag eingereicht, der ein vierstufiges System mit Mieterlass bis 5000 Franken vorsieht. Badran bezeichnete diesen Vorschlag als «Scheinlösung der Immobilien-Wirtschaft».
Auch Regazzi zeigt sich skeptisch. Er befürchtet, dass es zur «Patt-Situation» kommt, wenn National- und Ständerat die jeweils eigenen Ideen durchboxen wollen.
Und die Banken helfen dem Bund ja sicher gerne, hat er ihnen ja auch schon geholfen.
Ohne Kunden-aufkommen können die Mieter keine Miete bezahlen. Dass die Vermieter lieber einen Konkurs und somit einen Mieter-wechsel eingehen und somit auch die Gefahr eines Lehrerstandes zeigt wie viel Gewinn dass die grossen einfahren. Ich sage grossen da viele kleine und privat Vermieter bereits Mietreduktionen versprochen haben.