Die Stammgäste sind das Herz jedes Gastro-Betriebs: Sie bescheren Umsatz und geben dem Lokal ein Gesicht. Einem Münchner Wirt wurde seine Stammkundschaft aber zum Verhängnis. Weil die rechtspopulistische Protestbewegung Pegida bei ihm ein und aus ging, steht nun seine Existenz auf dem Spiel.
Nach ihrem wöchentlichen Demonstrationszug trafen sich die Münchner Mitglieder von Pegida jeweils in der weitherum bekannten Pizzeria «Casa Mia». Als eine Gruppe von Lokalpolitikern Wind davon bekam, begannen die Probleme für den italienischen Restaurantbesitzer, wie mehrere Medien berichten.
So erhielt der Wirt Giovanni Costa eines Tages Besuch von Ernst Dill, Rechtsextremismus-Beauftragter im Bezirksausschuss des Münchner Stadtteils Sendling. Dieser überbrachte zwei Briefe: einen des Ausschussvorsitzenden, einen vom Oberbürgermeister. Beide forderten den «Casa Mia»-Besitzer dazu auf, die Pegida-Leute künftig nicht mehr zu empfangen.
Doch dieser dachte nicht dran: «Ich habe dem gesagt, dass ich mit Politik nichts am Hut habe», erzählt Giovanni Costa der NZZ. Die Pegida-Leute hätten Bier getrunken, Spaghetti gegessen und niemanden belästigt. «Warum soll ich die rausschmeissen?» Dill soll Costa daraufhin gedroht haben, er werde Ärger bekommen, sollte er kein Hausverbot gegen die Pegida-Leute verhängen.
Der Rechtsextremismus-Beauftragte Dill hingegen stellt sich auf den Standpunkt, er habe nur die Meinung vertreten, dass man diese Leute «hier nicht wolle». Auch in den Medien schlug er damals Alarm: «Wir wollen kein braunes Bier in Sendling!», zitierte ihn die Münchner Lokalpresse.
Kurz nach dem Vorfall war die Fassade des Restaurants mit einem Graffito beschmiert: «Nazis verpisst euch.» Gleichzeitig mobilisierten die Pegida-Anhänger und riefen zu Solidaritätsbesuchen im Lokal auf. Die politische Auseinandersetzung war schlecht fürs Geschäft: Costas Umsätze brachen um einen Viertel ein. Und dann, vor zwei Monaten, kündete ihm die Besitzerin des Restaurants, eine Brauerei, nach vierzehn Jahren den Pachtvertrag. Gestern sassen im «Casa Mia» zum letzten Mal Gäste. Eine Unterschriften-Sammlung von Anwohnern, die ihr Lieblingslokal retten wollten, blieb wirkungslos.
Die Brauerei äusserte sich bislang nicht öffentlich zu den Gründen der Vertragskündigung. Doch für Costa ist klar: Dahinter steckte die «Sorge ums Image». Auf einem Zettel am Fenster hatte er seine Gäste in den letzten Wochen über die bevorstehende Schliessung des Lokals informiert. Im Schreiben habe er auch «einen besonderen Dank» an den Bezirksausschuss gerichtet, der seinem Geschäft geschadet habe.
Ausschuss-Mitglied Ernst Dill verteidigt sich im Gespräch mit der NZZ: Der Ruf Münchens sei ihm wichtig. Er wolle Leute wie die Pegida-Anhänger nicht an einem öffentlichen Ort dulden. Denn München stehe als «Hauptstadt der nationalsozialistischen Bewegung» von Adolf Hitler in der Pflicht. «Ich sage nur: Wehret den Anfängen!»
(jbu)