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Rettungsschiff «Aquarius»: So geht die Seenotrettung weiter

epa06947858 A handout photo made available by SOS Mediterranee on 13 August 2018 shows migrants being rescued by the NGO's rescue ship 'Aquarius' in the Mediterranean, 10 August 2018. T ...
Im Bild: Am 10. August rettete die «Aquarius» 141 Menschen. Bild: EPA/SOS MEDITERRANEE

Was die Schweiz mit dem Aus der «Aquarius» zu tun hat – und wie es jetzt weitergeht

07.12.2018, 09:1807.12.2018, 10:07
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Das Rettungsschiff «Aquarius» hat im Verlauf der letzten Jahre etwa 30'000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Nun haben die beiden Betreiber SOS Méditerranée und Médecins sans Frontières (MSF) beschlossen, den Betrieb des Schiffes einzustellen.

Der Grund dafür sei «eine Reihe von gezielten politischen Angriffen auf die lebensrettende Arbeit der Hilfsorganisation». Wie geht's nun weiter mit der Seenotrettung? Die wichtigsten Punkte in der Übersicht.

Was hat die «Aquarius» gemacht?

Das frühere Vermessungsschiff wurde 2016 von SOS Méditerranée für Seenotrettungen gechartert. Grund dafür war die Flüchtlingskrise. Gemeinsam mit MSF rettete das Schiff seither etwa 30'000 Menschen. 23 Helfer der beiden Organisationen waren auf dem Schiff stationiert und bargen Flüchtlinge, die in Seenot geraten waren.

BILDPAKET -- ZUM JAHRESRUECKBLICK 2018 APRIL, STELLEN WIR IHNEN HEUTE FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG -- epa06683385 Members of the NGO 'SOS Mediterranee' from the 'Aquarius' ...
Ein Mitglied der NGO SOS Méditerranée im Einsatz, 50 Kilometer vor der libyschen Küste, 21. April 2018.Bild: EPA

Wieso wird der Betrieb eingestellt?

Die «Aquarius» hatte zuletzt mit einigen Problemen zu kämpfen. Unter anderem wurde dem Schiff zwei Mal die Flagge entzogen. Zuletzt warf die italienische Regierung den Betreibern vor, den Müll an Bord nicht richtig zu trennen, und drohte mit der Konfiszierung des Schiffs. MSF bestritt im November dieses Jahres vehement die Vorwürfe:

«Bei allen Aktivitäten im Hafen, inklusive der Beseitigung des Mülls der Rettungsschiffe, hat MSF stets die Standardverfahren eingehalten. Die zuständigen Behörden haben diese Verfahren seit Aufnahme der Such- und Rettungsaktivitäten von MSF im Jahr 2015 nicht in Frage gestellt, geschweige denn eine Gefährdung der öffentlichen Gesundheit festgestellt.»

Aufgrund dieser Probleme sass die «Aquarius» die letzten Monate im Hafen von Marseille fest. Wie es scheint, fanden die beiden Hilfsorganisationen keine Länder, die bereit waren, dem Schiff eine Zulassung auszustellen. MSF und SOS entschieden nun, den Chartervertrag mit der «Aquarius» zu beenden.

People gather to support the Aquarius ship that rescues migrants operated by the humanitarian group SOS Mediterranee, in the Old-Port of Marseille, southern France, Saturday, Oct. 6, 2018. The Aquariu ...
Unterstützer der «Aquarius» versammeln sich am 8. Oktober 2018 im Hafen von Marseille.Bild: AP/AP

Was hat die Schweiz damit zu tun?

Nationalräte der Grünen, SP, FDP und CVP haben den Bundesrat angefragt, ob die Aquarius unter Schweizer Flagge segeln könne. Am Montag teilte der Bundesrat mit, dass dies nicht passieren werde. Er halte es nicht für sinnvoll, die «Aquarius» unter Schweizer Flagge fahren zu lassen. 

Er sei der Ansicht, dass die Seenotrettung im Mittelmeer nach einem koordinierten und langfristig ausgerichteten Ansatz verlangt. Das heisst auf Regierungsebene, und nicht durch zivile Akteure.

Wie geht's jetzt weiter?

SOS Méditerranée hat bereits angekündigt, dass dies nicht das Ende ihrer Seenotrettungen sei. Man plane bereits nächste Aktionen. Die Nichtregierungsorganisation hat für heute eine Pressekonferenz angekündigt, um das weitere Vorgehen zu erläutern.

«Dass wir jetzt dazu gezwungen sind, den Betrieb der ‹Aquarius› einzustellen, während europäische Mitgliedsstaaten ihrer Verantwortung, Menschen im Mittelmeer zu retten, nicht gerecht werden, ist ein Armutszeugnis für Europa.»
SOS Méditerranée

Gibt's jetzt keine Seenotrettung für Flüchtlinge mehr?

Die «Aquarius» war nicht das einzige Flüchtlingsschiff. Diverse andere Organisationen betreiben Rettungsschiffe. So startete Ende November mit der «Professor Albrecht Penck» von Sea-Eye das erste deutsche zivile Seenotrettungsschiff mit deutscher Zulassung. Auch die NGO Mission Lifeline betreibt mehrere Segelyachten.

Auf das Mittelmeer zurückgekehrt sind zudem die «Sea-Watch 3» und die «Open Arms». Beide wurden im Sommer von der maltesischen beziehungsweise spanischen Regierung festgesetzt. Dies aufgrund Zweifel an der Rechtmässigkeit und Verdachts auf Beihilfe zu illegaler Migration. Die gegen die beiden Schiffe erhobenen Vorwürfe erwiesen sich nach Prüfung der Vorwürfe jedoch als unbegründet. (jaw)

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9 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nonne
07.12.2018 11:39registriert September 2018
Warum gibt es keine NGO's, die Flüchtlinge retten, ihnen die fehlende Ausbildung bezahlen und für die Unterhaltskosten aufkommen, bis sie sich selber versorgen können? Einfach nur Menschen einsammeln und sie an der nächsten Grenze ihrem Schicksal zu überlassen und sich möglichst schnell zu verziehen mag ein paar Idealisten das Gefühl zu geben, etwas sinnvolles im Leben zu machen, ist es aber nicht.
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Muselbert Qrate
07.12.2018 09:59registriert September 2018
Die Verantwortlichen der «Aquarius» sollte vernünftig sein und den Betrieb einstellen. Sie sorgen damit dafür, dass die Flüchtlinge die Reise gar nicht antreten weil kein Taxi mehr im offenen Meer wartet. So kann viel Leid verhindert werden.
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