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Die Schutzklausel ist eine Totgeburt: Ein Kommentar mit Gifs

Simonetta Sommaruga und Johann Schneider-Ammann präsentieren Plan B.
Simonetta Sommaruga und Johann Schneider-Ammann präsentieren Plan B.
Bild: KEYSTONE
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Warum die Schutzklausel eine Totgeburt ist – erklärt in 8 Gifs

Der Bundesrat liefert in der Europapolitik, was zu erwarten war: eine verfassungswidrige Unterzeichnung des Kroatien-Protokolls und eine einseitige Schutzklausel, an die er selber nicht glaubt. Ein ganz und gar ernst gemeinter Kommentar.
04.03.2016, 17:0907.03.2016, 08:31
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Die Schweiz will das Abkommen zur Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union (EU) auf Kroatien ausweiten. Staatssekretär Mario Gattiker unterzeichnete das entsprechende Protokoll in Brüssel, ganz diskret in einem Hinterzimmer. Schliesslich begeht die Landesregierung mit der Unterschrift einen Verfassungsbruch. Die Kroaten immerhin sind sichtlich erfreut.

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Nach dem Ja zur Volksinitiative «gegen Masseneinwanderung» am 9. Februar 2014 durfte der Bundesrat eigentlich keine neuen völkerrechtlichen Verträge in diesem Bereich mehr unterzeichnen. Er legte deshalb das ausgehandelte Kroatien-Protokoll auf Eis. Nun aber eilt es, denn ohne Ausweitung auf das neue EU-Mitgliedsland wird die Schweiz Ende Jahr aus dem EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 rausgeworfen.

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Deshalb soll das Protokoll nun entgegen dem Verfassungsauftrag im Eiltempo durchs Parlament gepeitscht werden, damit eine allfällige Volksabstimmung vor Jahresende stattfinden kann. Aber wird es überhaupt ein Referendum geben? Die SVP winkt ab, Parteichef Toni Brunner bezeichnet die Kroatien-Frage als «Nebenkriegsschauplatz». Der alte und neue Chefstratege Christoph Blocher kündigt an, in dieser Sache einen Leserbrief schreiben zu wollen.

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Es gebe «einen politischen Willen für eine einvernehmliche Lösung mit der EU», verteidigte Justizministerin Simonetta Sommaruga die Unterzeichnung des Protokolls vor den Medien. Das Wort «einvernehmlich» fiel an der Medienkonferenz gefühlte 187 Mal. Man kann es Sommaruga nicht verdenken, dass sie das Problem endlich vom Tisch haben will. Und sei es nur, dass sie den Annäherungsversuchen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker entkommen kann.

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Nur ist das Einvernehmen mit Brüssel derzeit gestört. Die EU wird der Schweiz bis zur «Brexit»-Abstimmung in Grossbritannien am 23. Juni keinen Millimeter entgegen kommen. Solange unklar ist, ob sich die Teetrinker auf ihrer verregneten Insel vom Kontinent abkoppeln, wird es für die Schweiz keine Lösung bei der Zuwanderung geben.

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Der Bundesrat hat deshalb seinen «Plan B» aus dem Hut gezaubert, die einseitige Schutzklausel. Sommaruga und Bundespräsident Johann Schneider-Ammann (auch genannt Leider-en-Panne) sprachen ausdrücklich von einem «Zwischenschritt». Er dürfte auf den Irrweg führen, denn Brüssel wird keine einseitige «Lösung» akzeptieren. Das weiss auch Schneider-Ammann.

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Die EU dürfte die Schweizer dennoch vorerst gewähren lassen. Denn neben dem verworrenen Zuwanderungs-Knäuel gibt es weitere ungelöste Probleme, allen voran das von der EU geforderte Rahmenabkommen mit dem Streitpunkt «fremde Richter». Wer da noch den Durchblick hat, soll sich bitte melden.

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Die einseitige Schutzklausel ist für den Bundesrat nur ein Mittel, um das Gesicht zu wahren und so zu tun, als wolle er die dreijährige Frist zur Umsetzung des Zuwanderungsartikels einhalten. Insgeheim aber dürfte unsere Regierung darauf hoffen, dass sie im Parlament einen raschen Tod stirbt, am besten schon in der vorberatenden Kommission. Nicht wahr, Frau Leuthard?

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Eine Lösung des Dilemmas, das sich das Schweizer Stimmvolk vor zwei Jahren eingebrockt hat, bleibt eine «Quadratur des Kreises», so Schneider-Ammann. Sommaruga gab offen zu, sie wisse nicht, «ob wir etwas in der Hand haben werden». Wir aber wissen ganz genau, wie der Bundesrat die Masseneinwanderungs-Initiative umsetzen will:

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Mit einer Schutzklausel gegen Zuwanderung – wie beurteilst du die Lösung des Bundesrats?

Die Einwanderungs-Initiative

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Chronologie Einwanderungs-Initiative
9. Februar 2014: Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» der SVP wird an der Urne von 50,3 Prozent der Stimmenden angenommen. SVP-Nationalrat Albert Rösti zeigt sich erfreut. Die EU-Kommission reagiert postwendend: Das Votum verletze das Prinzip des freien Personenverkehrs.
quelle: keystone / marcel bieri
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53 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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7immi
04.03.2016 19:09registriert April 2014
der bundesrat hat momentan einen schwierigen job. egal was sie entscheiden, es ist richtig und falsch. je nach betrachtungsweise. schlussendlich muss ein entscheid gefällt werden. die auswirkungen davon wird man dann sehen. schlussendlich muss er für die schweiz stimmen. was die eu will ist sekundär. schliesslich wärs umgekehrt nicht anders...
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Ares
04.03.2016 18:33registriert Februar 2016
Klingt ein Bisschen nach: Wir haben keine Chance, aber wir nutzen sie.
Aber was will man machen, wenn man mit einer praktisch unlösbaren Aufgabe betraut ist. Es ist vielleicht nicht weise, aber wenigstens muss sich der Bundesrat nicht anhören er habe gar nichts gemacht.
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scriptCH
04.03.2016 17:15registriert März 2015
sehe ich das richtig das die sogenannte abstimmung für die katz war??
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