Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Wer ihn im Kabinengang sieht, denkt an einen Materialwart, dem etwas Fitnesstraining guttäte. Gottérons Torhüter Barry Brust ist ein übergewichtiger Riese (188 cm/103 kg).
Auf dem Eis fällt sein unkonventioneller Stil auf. In den letzten 25 Jahren hat es in unserem Hockey keinen Goalie mit einer so unkonventionellen Spielweise gegeben. Gottéron-Lichtgestalt Jakob Lüdi (ein Leitwolf der 1980er Jahren) sagt, Barry Brust erinnere ihn an seinen damaligen Schlussmann Robert Meuwly. Biels Chronisten-Legende Eugen Künzle sagte nach Gottérons Gastspiel in Biel: «Er mahnt mich an Olivier Anken.»
Tatsächlich macht Barry Brust gelegentlich das «Schiff» wie einst der flinke Floh Olivier Anken (167 cm/72 Kilo). Was für einen Goalie mit seiner Postur allerdings so ungewöhnlich ist wie ein tanzender Elefant. Mit stoischer Ruhe ist er in kritischen Situationen durchaus einer wie einst der unerschütterliche Robert Meuwly, der Mann, von dem es hiess, wenn der Weltuntergang verkündet würde, dann nähme er erst einmal ein Bier. Andere nennen Barry Brust den «Christian Stucki des Eishockeys».
Hin und wieder bricht der Bär jedoch unverhofft aus seiner Höhle (seinem Torraum) aus wie einst Richi Bucher (Davos) oder Ron Hextall, einer der wildesten NHL-Goalies aller Zeiten (heute GM in Philadelphia). Mit dem Stock geht er virtuoser um als mancher Feldspieler.
Aber er stoppt die Pucks. Irgendwie. Aber er stoppt sie. Zwar bloss mit einer Abwehrquote von 79,31 Prozent beim 1:6 in Bern. Aber 96 Prozent waren es beim 6:1 gegen Servette und 93,94 Prozent beim 4:3 in Biel. Wie wir es auch drehen und wenden: er hat Gottéron bisher in drei Partien zu zwei Siegen gehext. Heute Abend wird erwartet, dass er gegen Ambri dichthält, und morgen Samstag bekommt er auswärts im Hallenstadion gegen die ZSC Lions die Chance, ein Held zu werden.
Barry Brust weiss um seine stilistische Nonkonformität. Ja, er zelebriert sie. «Ich habe recht spät, erst mit zwölf, mit Hockey begonnen und meinen eigenen Stil entwickelt.» Er habe viele Goalie-Coaches gehabt. «Aber sie haben es alle aufgegeben an meinem Stil zu arbeiten. Sie haben bald gesehen, dass ich die Pucks stoppe. Darauf kommt es ja an.» Und immerhin hat er es vor elf Jahren auch auf elf NHL-Einsätze gebracht. Bezeichnenderweise in Los Angeles bei Hollywood.
Der selbst für einen Nordamerikaner coole, unkomplizierte Kanadier legt Wert auf seine Individualität. «Ich mag kein Roboter sein.» Und meint damit die modernen Goalies, die alle mit den gleichen, eingeschulten, roboterhaften Bewegungsabläufen die Pucks zu stoppen versuchen.
Ist auch zu erwarten, dass er mal ausflippt? Er hat ja schon zwei Saisons mit über 100 Strafminuten in der Statistik. Zuletzt waren es in der letzten Spielzeit mit Zagreb in der KHL beeindruckende 106. Er versteht die Aufregung nicht. «Ach, das sagt wenig. Meistens kassierte ich nach Diskussionen mit den Schiris zehn Minuten. Die Russen verstehen halt kein Englisch.»
Ausgerechnet der auf Kontrolle und System fixierte Mark French muss sich auf einen völlig unberechenbaren Goalie verlassen. Wie wenn ein Architekt die Bauleitung nicht einem Ingenieur, sondern einem Surrealisten wie Salvador Dali überlassen müsste. Immerhin hat er bereits letzte Saison in Zagreb mit Barry Brust gearbeitet, seufzt ein hoher Gottéron-Würdenträger: «Ach, wenn das nur gutkommt».
Barry Brust – Clown, Nonkonformist, Held oder tragische Figur? Nur eines steht fest: Die Unterhaltung ist und bleibt vorzüglich. Und das ist ja im Hockey im Allgemeinen und bei Gottéron im Speziellen auch wichtig.