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Kampf gegen Grauhändler kostet Swatch Group 188 Millionen

ARCHIVBILD ZUM HALBJAHRESERGEBNIS 2019 DER SWATCH GROUP, AM MITTWOCH, 17. JULI 2019 ---- Nick Hayek, CEO Swatch Group, presents the packaging from the new Swatch Drive Thru Store, recently opened in B ...
Swatch-Chef Nick Hayek bei einer Veranstaltung im Mai 2019.Bild: KEYSTONE

Kampf gegen Grauhändler kostet Swatch Group 188 Millionen

17.07.2019, 15:0917.07.2019, 15:13
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Der Uhrenkonzern Swatch hat genug vom Grauhandel: Im ersten Semester hat der Konzern Lieferungen an entsprechende Händler gestoppt und dadurch eine Millioneneinbusse beim Umsatz hingenommen. Mit diesem Schritt folgt der Mutterkonzern von Omega, Longines und Tissot dem Vorbild seiner Konkurrenten.

Auf dem Graumarkt sind Uhren, die im offiziellen Handel viel Geld kosten, zu Schnäppchenpreisen zu haben. Für Luxusmarken ist das fatal: Sie leben von der Exklusivität.

Swatch ging nun im ersten Halbjahr besonders in Europa beziehungsweise Osteuropa sowie dem Nahen Osten und Südamerika «kompromisslos» gegen Graumarkthändler vor, wie der Konzern in seinem am Mittwoch veröffentlichten Halbjahresbericht schrieb. Das heisst: Der Konzern stoppte die Lieferungen an Händler, die die Uhren an den Graumarkt weitergaben.

Dreistelliger Millionenbetrag weg

Zur Nachrichtenagentur Bloomberg sagte Swatch-Chef Nick Hayek, die Versuchung für Händler sei gross, ihre Produkte nach China zu verkaufen, wo die Nachfrage stärker sei. Swatch sei dagegen bereits in der zweiten Jahreshälfte 2018 vorgegangen, aber noch nicht im selben Ausmass wie nun.

Kurzfristig hat dies Angaben von Swatch zufolge zwar einen Umsatzbeitrag in dreistelliger Millionenhöhe gekostet. Doch langfristig werde das zu positiven Effekten in den Hauptmärkten führen. Der Umsatz von Swatch ging von Januar bis Juni insgesamt um 188 Millionen oder 4.4 Prozent auf 4.08 Milliarden Franken zurück.

Zum Vergleich: In den ersten fünf Monaten haben die Schweizer Uhrenexporte um 4.1 Prozent zugelegt. Die Zahlen für Juni werden am (morgigen) Donnerstag veröffentlicht, ebenso wie die Quartalszahlen von Swatch-Konkurrent Richemont.

Rivalen setzten auf Rückkauf

Auch Richemont kennt das Problem des Grauhandels, es beschäftigt die ganze Uhrenindustrie seit einigen Jahren. Als es vor drei Jahren zu Bremsspuren im Geschäft in China kam, begann Richemont Uhren von den Händlern zurückzukaufen. Damit wollte die Gesellschaft verhindern, dass sie am Graumarkt zu deutlich tieferen Preisen verkauft werden.

Jean-Claude Biver, CEO TAG Heuer, pictured at the world watch and jewellery show Baselworld in Basel, Switzerland, on Wednesday, March 21, 2018. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Jean-Claude Biver, CEO von TAG Heuer an der Schmuck- und Uhrenmesse Baselworld 2018.Bild: KEYSTONE

2017 sagte auch der französische Luxusgüterkonzern LVMH dem Graumarkt den Kampf an. Dieser Markt sei ein regelrechtes Geschwür für das Luxussegment, sagte damals der Chef der LVMH-Uhrensparte, Jean-Claude Biver. Die LVMH-Luxusuhrenmarken Hublot, Zenith und TAG Heuer ermahnten Vertriebsfirmen in einem Brief. Um herauszufinden, von welchen Händlern die Uhren auf nicht offiziellen Online-Verkaufskanälen stammten, kauften sie die Uhren dort auf.

Einbussen in Hongkong

Unter Analysten wurde das Nachziehen von Swatch nun positiv aufgenommen. Für die UBS deutet das auf strategische Änderungen hin. Der Schritt sei schon lange erwartet worden, hiess es bei der Deutschen Bank. Für Fragezeichen sorgt allerdings noch, wie viel von den Umsatzeinbussen tatsächlich auf den Lieferstopp an Graumarkthändler entfällt.

Klar ist: 29 Millionen des Rückgangs gehen auf das Konto von Wechselkurseinflüssen. Dazu kommt ein Umsatzeinbruch im wichtigen Markt Hongkong: Seit Wochen kommt es dort zu grossen Protesten, die schon Millionen Menschen auf die Strasse gebracht haben. Auslöser war ein Gesetz, das Auslieferungen von Menschen nach China ermöglichen sollte. Die Unruhen drückten bei Swatch die Verkäufe im zweistelligen Prozentbereich.

Andere wichtige Märkte wie Festlandchina, Japan oder USA seien dagegen gewachsen, hiess es bei Swatch. Auch online und in den eigenen Läden habe der Konzern zugelegt.

Zuversichtlich für Gesamtjahr

Bei der Profitabilität hielt sich das Unternehmen besser als von der Finanzgemeinde befürchtet. Der Betriebsgewinn (EBIT) sank zwar um 13 Prozent auf 547 Millionen Franken und die Marge um 1.3 Prozentpunkte auf 13.4 Prozent. Unter dem Strich lag der Reingewinn bei 415 Millionen nach 468 Millionen im Jahr davor (-11 Prozent). Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Analysten hatten jedoch mit einem stärkeren Gewinnrückgang gerechnet.

Die Swatch Group verzeichnet einen Rückgang im Betriebsgewinn um CHF 82 Millionen.
Die Swatch Group verzeichnet einen Rückgang im Betriebsgewinn um CHF 82 Millionen. bild: finanz&wirtschaft

Optimistisch zeigt sich Swatch für die zweite Jahreshälfte: Der Konzern rechnet wegen der «anhaltend guten Nachfrage in den wichtigsten Märkten» und wegen schwächeren Vergleichszahlen nach einem schlechten vierten Quartal 2018 mit einem «starken Wachstum». Für das Gesamtjahr stellt Swatch ein positives Umsatzwachstum im Vergleich zum Vorjahr in Aussicht.

An der Börse wurden die Nachrichten gut aufgenommen: Die Swatch-Inhaberpapiere gewinnen bis am Mittag 5.5 Prozent auf 305.30 Franken, während der Leitindex SMI um 0.94 Prozent zulegt. (mim/sda/awp)

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