Corona hat die Schweizer Eishockey-Meisterschaft mit Teams in der Quarantäne und vielen Spielverschiebungen weiterhin im Griff. So wurden gestern zwei Partien von Servette in dieser Woche verschoben, weil die Quarantäne der Genfer verlängert wurde.
Ein anderes Thema wird jedoch noch intensiver diskutiert, seit Monaten schon: Die angedachte neue Ausländerregelung. Da geht es nicht darum, irgendwie die schwierige Gegenwart zu überleben. Sondern darum, die Zukunft des Schweizer Eishockeys zu gestalten. Mit Roman Josi äussert sich in dieser Debatte nun eine der prominentesten Stimmen dieser Sportart hierzulande. Der Berner ist Captain der Nashville Predators und war in der vergangenen Saison zum besten Verteidiger der NHL ausgezeichnet worden. Dazu ist Josi seit einem knappen Jahr auch Mitbesitzer des SCB, er lässt sich im Verwaltungsrat durch Vater Peter vertreten.
Gegenüber der Schweizer Spielergewerkschaft SIHPU kritisiert Josi die Pläne, dass National-League-Klubs künftig mit bis zu zehn ausländischen Spielern antreten können. «Diese Idee ist gar nicht gut. Je mehr Schweizer Spieler wir in jungem Alter fördern und je mehr Spielern wir diese Chance geben können, in der National League spielen zu können, desto besser ist es für das Schweizer Eishockey, desto besser für die Nationalmannschaft», so Josi.
Er ist der beste Hockey-Verteidiger der Welt, und er hat eine klare Meinung, was die mögliche Erhöhung der Importspieler im Schweizer Eishockey anbelangt! 🇨🇭
— MySportsCH (@MySports_CH) January 25, 2021
Hier gibt es das Interview der #SwissIceHockeyPlayerUnion mit #RomanJosi - sehenswert! @SwissIceHockey @scbern_news pic.twitter.com/vgQFfrQAzu
Der 30-Jährige erinnert sich an seinen eigenen Werdegang. Als Toptalent durfte er beim SC Bern schon früh mit den «Grossen» mitspielen. «Für mich war es damals optimal, dass ich mit 16 Jahren schon in der ersten Mannschaft mitspielen konnte», betont Josi. Die Einsätze waren ein wichtiges Puzzlestück auf dem Weg zur Weltkarriere, während der er unter anderem zwei Mal WM-Silber gewann und 2013 zum wertvollsten Spieler der Weltmeisterschaft ausgezeichnet wurde.
Rasch habe er schon in jungen Jahren eine sehr wichtige Rolle übernehmen können, habe viel Eiszeit erhalten, sei oft im Powerplay eingesetzt worden, schildert Josi. «Wenn es damals schon zehn Ausländer im Team gegeben hätte, wäre das wahrscheinlich nicht möglich gewesen. Ich hätte mich nicht so schnell entwickeln können und all diese Erfahrungen in wichtigen Situationen gemacht.»
Seine Erinnerungen führen bei Roman Josi zum Schluss, dass die Nachwuchsförderung für das Schweizer Eishockey «extrem wichtig» ist. «Wenn du früh eine wichtige Rolle in einem National-League-Team hast und Erfahrungen machen kannst, ist das optimal. Wenn du gegen ältere Spieler spielen kannst, ist das für einen Spieler das Wichtigste.» Er sei davon überzeugt, dass die Schweiz auch künftig grosse Erfolge werde feiern könne, wenn der Nachwuchs gut gefördert werde.
Gleicher Meinung wie Josi ist mit Gaëtan Haas ein anderer Schweizer NHL-Spieler. Der Stürmer der Edmonton Oilers sagt, er glaube nicht, dass seine Karriere gleich verlaufen wäre, wenn schon zu seiner Zeit mehr Ausländer in der National League erlaut gewesen wären. «Die jungen Spieler brauchen Eiszeit», so Haas. «Wenn wir die Ausländeranzahl erhöhen, wird es viel mehr Spieler auf dem Markt haben und die jungen Schweizer werden es schwer haben, mehr zu spielen.»
Der beim EHC Biel ausgebildete Haas wechselte wie Josi vom SC Bern nach Nordamerika. Dessen Geschäftsführer Marc Lüthi gilt als eine der federführenden Kräfte beim Vorhaben, die Anzahl der ausländischen Spieler in der National League von vier auf zehn zu erhöhen. Die Initianten erhoffen sich durch eine Öffnung des Marktes tiefere Lohnkosten, teure Schweizer «Mitläufer» in den hinteren Blöcken sollen durch günstigere Söldner ersetzt werden.
Die Pläne stossen besonders in Fan-Kreisen auf breite Ablehnung. Von den Klubs stellen sich nur die ZSC Lions offen gegen die geplante Reform. Die Gefahr bestehe, so CEO Peter Zahner zu watson, dass die angestrebte Kostensenkung nicht erreicht werde, «weil die Klubs am Ende trotzdem wieder das Gefühl haben, dass auch der fünfte, sechste oder siebte Ausländer ein Top-Spieler sein müsse.»
Anderer Meinung ist etwa Markus Bütler, der Geschäftsführer der SC Rapperswil-Jona Lakers. Er bekomme von Trainern oft zu hören, dass es im Nachwuchsbereich an Konkurrenzkampf fehle, sagte er zum Portal «March 24». Bütlers Haltung: «Ich bin der Meinung, ein guter Schweizer Nachwuchsspieler wird sich auch künftig durchsetzen.»
Wie schwierig dies jedoch ist, zeigte unlängst eine Auswertung von «Tamedia»: Junge Spieler werden in der National League kaum eingesetzt. Nur drei Akteure im Junioren-Alter kommen auf regelmässige Einsätze: Rocco Pezzullo (Ambri-Piotta), Simon Knak (Davos) und Patrick Petrini (SCL Tigers). Und dies trotz Beteuerungen fast aller Entscheidungsträger, auf den Nachwuchs zu setzen, und obwohl es in dieser Corona-Saison keinen Absteiger gibt und keine Zuschauer, die wegen ausbleibendem Erfolg nicht ins Stadion kommen, weil sowieso niemand kommen darf. Fraglich, ob sich an diesem Umstand viel zum Guten ändert, sollten künftig doppelt so viele Plätze im Kader von ausländischen Spielern eingenommen werden.