Teurer Enkeltrick des ÖV für Grosseltern

Teurer Enkeltrick des ÖV für Grosseltern

03.04.2018, 16:20

Grosseltern, die mit Enkeln im öffentlichen Verkehr unterwegs sind, müssen für die neuen Kinder-Mitfahrkarten tiefer in die Tasche greifen als für die bisherigen Enkel-Karten. Von den neuen Karten wird fast das Dreifache verkauft.

«Diese versteckte Preiserhöhung haben wir nicht bemerkt», sagte Sara Stalder, Direktorin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Das zeige auch, wie «geschickt» dies von den SBB eingefädelt, respektive vertuscht wurde.

Die Kinder-Mitfahrkarte, die letztes Jahr die Enkel-Karte ersetzte, wurde von Kunden des öffentlichen Verkehrs zuerst positiv aufgenommen. Schliesslich sollte sie ermöglichen, dass nicht nur Grosseltern für Kinder zwischen 6 und 16 Jahren eine Jahreskarte für Bus und Zug kaufen können.

Auch Nannys, Göttis und Tanten können neu eine Kinder-Mitfahrkarte für 30 Franken pro Jahr beziehen. Jeannine Pilloud, Präsidentin Direkter Verkehr bei den SBB, preist Kindern die neue Mitfahrkarte an: «Du kannst damit weiterhin mit deiner Grossmutter, deinem Grossvater oder nun auch mit einer anderen Begleitperson deiner Wahl mit dem Öffentlichen Verkehr durch die Schweiz fahren.»

Kinder-Karte nicht mehr übertragbar

Doch viele Grosseltern merkten erst nach Ablauf der Enkel-Karten, dass sie nach dem neuen System pro Kind jährlich bis zu 30 Franken mehr zahlen. Die Krux ist, dass die Mitfahrkarten nur für ein Kind und eine bestimmte Begleitperson gelten.

Das heisst, ein Grosselternpaar muss zwei Kinder-Mitfahrkarten kaufen für einen Enkel, anstatt dass ein Enkel eine einzige Enkel-Karte dabei hat.

Der Aufschlag missfiel auch dem Preisüberwacher. Deshalb hat er mit den SBB ausgehandelt, dass dieses Jahr jedes Kind einen 30-Franken-Gutschein erhält, für welches eine Grosselternkarte im System vermerkt ist, wie Rudolf Lanz, Sprecher des Preisüberwachers, auf Anfrage sagte.

Dass in konkreten Fällen, die der SDA vorliegen, SBB-Gutscheine mehr als einen Monat nach Ablauf der alten Karte eintrafen - als schon neue Mitfahrkarten gekauft werden mussten, kommentiert Lanz nicht. Die Gutscheine sind ein Jahr gültig.

60'000 Enkel-Karten pro Jahr

Die SBB wollen keine Fragen beantworten und verweisen auf den von ihnen dominierten Branchenverband des öffentlichen Verkehrs ch-direct. Laut ch-direct sind die Kinder-Mitfahrkarten ein grosser Erfolg. Wurden bisher jährlich 60'000 Enkel-Karten verkauft, sind es bei den Kinder-Mitfahrtkarten fast drei Mal soviel, wie ch-direct-Sprecherin Sabine Krähenbühl auf Anfrage sagte.

Sie sagte weiter, die Enkel-Karte habe bis Ende 2010 60 Franken gekostet. Die Kinder-Mitfahrkarte entspreche einem grossen Bedürfnis.

Für das laufende Jahr haben die SBB den Kunden Preissenkungen in der Höhe von 50 Millionen Franken versprochen. Konsumentenschützerin Stalder sagte, anstelle intransparenter Massnahmen wie Spartickets, deren Umsetzung niemand wirklich überprüfen könne, sollten die SBB bei konkreten Angeboten Einsparungen machen etwa bei Abos oder eben Kinder-Mitfahrkarten.

Erstmals bekannt machte die damalige Chefin von SBB-Personenverkehr und Präsidentin von ch-direct Pilloud den Ersatz der Enkel-Karte durch die Kinder-Mitfahrkarte im September 2016. Allerdings war von einem Jahrespreis von 15 Franken und nicht von 30 Franken die Rede. (sda)

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