«Er habe gedacht, es sei einfacher.» Donald Trump liess diese Woche zum ersten Mal durchblicken, dass er an seinem neuen Job manchmal ordentlich zu nagen hat. Man sei sehr isoliert als US-Präsident, meinte der 70-Jährige, «in meinem früheren Leben war immer so viel los.»
Gestern Abend, an seinem 100. Amtstag, kehrte Trump Washington den Rücken zu. Gemäss Tradition wäre in der Hauptstadt eigentlich ein Galadinner mit Journalisten auf dem Programm des Präsidenten gestanden. Doch der Republikaner strich den Termin schon vor Wochen und flog stattdessen nach Pennsylvania, wo er zu seinen Anhängern sprach.
Und dort, weg vom Alltag im Oval Office und weg von der Isolation, fühlte sich der Präsident wieder pudelwohl. Es stand wieder der Trump auf der Bühne, den wir vom Wahlkampf kennen. Bissig, euphorisch, Schläge austeilend.
«In einem Hotel-Ballsaal in unserer Hauptstadt hat sich gerade eine grosse Gruppe von Hollywood-Schauspielern und Washingtoner Medien versammelt, um sich zu trösten», scherzte Trump. «Ich könnte nicht entzückter sein, als mehr als 100 Meilen von ihnen entfernt zu sein.»
Er sei froh, den Abend nicht in Washington verbringen zu müssen, so der Präsident, schliesslich sei die Menge in Harrisburg «viel, viel grösser» und die Leute «viel besser». Die Menge dankte es mit einem: «USA! USA! USA!»
Trump verpasste es denn auch nicht, die Stimmung gegen die Medien weiter anzuheizen und bezeichnete «CNN» und «MSNBC» als «Fake News». Buh-Rufe.
Trump slams #WHCD at PA rally: ”A large group of Hollywood actors and Washington media are consoling each other.” https://t.co/fJ8GnxlLb8
— CNN (@CNN) 29. April 2017
Nachdem ebendiese Medien die ersten 100 Amtstage von Trump bereits in aller Breite analysiert hatten – und ihm alles andere als ein gutes Zeugnis ausstellten –, zog der Präsident gestern selber Bilanz. Die ersten 100 Tage seien «sehr aufregend und sehr produktiv» gewesen, meinte Trump. «Macht euch bereit für die grossen, grossen Kämpfe die anstehen, welche wir alle gewinnen werden.»
Ein solcher «Kampf» dürfte die Errichtung der Grenzmauer zu Mexiko werden. In den vergangenen Tagen wurde immer wieder angezweifelt, ob Trumps Mauer denn auch tatsächlich gebaut würde.
Nach den kürzlich bekannt gewordenen Steuerplänen der Regierung kamen viele Experten zum Schluss, dass der Bau der Mauer nicht finanzierbar sei. Trumps Regierung sieht massive Steuerkürzungen vor, dies könnte ein grosses Loch in die US-Staatskasse reissen.
Der US-Präsident beruhigte gestern jedoch seine Anhänger. «Wir werden die Mauer bauen, macht euch keine Sorgen», rief er ihnen zu. Zuvor skandierte die Menge in Harrisburg: «Build that wall» – «Baut die Mauer».
Trump to crowd chanting, ‘Build that wall’: “Don’t worry, we’re going to have the wall” https://t.co/CIAh6xv1ki https://t.co/Z8Fhc6QnLu
— CNN (@CNN) 30. April 2017
Desweiteren kündigte der Präsident der Vereingigten Staaten an, dass in den nächsten zwei Wochen ein «grosser Entscheid» zum Pariser Klimaabkommen anstehe. Er beschwerte sich, dass die Vereinbarung einseitig sei. «Die USA bezahlen Milliarden, China, Russland und Indien nichts», so Trump.
Gleichzeitig machte er gestern Werbung für fossile Brennstoffe. «Wir haben den Krieg gegen die schöne, saubere Kohle beendet», so Trump unter tosendem Beifall, «und wir schicken unsere grossartigen Kohle-Mineure zurück zur Arbeit.»
Trump: "We have ended the war on beautiful clean coal, and we are putting our great coal miners back to work" https://t.co/ptuWNTKy9e
— CNN Breaking News (@cnnbrk) 30. April 2017
Zum Schluss seiner Rede setzte Trump auf die volle Ladung Pathos. «Egal ob wir schwarz, braun oder weiss sind, wir bluten alle das rote Blut der Patrioten.»
Ab Montag wartet wieder der Alltag.
Viel Platz und Neonazis.