Nachdem das vergangene Wochenende von Gewalt gegen Frauen überschattet war, trendet am Donnerstag auf Twitter der Hashtag «Men are trash», also «Männer sind Müll». Der Hashtag sorgt auch hierzulande für eine scharfe Debatte.
An vorderster Front tweeten SP-Nationalrat Cédric Wermuth, der Präsident der Jungen SVP Benjamin Fischer und die bekannte Drehbuch-Autorin Günzin Kar. Letztere bringt die brutale Attacke auf fünf Frauen in Genf mit dem Hashtag in Verbindung.
In Genf werden Frauen verprügelt. Die Männer betonen ihre Unschuld und zeigen mit dem Finger auf andere Männer. Eine Frau schreibt #MenAreTrash. Die Frauen entschuldigen sich bei den Männern und schämen sich.
— Güzin Kar (@Guzinkar) 15. August 2018
Auch SP-Nationalrat Cédric Wermuth prangert in seinem Tweet das hiesige Konzept von Männlichkeit an, das laut ihm «voller Gewalt und Dominanz» ist, wie er auf Anfrage sagt. Er führt aus: «So wie ich das interpretiere, ist mit ‹Men› dieses Konzept der Männlichkeit in unserer heutigen Gesellschaft gemeint und nicht die biologischen Männer. Dafür kann ja keiner was.»
Selbst wenn die Botschaft von #menaretrash bis zur ersten Sekunde seines Gebrauchs falsch gewesen wäre, hätten ihn originellerweise die Reaktionen darauf rehabilitiert. Fakt ist: Wir haben ein gröberes Problem mit unserem Konzept von Männlichkeit.
— Cédric Wermuth (@cedricwermuth) 16. August 2018
«Männer sind Müll» – ein No-Go-Slogan für SVP-Fischer. Er schiesst auf dem Netzwerk scharf gegen Wermuth und bezichtigt ihn wegen der Weiterverbreitung des Hashtags ein «menschenverachtenden Extremist» zu sein. Tweete ein Jung-SVPler ähnliche Aussagen, sei das ein Ausschlussgrund.
Wenn jemand der @jungesvp ein #[irgendeine Menschengruppe]sindMüll verbreitet oder legitimiert ist das ein Ausschlussgrund. Bei @spschweiz wird so einer Ständeratskandidat. Fakt ist wir haben ein gröberes Problem wenn menschenverachtende Extremisten wichtige Ämter besetzen. https://t.co/z5LtWJTAhi
— Benjamin Fischer (@BeniFischer) 16. August 2018
Wermuth hingegen versteht diese Aufregung nicht. «Natürlich ist der Hashtag pauschalisierend», sagt er. Wichtig sei aber sowieso nicht der Hashtag selbst, sondern, dass die Debatte überhaupt zur Sprache kommt. «Aber Frauen und Frauenorganisationen weisen seit Jahrzehnten auf den Zusammenhang zwischen systematischer Gewalt an Frauen und Rollenbildern hin – ohne Resonanz. Offenbar hören gerade viele Männer erst zu, wenn sie den Zweihänder auspacken.» Später retweetet der Politiker dieses Gif:
bestimmt wäre der hashtag #menpleasereflectonyourbehavior viel besser angekommen als #menaretrash, wir wissen ja aus der vergangenheit dass aktivismus umso besser funktioniert umso freundlicher er ist pic.twitter.com/q1SVqqTefM
— ☂️ Straftaten Gut ☂️ (@fireantprincess) 16. August 2018
Die Debatte ist symptomatisch. Auf Twitter teilen sich die Meinungen grob in zwei Lager: Es gibt die Vertreter und Vertreterinnen der Meinung «Ja, Männer sind Abfall». Sie argumentieren, dass es ein strukturelles Problem in Sachen Gleichberechtigung gebe und man dieses auch mal mit drastischen Worten zuspitzen dürfe.
Auf der anderen Seite gibt es das Lager derer, die diese Formulierung als Pauschalierung sowie Beleidigung des Mannes verstehen. Viele von ihnen teilen nun als Gegenentwurf zu #MenAreTrash auch den Hastag #MenAreWonderful.
Mit den Gewaltausschreitungen in Genf und der Streetparade hat der Hashtag ursprünglich nichts zu tun. Entfachtet hat die Debatte die deutsche Autorin und Feministin Sibel Schick bereits Ende Juli. Auf ihre Tweets mit dem provokativen Hashtag folgte das Gedicht «Männer sind Arschlöcher», das Schick im feministischen Magazin «Missy Magazine» veröffentlichte:
Es ist ein strukturelles Problem, dass Männer Arschlöcher sind.
— Sibel Schick (@sibelschick) 30. Juli 2018
Schick führte später gegenüber der Online-Plattform «zz.tt» aus: «Was ich geschrieben habe, war: ‹Solange ein Problem strukturell ist, kann es nicht individuell gelöst werden. Da können einzelne Männer noch so okay sein.›» Dazu stehe stehe sie nach wie vor.
Schick hat den Hashtag #Menaretrash aber nicht selbst ins Leben gerufen sondern ihn lediglich aufgegriffen. Sie vermutet, dass rechtsextreme Trollgruppen den Hashtag und die Diskussion starteten. Diese These vertritt auch die ehemalige Politikerin und Netz-Aktivistin Jolanda Spiess-Hegglin.
Laut mehreren englischsprachigen Medien stammt der Hashtag aber ursprünglich aus Südafrika und ist 2017 erstellt worden, nachdem dort ein Mann seine 22-jährige Frau ermordete.
Der Hashtag #MenAreTrash wurde wohl von einem rechten Mob gestartet, um unsere Anstrengungen für Gleichberechtigung zu schwächen. Wer ihn gutheisst, darf mich gern blockieren. #MostOfMenAreWonderful
— Jolanda Spiess-Hegglin (@JolandaSpiess) 15. August 2018
Wir: "Ihr seid Arschlöcher"
— Sibel Schick (@sibelschick) 15. August 2018
Männer: "Nein, und ich drohe mit Vergewaltigung und Vergasung, um dies zu beweisen" #MenAreTrash
Fand ehrlich gesagt nicht ganz, dass alle #MenAreTrash. Aber dann hab ich die Tweets unterm Hashtag gelesen und jetzt bin ich mir sicher.
— Shahak Shapira (@ShahakShapira) 15. August 2018
Bevor ich schlafe, das ist einer von Hunderten Tweets dieser Art, die ich seit Wochen erhalte.
— redhidinghood_ (@redhidinghood_) 15. August 2018
Schmiert euch eurer ekelhaftes „nicht alle Männer“ in eure relativierenden, heuchlerischen unsolidarischen Fressen, ihr Säcke.
Feminismus radikal, queer intersektional #MenAreTrash 🗡 pic.twitter.com/QCAfUrTVEO
Lese seit Tagen sehr aufmerksam mit.
— Hanning Voigts (@hanvoi) 16. August 2018
Tweets mit #menaretrash, von denen ich mich angegriffen gefühlt habe: 0
Tweets von besorgten Männern, die mich empört und angewidert haben: 1000
#MenAreTrash ist einer der ekelhaftesten Hashtags den ich seit vielen Monaten hier auf Twitter gesehen habe. Es treffen Sexisten auf radikale Feministen, während sich der Rest fragt, wo zur Hölle die Vernunft geblieben ist. Weg mit dem Hashtag!
— Romy Linnenbrügger (@RLinnenbrugger) 16. August 2018
Wer auch immer für diesen Hashtag verantwortlich ist,wie verbittert muss man sein? #MenAreTrash Der Hashtag sollte eher lauten #IamTrash
— ✮ Sami ✮ (@Misssamisyd) 14. August 2018
An der Stelle muss mal gesagt werden, schön das es euch gibt liebe Männer☝🏼
Ich bin Feministin. Ich glaube, dass es problematisch ist, dass viele Männer sich ihrer Privilegien nicht bewusst sind. Ich finde toxische Männlichkeitsideale schlimm.
— Time Drop (@Time_Drop) 15. August 2018
Aber Hashtags wie #menaretrash? Das ist nicht konstruktiv, das ist bloß unreflektierter Hass.
#MenAreTrash
— Kätwiesel (@Kuewallda) 15. August 2018
Wie man auf so einen Menschen verachtenden Gedankenmüll kommt, ist mir schleierhaft.
Ich mag viele Männer und manche mag ich nicht. Genauso verhält es sich bei mir mit den Frauen.