Schon mal irgendwo hingereist, etwas gegessen und gedacht: «Wow, wieso bringt man so was bei uns nicht zustande?» Sicherlich. Jedes Land hat seine leckeren Spezialitäten, jedes Land seine kulinarischen Vorzüge. Als Beispiel hier die USA, die in so vielen anderen Belangen oftmals unausstehlich sein können ... in den folgenden 10 Punkten denke ich nach jeder Amerikareise: «Verdammt, das können sie einfach besser als wir!»
«And how would you like your eggs, sir?» ... womit gemeint ist, dass der Gast selbstredend entscheiden kann, ob er sunny side up, over easy, over well, scrambled, poached oder eine Omelette will. Dazu noch die Auswahl zwischen bacon oder sausages, hash browns oder home fries sowie white oder wholegrain toast oder English muffin oder a fruit bowl.
Als in Zürich in einem doch ziemlich edlen Traditionshaus meine Begleitung fragte, ob sie Vollkorn-Toast zum Lachs haben könnte, hiess es: «Ui ... weiss jetzt nicht, muss in der Küche nachfragen» (es ging nicht – obwohl im Brotkörbli auch Vollkorn-Brötchen dabei waren). Und meine Eggs Benedict waren kalt und wässrig und kosteten 23 Franken.
In den USA hat man mit einem durchschnittlichen Diner Breakfast billig, gut und vor allem so viel gegessen, dass man locker bis zum Znacht aushält. Und bei der Auswahl hat es für jeden Geschmack etwas dabei: Pancakes with maple syrup. Feta cheese omelette. Blueberry French toast. Waffles. Avocado toast, home made granola with fresh berries, huevos rancheros ... womit wir beim nächsten Thema wären:
Was den Briten ihr allgegenwärtiges Curry ist, ist den Amis ihr mexikanisches Essen: Einwanderer-Cuisine, die längst Herz und Gaumen der Nation erobert hat. Man isst huevos con chorizo zum Zmorge, bestellt micheladas zum Apéro und chile relleno zum Znacht, besäuft sich dann mit Tequila und spät nachts gibt's tacos de carne asado vom Taco Truck.
Und an alle Mahner, die meinen, so authentisch wie im echten Mexiko sei das Essen aber nicht, nur so viel: Geh' mal in das durchschnittliche Mexican Restaurant im US-Südwesten und schau' mal herum! Die Köche sind mexikanisch, das Servierpersonal ist mexikanisch, das Klientel ist mexikanisch, das Essen ist mexikanisch.
Deshalb: Schnauze, Trump, und vergiss deine Mauer! Die USA sind längst schon mexikanisch. Zumindest kulinarisch. Oder wie es ein Bauer im (republikanisch wählenden) Idaho sagte: «To me they're Americans like you and me – Americans with better food.»
Gleich geht's weiter mit den Dingen, die die Amis besser können als wir, vorher ein kurzer Werbe-Hinweis:
Und nun zurück zum Essen ...
(Okay, genug jetzt mit den Ausrufezeichen ...)
Oder Barbecue ganz allgemein – wobei man aus der riesigen und mannigfaltigen amerikanischen BBQ-Tradition sicherlich die regionalen Varianten Kansas City, Memphis, Carolina und Texas speziell erwähnen muss. Ribs sind sowohl Kansas-City-Style (langsam, im Smoker gegartes Fleisch, das mit einer Marinade aus Tomaten und Melasse glasiert wird) als auch Memphis Style (ein dry rub aus Salz und diversen Kräutern) vorzüglich.
Es fängt schon bei der Grundzutat an: Das durchschnittliche US-Chicken schmeckt nun mal feiner, gehaltvoller als das hiesige Pendant (und ja, glaubt mir, ich will gar nicht unbedingt wissen, wieso). Und dann muss schlicht konstatiert werden: Southern Fried Chicken ist die beste Art, Poulet zuzubereiten, EVER.
Siehe Punkt Nr. 2, «Mexiko». Auch für koreanisches Essen gilt: In den USA wird diese Einwanderer-Cuisine gefeiert und genossen wie sonst nirgends ausserhalb Koreas. Kombiniert man dazu noch koreanische und amerikanische BBQ-Traditionen, entsteht Unglaubliches.
Seht, das Konzept eines 24-Hour-Diners ist amerikanische Esskultur auf den Punkt gebracht: Der Kunde hat sich nicht nach den Öffnungszeiten des Anbieters zu richten, sondern umgekehrt. Die Bedienung ist prompt, freundlich – und zuweilen ordentlich witzig.
Und – am wichtigsten – die Menukarte ist ein Spiegel der Einwandererkultur der letzten 150 Jahre: Matzo ball soup, corned beef hash and eggs, lox and cream bagel, cheese quesadillas, cabbage borscht, grilled knockwurst and sauerkraut, eggplant parmigiano – die halbe Welt ist vertreten.
«As American as apple pie» lautet das Sprichwort. Nun, ob Apfelkuchen wirklich derart uramerikanisch ist, bleibt dahingestellt. Dass die amerikanische Version die beste aller darstellt, ist aber unbestritten.
Im Bild seht ihr eine Variante des Bloody Mary, wie ich sie in einem meiner Lieblingsbeizen mal bestellte. Die Garnitur besteht aus einer Selleriestange, einem gebratenen Speckstreifen, etwas Chilisalz am Gläserrand und EINEM VERDAMMTEN PULLED PORK BURGER!! Eigentlich wollte ich nur einen Drink. Ich bekam eine Mahlzeit. I love it.
Keine Frage, das amerikanischste aller amerikanischen Gerichte schmeckt nun mal fantastisch. Und zwar fast überall in den USA (gewisse Fastfood-Ketten mal ausgenommen). Klar, überall auf der Welt gibt es mittlerweile fabelhafte Gourmet-Burger, doch das Wissen, dass selbst die Minimalküche deiner Lieblings-Bar einen Hammer-Cheeseburger hinkriegt, ist unbezahlbar.
Und dann noch:
Wie bitte? Allzu kalte Getränke sind schlecht für den Magen? Und ein gutes Bier entfaltet seinen vollen Geschmack erst ab einer gewissen Temperatur?
Wisst ihr was?
Ist mir so. Was. Von. Egal.
Je kälter das Bier, umso erfrischender. Danke, USA!