Die Schweizer Kantonspolizeien sind im letzten Jahrhundert stecken geblieben: Ihnen fehlt eine zentrale Datenbank über Verbrechen. «Wenn heute ein Terrorist gesucht wird, muss in 26 Kantonen nachgefragt werden, was über diese Person bekannt ist», sagt Roger Schneeberger gegenüber der NZZ. Er ist Generalsekretär der Konferenz der kantonalen Polizeidirektoren (KKJPD).
Zwar gibt es das automatisierte Polizei-Fahndungssystem Ripol. Dieses schlägt aber nur an, wenn eine Person bereits zur Fahndung ausgeschrieben worden ist.
Besonders auffällig wird der Mangel einer zentralen Datenbank bei der Aufklärung von Taten, die in mehreren Kantonen begangen worden sind. Professionelle Einbrecherbanden können so etwa mehrere Taten gezielt hintereinander und in verschiedenen Kantonen verüben.
Die Polizeien können mit ihrer Ermittlungsarbeit nicht mithalten. Denn: Kontrolliert ein Polizeikorps des Kantons A einen Verbrecher, erfahren die Beamten meist nichts davon, wenn ihre Kollegen in Kanton B gegen genau diesen Kontrollierten ermitteln.
Ein anderes Beispiel liefert der Terroranschlag auf den Strassburger Weihnachtsmarkt vom 11. Dezember 2018. Chérif C. tötete dabei fünf Menschen. Er war in der Schweiz seit Jahren als notorischer Kleinkrimineller und Serientäter bekannt.
In den Monaten vor dem Terroranschlag brach er in der Nordwestschweiz mehrfach ein. Der Informationsaustausch haperte aber. So hatten beispielsweise die Polizisten aus Basel-Landschaft keinen direkten Zugang zu den neuesten Entwicklungen der Ermittlungen aus dem Nachbarkanton.
«Wir erfuhren per Zufall davon, dass gegen den Attentäter auch in Basel-Stadt etwas vorlag», sagte Mark Burkhard, Kommandant der Polizei Basel-Landschaft im Frühjahr zur «BZ Basel». «Wir haben die Daten dann per E-Mail erhalten und von Hand ins System eingetragen. Das ist unbefriedigend im Jahr 2019.»
Vor allem der Kantönligeist. Bereits vor acht Jahren war der Mangel einer zentralen Datenbank Thema der Polizeidirektorenkonferenz. Man wollte eigentlich eine Lösung dafür finden, bei der Umsetzung war man sich aber nicht einig. Denn: Die Kantone befürchteten einen Autonomieverlust, schreibt die NZZ.
Zudem fehlt laut «BZ Basel» die gesetzliche Grundlage für eine nationale Datenbank. Die Kantone sind für die Kriminalitätsbekämpfung innerhalb ihrer Grenzen zuständig. Interkantonale Projekte müssen die jeweiligen Kantonsparlamente separat genehmigen.
Die sechs Kantone der Romandie haben schon länger zusammengespannt und eine gemeinsame Kriminalanalyse-Datenbank namens Picar aufgebaut. In Picar werden DNA-Spuren, Fingerabdrücke und Fotos von Tatorten gesammelt.
Nun zieht auch die Nordwestschweiz nach: Die Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern und Solothurn haben sich zum Nordwestschweizer Polizeikonkordat zusammengetan. Sie wollen ebenfalls einen gegenseitigen Datenaustausch. Die Vereinbarung wird nun den Kantonsparlamenten vorgelegt.
«Damit verfügen die beteiligten Kantone voraussichtlich schon im nächsten Jahr über die gesetzliche Grundlage, um zumindest im Bereich der seriellen Kriminalität Daten austauschen zu können», sagt der baselstädtische Polizeidirektor Baschi Dürr zur NZZ. Er präsidiert das Nordwestschweizer Konkordat.
Dass das Fehlen einer nationalen Datenbank ein Problem darstellt, hat man auch in Bern begriffen: In der Sommersession beauftragte der Nationalrat den Bundesrat, eine zentrale nationale Polizeidatenbank oder eine Vernetzungsplattform für die bestehenden kantonalen Polizeidatenbanken zu schaffen. Der Nationalrat hatte im Juni stillschweigend eine Motion von Corina Eichenberger (FDP/AG) angenommen.
Diese geht nun an den Ständerat. Der Bundesrat hat sich dafür ausgesprochen. Derzeit werde mit den Kantonen eine Vorstudie für eine nationale polizeiliche Abfrageplattform erarbeitet, schrieb er in seiner Stellungnahme zum Vorstoss. Je nach Ausgestaltung brauche es Gesetzesänderungen. Eine zentrale Datenerfassung und -bearbeitung stehe aber nicht zur Diskussion. (jaw)
Zudem
Die Polizei ist selbst auch noch unterschiedlich gut ausgerüstet. Mein Kollege der bei der Kapo ZH arbeitet hat um einiges mehr an "Equipment und digitale services" als jetzt z.b. ein weiterer Kollege in St. Gallen.
Auch die Methodiken unterscheiden sich teils imens.